Grafenwörth
Grafenwörth ist eine Marktgemeinde mit 3300 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2024) im Bezirk Tulln in Niederösterreich.
Marktgemeinde Grafenwörth
| ||
---|---|---|
Wappen | Österreichkarte | |
Basisdaten | ||
Staat: | Österreich | |
Bundesland: | Niederösterreich | |
Politischer Bezirk: | Tulln | |
Kfz-Kennzeichen: | TU | |
Fläche: | 46,44 km² | |
Koordinaten: | 48° 24′ N, 15° 47′ O | |
Höhe: | 190 m ü. A. | |
Einwohner: | 3.300 (1. Jän. 2024) | |
Bevölkerungsdichte: | 71 Einw. pro km² | |
Postleitzahl: | 3484 | |
Vorwahl: | 02738 | |
Gemeindekennziffer: | 3 21 07 | |
NUTS-Region | AT126 | |
Adresse der Gemeindeverwaltung: |
Mühlplatz 1 3484 Grafenwörth | |
Website: | ||
Politik | ||
Bürgermeister: | Alfred Riedl (ÖVP) | |
Gemeinderat: (Wahljahr: 2020) (23 Mitglieder) |
||
Lage von Grafenwörth im Bezirk Tulln | ||
Luftaufnahme von Grafenwörth | ||
Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria |
Geografie
BearbeitenGrafenwörth liegt westlich von Wien im westlichen Tullnerfeld nördlich der Donau in Niederösterreich. Der Ort liegt an einem Mündungsarm des Kamp in die Donau. Im Norden hat die Gemeinde Anteil am Wagram.
Die Fläche der Marktgemeinde umfasst 46,4 Quadratkilometer. 19,06 Prozent der Fläche sind bewaldet.
Gemeindegliederung
BearbeitenDas Gemeindegebiet umfasst folgende sechs Ortschaften (in Klammern Einwohnerzahl Stand 1. Jänner 2024[1]):
- Feuersbrunn (570)
- Grafenwörth (1445) samt Waasen
- Jettsdorf (351) samt Badeteich und Kirchwegsiedlung
- St. Johann (178)
- Seebarn am Wagram (371)
- Wagram am Wagram (385)
Die Gemeinde besteht aus den Katastralgemeinden Feuersbrunn, Grafenwörth, Jettsdorf, Seebarn am Wagram, St. Johann und Wagram am Wagram.
Nachbargemeinden
BearbeitenStraß (Krems) | Fels | |
Grafenegg (Krems) | Kirchberg | |
Traismauer (St. Pölten) | Zwentendorf |
Geschichte
BearbeitenDass das Gemeindegebiet bereits in der jüngeren Altsteinzeit besiedelt war, zeigen Funde von Werkzeugen, Tier- und Kohleresten im Weinland und am Wagram. Gefunden wurden ebenfalls Belege aus der Bronzezeit. Aus der Hallstattzeit stammen Flachgräber mit reichen keramischen Beigaben und aus der Keltenzeit die Überreste zweier Töpferöfen. Am Wagram wurden Fundamente von sechs germanischen Grubenhäusern ausgegraben. Die Funde können heute im Freilichtmuseum in Elsarn im Straßertal besichtigt werden.[2]
Die erste urkundliche Erwähnung als Wert (Wörth) stammt aus einer Traditionsnotiz des Bistums Freising aus der Zeit 1119/21. Ende des 13. Jahrhunderts wurde der Name auf Graevenwerde erweitert, dieser Name scheint erstmals 1280 in einer Traditionsnotiz des Stiftes Heiligenkreuz auf.[2]
Die Siedlung entwickelte sich aus einem Straßendorf am Mühlkamp um die Burg der milites Otto und Leo fratres de Gravenwerde, die 1295 genannt wird, und einem Haufendorf um die alte Pfarrkirche.[2]
Der Ort und sein Umland wurden mehrfach von Hochwasser überflutet. So etwa am 4. Juli 1670, wie der damalige Schulmeister und Organist Johann Paul Geispöckh 1768 berichtete. Das Grafenwörther Ratsprotokoll aus dem Jahre 1768 vermerkt, in der Nacht vom 24. auf den 25. Februar habe sich „eine grosse Wasser Eisgiess eilens aifeinmal ergeben“, das ein „Erd-Biten“ (Erdbeben) bewirkte. Im Jahr 2002 wurde Grafenwörth wieder von einem verheerenden Donauhochwasser 2002 heimgesucht. Im Süden drang die Donau über die Ufer und vom Norden flutete der Kamp den Ort.
