Gauonarion
Gauonarion (auch Gravionarion; altgriechisch Γαυονάριον oder Γραυιονάριον; lateinisch Gauonarium oder Gravionarium) ist ein Ortsname, der in der Geographia des Claudius Ptolemaios (2, 11, 14)[1] als einer der im Innern Germaniens nördlich liegenden Orte (πόλεις) mit 30° 00' Länge (ptolemäische Längengrade) und 50° 00' Breite angegeben wird. Gauonarion liegt damit nach Ptolemaios nahe den antiken Orten Melokabos und Lokoriton in der Germania magna. Wegen des Alters der Quelle kann ein Alter der Siedlung um ± 150 nach Christus angenommen werden.[2]
Lokalisation
BearbeitenBisher konnte der antike Ort nicht sicher lokalisiert werden. In den Jahren 2006 bis 2009 unternahm eine Forschungsgruppe der Technischen Universität Berlin unter Leitung von Dieter Lelgemann den wissenschaftlichen Versuch, die antiken Koordinaten für 94 antike Orte in der Germania magna (das Germanien jenseits des Limes) in das heute gültige Koordinatensystem zu transformieren. Dieses Forschungsteam lokalisiert zurzeit Gauonarion auf dem Gebiet bei Schlüchtern an der Kinzig in Hessen.[3] Das Ergebnis bestätigt die „Gleichsetzung“ von Schlüchtern mit Gauonarion durch Theodor Steche 1937.[4] Zu berücksichtigen ist dabei eine Ungenauigkeit der transformierten Koordinaten von bis zu 15 Kilometern. Da die transformierten Koordinaten ihren Mittelpunkt bei Neuhof-Hattenhof haben, liegt Schlüchtern allerdings nur am Rand des 15-Kilometer-Kreises.
Etymologie
BearbeitenSowohl Gavi- als auch Gravi- kann eher aus dem Keltischen als aus dem Germanischen hergeleitet werden. Das Schriftbild αυ kann für au, aw oder ab stehen.[2]
Anmerkungen
Bearbeiten- ↑ Book II, Chapter 10: Greater Germany (Fourth Map of Europe). penelope.uchicago.edu, abgerufen am 16. April 2019 (englisch).
- ↑ a b Vgl. Hermann Reichert: Gauonarion. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 10, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1998, ISBN 3-11-015102-2, S. 483 f. (kostenpflichtig über GAO, De Gruyter Online)
- ↑ Vgl. Andreas Kleineberg, Christian Marx, Eberhard Knobloch, Dieter Lelgemann: Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios´ „Atlas der Oikumene“. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-24525-3, S. 53.
- ↑ Theodor Steche: Alt-Germanien im Erdkunde-Buch des Claudius Ptolemäus, 1937, S. 161.
Literatur
Bearbeiten- Hermann Reichert: Gauonarion. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 10, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1998, ISBN 3-11-015102-2, S. 483 f. (kostenpflichtig über GAO, De Gruyter Online)
- Hermann Reichert: Ptolemaeus. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 23, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-017535-5, S. 567–597. (kostenpflichtig über GAO, De Gruyter Online)
- Alfred Stückelberger, Gerd Graßhoff (Hrsg.): Ptolemaios, Handbuch der Geographie (Griechisch-Deutsch). Schwabe Verlag, Basel 2006, ISBN 3-7965-2148-7 (Werk in 2 Halbbänden, mit CD-ROM).
- Corinna Scheungraber, Friedrich E. Grünzweig: Die altgermanischen Toponyme sowie ungermanische Toponyme Germaniens. Ein Handbuch zu ihrer Etymologie unter Benutzung einer Bibliographie von Robert Nedoma. Herausgegeben von Hermann Reichert (= Philologica Germanica 34). Fassbaender, Wien 2014, ISBN 978-3-902575-62-3, S. 172–174.
Weblinks
Bearbeiten- Edition der Geographike Hyphegesis mit Übersetzung und Karte der Germania magna, abgerufen am 17. Juni 2015
- Google Earth in der Antike. In: Der Spiegel. 39/2010, abgerufen am 17. Juni 2015