Grauwinkl

Ortsteil von Hilpoltstein

Grauwinkl ist ein Gemeindeteil der Stadt Hilpoltstein im Landkreis Roth (Mittelfranken, Bayern).[1] Grauwinkl liegt in der Gemarkung Solar.[2]

Grauwinkl
Koordinaten: 49° 11′ N, 11° 14′ OKoordinaten: 49° 10′ 58″ N, 11° 13′ 53″ O
Höhe: 430 (424–437) m ü. NHN
Einwohner: 110 (25. Mai 1987)
Postleitzahl: 91161
Vorwahl: 09174
Karte
Grauwinkl

Das Dorf liegt circa drei Kilometer ostsüdöstlich des Stadtkerns von Hilpoltstein an der Grenze zwischen dem Mittelfränkischen Becken und dem Vorland der Mittleren Frankenalb.[3] Grauwinkl liegt an einer Gemeindeverbindungsstraße, die westlich des Ortes von der Staatsstraße 2238 abzweigt und nach Unterquerung der ICE-Strecke München–Nürnberg und der Autobahn A 9 nach Pierheim führt. Circa einen Kilometer nördlich von Grauwinkl verläuft der Main-Donau-Kanal mit der dortigen Schleuse Hilpoltstein.[4]

Die Ortsflur ist circa 220 Hektar groß.[5]

Ortsnamensdeutung

Bearbeiten

Karl Kugler deutet den Ortsnamen als „Krähenwinkel“ von „kra“ = Krähe und „winkel“ = von Wald oder Bergen umgebene Gegend.[6]

Geschichte

Bearbeiten

Am 19. November 1311 bezeugt „Rudiger der Probst von Chrebinchel“ (= Grauwinkl)[7] eine Schenkungsurkunde für das Zisterzienserinnenkloster Seligenporten.[8] Der Ort gehörte zur Herrschaft Stein. Später war die Grundherrschaft zersplittert. So ist 1409 ein Hof von „Crewinkel“ im Besitz Elisabeth-Hospitals der Deutschordenskommende Nürnberg.[9] 1451 ist in einer Urkunde von einem Ulrich Kärling zu „Kräwinkl“ die Rede, der der Pfarrei Jahrsdorf Äcker und Wiesen verkaufte.[10]

Nach dem Aussterben der Herren von Stein mit Hilpolt IV. wurde deren Herrschaftsgebiet 1385 herzoglich-bayerisch und kam 1505, nach dem Landshuter Erbfolgekrieg, zu dem neuen Herzogtum Pfalz-Neuburg. Mit dem pfalz-neuburgischen Amt Hilpoltstein war Grauwinkl von 1542 bis 1578 an die Reichsstadt Nürnberg verpfändet. Mit diesem Herrschaftswechsel war auch ein sofortiger Religionswechsel verbunden; so war das Amt Hilpoltstein und damit auch Grauwinkl von 1542 bis 1627, als unter Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm die Gegenreformation erfolgte, protestantisch. Die von Nürnberg vorgenommene Güterbeschreibung, das Salbuch von 1544, weist für „Crawinkel“ 13 „Höfe, Güter und Mannschaften“ aus; davon gehörten:

Ab 1578 war das Amt Hilpoltstein und damit auch Grauwinkl wieder pfalz-neuburgisch. 1727 wurde an der Stelle eines Bildstocks eine Kapelle errichtet, die 1804 abgetragen und 1814 wiedererrichtet wurde.[12] Gegen Ende des Alten Reiches, um 1800, war Grauwinkl ein Dorf von 14 Untertanen-Anwesen, die sechs verschiedenen Grundherren gehörten, und zwar

  • je eines der Elisabeth-Stiftung Nürnberg (Deutscher Orden) und dem Freiherrn Haller von Hallerstein zu Nürnberg,
  • je zwei der Protestantischen Kultusstiftung Nürnberg und der Mell’schen Zwölfbrüder-Stiftung, sowie
  • je vier der Pfarrkirche Hilpoltstein und dem Rentamt Hilpoltstein.