Laut Adressbuch von Österreich waren im Jahr 1938 in der Marktgemeinde Grafenwörth ein Arzt, zwei Bäcker, drei Binder, drei Dachdecker, ein Eisenwarenhändler, drei Fleischer, zwei Friseure, drei Gastwirte, drei Gemischtwarenhändler, ein Glaser, eine Hebamme, ein Konsumverein, drei Landesproduktehändler, ein Maler, eine Mühle, ein Rauchfangkehrer, ein Sattler, ein Schlosser, zwei Schmiede, zwei Schneider und vier Schneiderinnen, fünf Schuster, ein Spengler, zwei Tischler, drei Viehhändler, ein Wagner, ein Zahntechniker und mehrere Landwirte ansässig.[3]
Im Jahr 2019 war der damals dort geplante buddhistische Stupa Gegenstand einer richtungsweisenden Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofes. Die Proteste bestimmter Bevölkerungsgruppen gegen die erteilte Baugenehmigung wurden rechtlich in oberster Distanz entkräftet, da die protestierenden Eigentümer nur Grundstück im Grünland besaßen.[4] Der Bau wurde im selben Jahr fertiggestellt und 2023 eingeweiht.
Das Bauprojekt Sonnenweiher der 2020er war mit Grundstücksgeschäften verbunden, die als dubios angesehen wurden und 2023 österreichweite Berichterstattung auslösten.[5]
Einwohnerentwicklung
BearbeitenKultur und Sehenswürdigkeiten
BearbeitenBauwerke
Bearbeiten- Schloss Seebarn am Wagram
- Katholische Pfarrkirche Grafenwörth hl. Andreas: Die Kirche wurde 1791 im josephinischen Stil errichtet. Die Hochaltarskulpturen sind ein Werk von Johann Schmidt, Vater vom sogenannten „Kremser Schmidt“, und die Deckenfresken schuf Leopold Mitterhofer, ein Schüler des Kremser Schmidt.[6]
- Katholische Pfarrkirche Feuersbrunn hl. Ägidius
- Stupa am Wagram (Auch Friedensstupa): 2016–2019 erbaut.
Vereine
Bearbeiten- Die Marktgemeinde verfügt über zwei Musikvereine, den Musikverein Grafenwörth[7] und den Musikverein Feuersbrunn.
Wirtschaft und Infrastruktur
BearbeitenWirtschaftssektoren
BearbeitenVon den 105 landwirtschaftlichen Betrieben des Jahres 2010 waren 59 Vollerwerbsbauern. Diese bewirtschafteten 79 Prozent der Flächen. Im Produktionssektor arbeiteten 57 Erwerbstätige in der Bauwirtschaft, 25 im Bereich Herstellung von Waren, 11 im Bergbau und 2 in der Wasserver- und Abfallentsorgung. Die wichtigsten Arbeitgeber des Dienstleistungssektors waren die Bereiche soziale und öffentliche Dienste (188), Handel (115), Verkehr (56) und Beherbergung und Gastronomie (50 Mitarbeiter).[8][9][10]
Wirtschaftssektor | Anzahl Betriebe | Erwerbstätige | ||
---|---|---|---|---|
2011 | 2001 | 2011 | 2001 | |
Land- und Forstwirtschaft 1) | 105 | 181 | 117 | 127 |
Produktion | 25 | 19 | 95 | 126 |
Dienstleistung | 142 | 65 | 463 | 210 |
1) Betriebe mit Fläche in den Jahren 2010 und 1999
Arbeitsmarkt, Pendeln
BearbeitenIm Jahr 2011 lebten 1455 Erwerbstätige in Grafenwörth. Davon arbeiteten 355 in der Gemeinde, drei Viertel pendelten aus.[11]
Öffentliche Einrichtungen
BearbeitenIn Grafenwörth befinden sich drei Kindergärten[12] und eine Volksschule.[13]
Verkehr
Bearbeiten- Eisenbahn: Vom Bahnhof Wagram-Grafenegg gibt es Verbindungen nach Krems und Wien.[14]
- Straße: Mit der Kamptal Straße B34 im Norden, der Stockerauer Schnellstraße S5 mit der Auffahrt Grafenwörth im Süden und der Kremser Schnellstraße S33 hat Grafenwörth leistungsfähige Verbindungen nach Krems, St. Pölten und Wien.
