Leichtathletik-Europameisterschaften 1966/Hochsprung der Frauen

Der Hochsprung der Frauen bei den Leichtathletik-Europameisterschaften 1966 wurde am 3. und 4. September 1966 im Budapester Népstadion ausgetragen.

8. Leichtathletik-Europameisterschaften
Disziplin Hochsprung der Frauen
Stadt Ungarn 1957 Budapest
Stadion Népstadion
Teilnehmerinnen 24 Athletinnen aus 16 Ländern
Wettkampfphase 3. September: Qualifikation
4. September: Finale
Medaillengewinnerinnen
Gold Gold Taissija Tschentschik (Sowjetunion 1955 URS)
Silbermedaillen Silber Ljudmila Komlewa (Sowjetunion 1955 URS)
Bronzemedaillen Bronze Jarosława Bieda (Polen 1944 POL)
Das Népstadion bei einer Veranstaltung im Jahr 1953

In diesem Wettbewerb gab es einen Doppelsieg für die Hochspringerinnen aus der Sowjetunion. Europameisterin wurde die Olympiadritte von 1964 Taissija Tschentschik. Den zweiten Platz belegte Ljudmila Komlewa. Bronze ging an die Polin Jarosława Bieda.

Bestehende Rekorde

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Weltrekord 1,91 m Rumänien 1952  Iolanda Balaș Sofia, Bulgarien 16. Juni 1961[1]
Europarekord
Meisterschaftsrekord 1,83 m EM Belgrad, Jugoslawien 14. September 1962

Der bestehende EM-Rekord der über lange Jahre hoch überlegenen Iolanda Balaș, die wegen einer von ihr angegebenen Verletzung – siehe dazu auch Abschnitt „Problemfeld Geschlechtsstatus“ unten – hier nicht antrat, wurde nicht erreicht. Die sowjetische Europameisterin Taissija Tschentschik blieb mit ihrer Sieghöhe von 1,75 m acht Zentimeter unter dem Rekord. Zu Balaș' Welt- und Europarekord fehlten sechzehn Zentimeter.

Problemfeld Geschlechtsstatus

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Diskussionen gab es um die Frage des Geschlechtsstatus: Sind alle Sportlerinnen, die bei den Frauenwettkämpfen antreten, tatsächlich, Frauen? Es hatte in der Vergangenheit vor allem bei den beiden überaus erfolgreichen sowjetischen Geschwistern Tamara und Irina Press, Zweifel gegeben. Die beiden stellten sich den hier in Budapest neu eingeführten sogenannten Sextests nicht, nahmen somit an diesen Europameisterschaften nicht teil und tauchten von da an nie mehr bei Wettkämpfen auf.[2] Ebenfalls betroffen war die hier stark auftretende Polin Ewa Kłobukowska. Sie passierte den Test bei diesen Europameisterschaften ohne Beanstandung, wurde allerdings im Jahr 1967 im Rahmen des Europacups aufgrund ihrer Geschlechtschromosome als Hermaphrodit eingestuft. Dies hatte zur Folge, dass sie von da nicht mehr an Wettbewerben teilnehmen konnte. 1969 strich der Weltleichtathletikverband (damals IAAF) nachträglich alle Weltrekorde, an denen Ewa Kłobukowska beteiligt war. Ihre errungenen Titel und Medaillen durfte sie dagegen behalten. Zur Einordnung dieser Fakten gehört allerdings auch die Tatsache, dass die betroffene Sportlerin später heiratete und einen Sohn gebar.[3][4]

Auch die rumänische Hochspringerin Iolanda Balaș, die diese Disziplin über viele Jahre beherrscht hatte, geriet im Zusammenhang der Frage zum Geschlechtsstatus ins Gespräch und es gab die Unterstellung, dass ihre hier von ihr angegebene Verletzung nicht wirklich bestand. So musste sie sich dem Geschlechtstest nicht stellen, was die Vermutung unterstützte, dass sie ein nicht geringes Maß an männlichen Geschlechtshormone aufwies.[5]

Qualifikation

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3. September 1966

Die 24 Teilnehmerinnen traten zu einer gemeinsamen Qualifikationsrunde an. Zehn Athletinnen (hellblau unterlegt) übertrafen die Qualifikationshöhe für den direkten Finaleinzug von 1,65 m. Damit war die Mindestanzahl von zwölf Finalteilnehmerinnen nicht erreicht. Das Finalfeld wurde mit den nächsten bestplatzierten Sportlerinnen (hellgrün unterlegt) aufgefüllt. Acht Teilnehmerinnen lagen mit übersprungenen 1,60 m gleichauf hinter den zehn direkt qualifizierten Athletinnen. So zogen achtzehn Springerinnen in das Finale am nächsten Tag ein.