Die Hochgerichtsbarkeit übte seit 1505 das pfalz-neuburgische bzw. zuletzt kurbayerische Pflegamt Hilpoltstein aus.[13]

Im Königreich Bayern (1806) wurde der Steuerdistrikt Jahrsdorf gebildet; zu ihm gehörte auch Grauwinkl, Solar und Schafhof (1837 ein Anwesen mit 16 Bewohnern), des Weiteren der Krohenhof, Patersholz mit Eibach und Pierheim mit Bischofsholz.[14]

1867 hatte die Gemeinde Solar, also Solar, Grauwinkl und Schafhof zusammen 221 Einwohner und 78 Gebäude; Grauwinkl hatte 86 Einwohner und 30 Gebäude.[15] 1875 gab es in Grauwinkl 131 Stück Rindvieh. Im gleichen Jahr wurden in der Landgemeinde Solar mit ihren drei Orten amtlicherseits 192 Einwohner, drei Pferde, 272 Stück Rindvieh, 266 Schafe und 51 Schweine gezählt. Die Kinder von Grauwinkl gingen am Pfarrort Jahrsdorf zur Schule.[16] Um 1900 hatte die Gemeinde Solar 202 Einwohner, davon 82 in Grauwinkl.[17]

Am 1. Januar 1971 wurde die bis dahin eigenständige Gemeinde Solar mit den Ortsteilen Auhof und Grauwinkl im Rahmen der Gebietsreform in Bayern in die Stadt Hilpoltstein eingemeindet.[18]

1970 bis 1980 wurde das Flurbereinigungsverfahren durchgeführt.[19] Bis in die 1970er Jahre lieferten die 13 Grauwinkler Milchbauern ihre Milch zweimal täglich am Milchhaus in der Dorfmitte ab. Im Rahmen der Dorferneuerung wurde nach dem Abriss des Milchhauses 2004 ein Dorfplatz mit einem aus einer unterirdischen Quelle gespeisten Brunnen, bestehend aus einem Jurastein als „Quellenstein“, angelegt. Ebenfalls im Rahmen der Dorferneuerung wurde 2004 bis 2006 ein Dorfgemeinschaftshaus als Anbau an die Maschinenhalle von 1990/91 errichtet.[20]

Einwohnerentwicklung

Bearbeiten
  • 1818: 085 (18 Anwesen; 16 Familien)[21]
  • 1861: 086 (30 Gebäude)[22]
  • 1871: 081 (50 Gebäude)[23]
  • 1904: 082 (16 Wohngebäude)[24]
  • 1937: 079 (nur Katholiken)[25]
  • 1950: 088 (14 Anwesen)[26]
  • 1961: 072 (14 Wohngebäude)[27]
  • 1970: 089[28]
  • 1987: 110 (23 Wohngebäude, 24 Wohnungen)[29]
 
An der Ortskapelle
 
Wegkreuz des 19. Jahrhunderts in Grauwinkl

Katholische Ortskapelle

Bearbeiten

Grauwinkl gehörte zunächst zur Pfarrei Hilpoltstein, noch im Mittelalter zur Pfarrei Jahrsdorf. Die Dorfkapelle, ein erdgeschossiger Putzbau mit Okulus-Fenstern, Satteldach, gekuppeltem Dachreiter (mit Glocke von 1958)[30] und profiliertem Sandstein-Türgewände, ist mit 1814 bezeichnet. Sie ist der Nachfolgebau einer Kapelle, die von 1727 bis 1804 Bestand hatte. Von der Ausstattung sind erwähnenswert: Figuren von Jesus Christus und den Eichstätter Diözesanheiligen Willibald und Walburga, „volkstümliche barocke Schnitzarbeiten“, eine spätgotische Madonna mit Kind, eine barocke Josefsfigur und eine Kleinfigur „Jesus an der Geißelsäule“.[31]

Baudenkmäler

Bearbeiten

Außer der Ortskapelle gilt das Wohnstallhaus Grauwinkl 5, ein östlich neben der Ortskapelle stehender erdgeschossiger Satteldachbau mit verputztem Fachwerkgiebel aus der Mitte des 19. Jahrhunderts als Baudenkmal (Denkmalnummer D-5-76-127-138).[32]

  • Freiwillige Feuerwehr Solar-Grauwinkl, gegründet 1896
  • Frauenstammtisch, gegründet 2001