Energiegewinnung
BearbeitenGrafenwörth ist seit September 2023 billanziell energieautark. Durch die Nutzung des Kleinkraftwerkes und die Errichtung bzw. Erweiterung von insgesamt 15 Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden kann ab Herbst 2023 mehr Strom erzeugt werden, als für öffentliche Einrichtungen und Straßenbeleuchtung aufgewendet werden muss. Auf einem bisher ungenutzten stehenden Gewässer wird eine schwimmende Photovoltaikanlage von EVN und Ecowind errichtet. Mit 24,5 MWpeak geht sie als größte Floating PV-Anlage Mitteleuropas im Frühjahr 2023 in Betrieb. Eine weitere schwimmende Photovoltaikanlage mit Aussicht auf Bürgerbeteiligung oder Energiegemeinschaft ist geplant.[15]
Politik
BearbeitenGemeinderat
BearbeitenDer Gemeinderat hat 23 Mitglieder.
- Mit den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 1990 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 16 ÖVP und 5 SPÖ.
- Mit den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 1995 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 13 ÖVP, 5 SPÖ und 3 FPÖ.[16]
- Mit den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 2000 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 14 ÖVP, 6 SPÖ und 1 FPÖ.[17]
- Mit den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 2005 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 15 ÖVP, 5 SPÖ und 1 FPÖ.[18]
- Mit den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 2010 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 16 ÖVP, 4 SPÖ und 1 FPÖ.[19] (21 Mitglieder)
- Mit den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 2015 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 15 ÖVP, 5 SPÖ und 3 BFB–Bürger für Bürger.[20]
- Mit den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 2020 hat der Gemeinderat folgende Verteilung: 15 ÖVP, 5 SPÖ und 3 BFB–Bürger für Bürger.[21]
Bürgermeister
Bearbeiten- seit 1990 Alfred Riedl (ÖVP)
Gemeindepartnerschaften
BearbeitenDie Gemeinde unterhält Partnerschaften mit:[22]
- Raiding im Burgenland, seit 2013
- Grafenwöhr in Bayern, Deutschland, seit 1995
- Serravalle Pistoiese im Norden der Toskana, Italien, seit 2006
Persönlichkeiten
Bearbeiten- Konrad von Fußesbrunnen, geistlicher Dichter des hohen Mittelalters, urkundlich 1182 belegt
- Martin Johann Schmidt, genannt Kremser Schmidt (1718–1801), herausragender Barockmaler (Spätbarock/Rokoko)
- Wilhelm Eder (1780–1866), Abt, Politiker
- Johann Michael Leonhard (1782–1863), Geistlicher, Bischof von St. Pölten und Militärbischof
- Ferdinand Dinstl (1788–1873), Jurist, Bürgermeister von Krems und Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung
- Karl Pippich (1862–1932), Genre-, Landschafts- und Militärmaler
- E. W. Emo (1898–1975), Filmregisseur
- Maria Grausenburger (1901–1973), Bäuerin und Kriegswitwe, lebte in Grafenwörth und nahm Ende 1944 eine ungarische jüdische Flüchtlingsfamilie bei sich auf; vom Yad Vashem in Jerusalem als Gerechte unter den Völkern ausgezeichnet, 2010 wurde ihr in Grafenwörth ein Denkmal errichtet.[23]
- Anton Fellner (1927–1997), Journalist und Generalsekretär der Wiener Diözesansynode
- Alfred Riedl (* 1952), Politiker und Präsident des österreichischen Gemeindebundes
Literatur
Bearbeiten- Franz Xaver Schweickhardt: Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens, durch umfassende Beschreibung aller Burgen, Schlösser, Herrschaften, Städte, Märkte, Dörfer, Rotten etc. etc., topographisch-statistisch-genealogisch-historisch bearbeitet und nach den bestehenden vier Kreis-Vierteln [alphabetisch] gereiht. [Teil:] Viertel unterm Manhartsberg. 7 von 34 Bänden. 2. Band: Fatzihof bis Herrnlois. Mechitaristen, Wien 1834, S. 167 (Grafenwörth – Internet Archive).