Platz Name Nation Höhe (m)
1 Jarosława Bieda Polen 1944  Polen 1,65
2 Mária Faithová Tschechoslowakei  Tschechoslowakei 1,65
3 Dorothy Shirley Vereinigtes Konigreich  Großbritannien 1,65
4 Taissija Tschentschik Sowjetunion 1955  Sowjetunion 1,65
5 Gabriele Thiele Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 1,65
6 Walentyna Kosyr Sowjetunion 1955  Sowjetunion 1,65
7 Marjan Thomas Niederlande  Niederlande 1,65
8 Olga Gere-Pulić Jugoslawien  Jugoslawien 1,65
9 Bärbel Graf Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 1,65
10 Ljudmila Komlewa Sowjetunion 1955  Sowjetunion 1,65
11 Dagmar Melzer Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 1,60
Gun Nordlund Finnland  Finnland 1,60
Inger Husted Danemark  Dänemark 1,60
Erika Stoenescu Rumänien 1952  Rumänien 1,60
Radmila Hušková Tschechoslowakei  Tschechoslowakei 1,60
Ilona Majdan Osterreich  Österreich 1,60
Geneviève Laureau Frankreich  Frankreich 1,60
Vera Bernardová Tschechoslowakei  Tschechoslowakei 1,60
19 Rita Vanherck Belgien  Belgien 1,55
20 Nevenka Mrinjek Jugoslawien  Jugoslawien 1,55
21 Anna Noszály Ungarn 1957  Ungarn 1,55
22 Solveig Rasmussen Danemark  Dänemark 1,55
NM Marjeta Pronjari Albanien 1946  Albanien ogV
Sigrún Sæmundsdóttir Island  Island
 
Die EM-Siebte von 1962 Jarosława Bieda (hier im Jahr 2013) gewann die Bronzemedaille
4. September 1966
Platz Name Nation Höhe (m)
1 Taissija Tschentschik Sowjetunion 1955  Sowjetunion 1,75
2 Ljudmila Komlewa Sowjetunion 1955  Sowjetunion 1,73
3 Jarosława Bieda Polen 1944  Polen 1,71
4 Mária Faithová Tschechoslowakei  Tschechoslowakei 1,71
5 Olga Gere-Pulić Jugoslawien  Jugoslawien 1,71
6 Marjan Thomas Niederlande  Niederlande 1,68
7 Dagmar Melzer Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 1,65
8 Dorothy Shirley Vereinigtes Konigreich  Großbritannien 1,65
9 Radmila Hušková Tschechoslowakei  Tschechoslowakei 1,65
Bärbel Graf Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 1,65
11 Vera Bernardová Tschechoslowakei  Tschechoslowakei 1,65
12 Geneviève Laureau Frankreich  Frankreich 1,60
Gabriele Thiele Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 1,60
14 Gun Nordlund Finnland  Finnland 1,60
15 Ilona Majdan Osterreich  Österreich 1,60
16 Erika Stoenescu Rumänien 1952  Rumänien 1,60
17 Inger Husted Danemark  Dänemark 1,60
DNS Walentyna Kosyr Sowjetunion 1955  Sowjetunion
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Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Athletics - Progression of outdoor world records (Women), High jump - Women, sport-record.de (englisch), abgerufen am 19. Juli 2022
  2. Zwischen Mann und Frau: Die legendäre Diskuswerferin Tamara Press wird 70. Nie ohne ihren Rasierapparat. In: Die Welt 6. September 1966, welt.de, abgerufen am 19. Juli 2022
  3. Ewa Kłobukowska, worldqueerstory.org (englisch), abgerufen am 19. Juli 2022
  4. We Shall Never Know the Exact Number of Men who Have Competed in the Olympics Posing as Women’: Sport, Gender Verification and the Cold War, tandfonline.com (englisch), abgerufen am 19. Juli 2022
  5. Stefan Lazar, Eine interessante Heirat. In: Die Welt 8. März 1968, welt.de, abgerufen am 19. Juli 2022