Literatur

Bearbeiten
  • Franz Xaver Buchner: Das Bistum Eichstätt. I. Band: Eichstätt 1937
  • Freiwillige Feuerwehr Solar-Grauwinkl (Hg.): Chronik Solar-Grauwinkl, Hilpoltstein 2007
  • Hans Georg Heydler: Bremstrommel als Glockenersatz. In: Hilpoltsteiner Kurier vom 17. August 2014
  • Wolfgang Wiessner: Hilpoltstein (= Kommission für Bayerische Landesgeschichte [Hrsg.]: Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken. I, 24). Kommission für Bayerische Landesgeschichte, München 1978, ISBN 3-7696-9908-4 (Digitalisat).
Bearbeiten
Commons: Grauwinkl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Gemeinde Hilpoltstein, Liste der amtlichen Gemeindeteile/Ortsteile im BayernPortal des Bayerischen Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 11. Oktober 2024.
  2. Webkarte. ALKIS®-Verwaltungsgrenzen – Gemarkungen. In: BayernAtlas. LDBV, abgerufen am 11. Oktober 2024.
  3. Franz Tichy: Geographische Landesaufnahme: Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 163 Nürnberg. Bundesanstalt für Landeskunde, Bad Godesberg 1973. → Online-Karte (PDF; 4,0 MB)
  4. Ortskarte 1:10.000. Darstellung mit Schummerung. In: BayernAtlas. LDBV, abgerufen am 11. Oktober 2024 (Entfernungsangaben entsprechen Luftlinie).
  5. Wiessner, S. 30
  6. Karl Kugler: Erklärung von tausend Ortsnamen der Altmühlalp und ihres Umkreises. Ein Versuch. Eichstätt 1873: Verlag der Krüll’schen Buchhandlung, S. 172; auch: Sammelblatt des Histor. Vereins Eichstätt 46/47 (1931/32), S. 70
  7. Lautverschiebung von binchel zu winkel
  8. C. H. von Lang und Maximilian von Freyberg: Regesta sive Rerum Boicarum Autographa... , Volumen V, München 1936, S. 209 f.
  9. Gerhard Pfeiffer: Die ältesten Urbare der Deutschordenskommende Nürnberg, Neustadt an der Aisch 1981, S. 139
  10. Verhandlungen des Historischen Vereines von Oberpfalz und Regensburg, 29. Band 1874, S. 12
  11. Carl Siegert: Geschichte der Herrschaft, Burg und Stadt Hilpoltstein, ihrer Herrscher und Bewohner. In: Verhandlungen des historischen Vereines von Oberpfalz und Regensburg 20 (1861), S. 220
  12. Buchner I, S. 537
  13. Wiessner, S. 213
  14. Wiessner, S. 256 f.
  15. J. Heyberger und andere: Topographisch-statistisches Handbuch des Königreichs Bayern nebst alphabetischem Ortslexikon. München 1867, Spalte 714
  16. Kgl. Statistisches Bureau in München (Bearb.): Vollständiges Ortschaften-Verzeichniss des Koenigreichs Bayern, München 1876, Spalte 891
  17. Ortschaften-Verzeichnis des Königreichs Bayern mit alphabetischem Ortsregister, München 1904, Spalte 1221
  18. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 483.
  19. Chronik, S. 54
  20. Chronik, S. 46–50
  21. Alphabetisches Verzeichniß aller im Rezatkreise ... enthaltenen Ortschaften, Ansbach 1818, S. 31
  22. J. Heyberger und andere: Topographisch-statistisches Handbuch des Königreichs Bayern nebst alphabetischem Ortslexikon. München 1867, Spalte 714
  23. Kgl. Statistisches Bureau in München (Bearb.): Vollständiges Ortschaften-Verzeichniss des Koenigreichs Bayern, München 1876, Sp. 891
  24. Ortschaften-Verzeichnis des Königreichs Bayern mit alphabetischem Ortsregister, München 1904, Spalte 1221
  25. Buchner I, S. 538
  26. Wiessner, S. 257
  27. Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern. Gebietsstand am 1. Oktober 1964 mit statistischen Angaben aus der Volkszählung 1961, München 1964, Spalte 798
  28. Wiessner, S. 262
  29. Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand: 25. Mai 1987, München 1991, S. 348
  30. Heydler
  31. Buchner I, S. 504, 537; Gemeinsam unterwegs. Kirchen und Pfarreien im Landkreis Roth und in der Stadt Schwabach, Schwabach/Roth o. J. [2000], S. 113
  32. Hans Wolfram Lübbeke und Otto Braasch: Denkmäler in Bayern. Mittelfranken: Ensembles, Baudenkmäler, archäologische Geländedenkmäler, München 1986, S. 467