- Richard Hübl: Heimatbuch der Marktgemeinde Grafenwörth. Marktgemeinde Grafenwörth, Grafenwörth 2010.
- Lambert Pekarek: Markt Grafenwerd. Ein Heimatlesebuch. Marktgemeinde Grafenwörth, Grafenwörth 1978.
- Adolf Stadlbauer: Heimatbuch von Feuersbrunn und Wagram. Geschichte und Geschichten. Marktgemeinde Grafenwörth, Grafenwörth 1990.
- Adolf Stadlbauer: Heimatbuch von Jettsdorf. Marktgemeinde Grafenwörth, Grafenwörth 1990.
Weblinks
Bearbeiten- Grafenwörth in der Datenbank Gedächtnis des Landes zur Geschichte des Landes Niederösterreich (Museum Niederösterreich)
- 32107 – Grafenwörth. Gemeindedaten der Statistik Austria
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Statistik Austria: Bevölkerung am 1.1.2024 nach Ortschaften (Gebietsstand 1.1.2024), (ODS, 500 KB)
- ↑ a b c Gedächtnis des Landes - Orte: Grafenwörth. Niederösterreichische Museum BetriebsgesmbH, abgerufen am 8. September 2022.
- ↑ Adressbuch von Österreich für Industrie, Handel, Gewerbe und Landwirtschaft, Herold Vereinigte Anzeigen-Gesellschaft, 12. Ausgabe, Wien 1938 PDF, Seite 259
- ↑ Franz Nistelberger: VfGH entscheidet für buddhistischen Stupa kommunal.at, 25. Juli 2019.
- ↑ Bericht in der NÖN
- ↑ Stift Herzogenburg: Pfarre Grafenwörth
- ↑ Musikverein Grafenwörth
- ↑ Ein Blick auf die Gemeinde Grafenwörth, Land- und forstwirtschaftliche Betriebe. (PDF) Statistik Austria, abgerufen am 11. November 2021.
- ↑ Ein Blick auf die Gemeinde Grafenwörth, Arbeitsstätten. (PDF) Statistik Austria, abgerufen am 11. November 2021.
- ↑ Ein Blick auf die Gemeinde Grafenwörth, Erwerbstätige. (PDF) Statistik Austria, abgerufen am 11. November 2021.
- ↑ Ein Blick auf die Gemeinde Grafenwörth, Berufspendler. (PDF) Statistik Austria, abgerufen am 11. November 2021.
- ↑ Kindergärten in NÖ. NÖ Landesregierung, abgerufen am 8. November 2020.
- ↑ Schulensuche. In: Schulen online. Abgerufen am 2. Oktober 2020.
- ↑ ÖBB | Fahrplan. Abgerufen am 11. November 2021.
- ↑ Schwimmende Photovoltaikanlage in Grafenwörth orf.at, 29. Oktober 2022, abgerufen am 29. Oktober 2022.
- ↑ Wahlergebnis Gemeinderatswahl 1995 in Grafenwörth. Amt der NÖ Landesregierung, 30. März 2000, abgerufen am 30. Januar 2020.
- ↑ Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2000 in Grafenwörth. Amt der NÖ Landesregierung, 4. Februar 2005, abgerufen am 30. Januar 2020.
- ↑ Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2005 in Grafenwörth. Amt der NÖ Landesregierung, 4. März 2005, abgerufen am 30. Januar 2020.
- ↑ Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2010 in Grafenwörth. Amt der NÖ Landesregierung, 8. Oktober 2010, abgerufen am 30. Januar 2020.
- ↑ Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2015 in Grafenwörth. Amt der NÖ Landesregierung, 1. Dezember 2015, abgerufen am 30. Januar 2020.
- ↑ Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2020 in Grafenwörth. Amt der NÖ Landesregierung, 26. Januar 2020, abgerufen am 30. Januar 2020.
- ↑ Partnergemeinden. Gemeinde Grafenwörth, abgerufen am 8. September 2022 (österreichisches Deutsch).
- ↑ Denkmal für Maria Grausenburger, Grafenwörth 25. Juni 2010 ( des vom 18. Januar 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.