Liste der Stolpersteine in Kronach

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Diese Liste der Stolpersteine in Kronach enthält die Stolpersteine, die im Rahmen des gleichnamigen Kunstprojekts von Gunter Demnig in der oberfränkischen Stadt Kronach und in deren Gemeindeteilen verlegt wurden. Mit ihnen soll jüdischen Opfern des Nationalsozialismus gedacht werden, die in Kronach lebten und wirkten.

Auf der Oberseite der Betonquader mit zehn Zentimeter Kantenlänge ist eine Messingtafel verankert, die Auskunft über Namen, Geburtsjahr und Schicksal der Personen gibt, derer gedacht werden soll. Die Steine sind in der Regel in den Bürgersteig vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft eingelassen. Die ersten 16 Stolpersteine wurden am 17. September 2017 verlegt,[1] weitere neun Steine folgten am 18. Juli 2018.[2] Der bislang letzte Stolperstein wurde am 16. Juli 2022 verlegt.[3][4]

Adresse Name Leben Verlegedatum Inschrift Bild
Adolf-Kolping-Straße 8
(Standort)
Julius Strauß Der am 20. August 1901 in Kronach geborene Julius Strauß litt an Depressionen und wurde deshalb bereits mit 18 Jahren erstmals in ein Sanatorium eingewiesen. Auf Veranlassung seiner Verwandten kam er im Juni 1925 in die Heil- und Pflegeanstalt Kutzenberg. Wie bereits bei seinem Vater wurde bei Julius Strauß eine Bipolare Störung diagnostiziert, weshalb er wenige Monate nach seiner Entlassung im März 1927 erneut nach Kutzenberg gebracht wurde. Sein zweiter Aufenthalt dort dauerte annähernd zwölfeinhalb Jahre, bevor er am 14. September 1940 als einer von zehn jüdischen Menschen von Kutzenberg in die Anstalt Eglfing-Haar in Oberbayern verlegt wurde. Sechs Tage darauf wurde Julius Strauß in die Tötungsanstalt Hartheim in Oberösterreich gebracht, wo er im Rahmen der sogenannten Aktion T4 ermordet wurde.[2][5] 18. Juli 2018 HIER WOHNTE
JULIUS STRAUSS
JG. 1901
EINGEWIESEN 1927
HEILANSTALT KUTZENBERG
‘VERLEGT’ 20.9.1940
SCHLOSS HARTHEIM
ERMORDET 20.9.1940
'AKTION T4'
Adolf-Kolping-Straße 11
(Standort)
Emil Adler Emil Adler wurde am 3. Februar 1903 in Kronach geboren. Er war das einzige Kind des Kaufmanns Leopold Adler und dessen Ehefrau Rosa, geborene Krell. Emil Adler besuchte in Kronach die Realschule und absolvierte danach eine kaufmännische Ausbildung. Nach dem Tod des Vaters im Oktober 1930 führte er zunächst gemeinsam mit seiner Mutter Rosa das von ihr gegründete Textilgeschäft „Geschwister Krell“ in der Bahnhofstraße weiter, bevor er nach dem Tod der Mutter im August 1932 alleiniger Inhaber wurde. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten gehörte Adler vermutlich zu einer Reihe jüdischer Geschäftsleute, die bereits im März oder April 1933 in „Schutzhaft“ genommen wurden. Noch im selben Jahr musste er auf Druck des NS-Regimes sein Geschäft verkaufen. Er verließ Kronach und ging nach Berlin, wo er 1934 Charlotte Mayer heiratete. Zusammen mit seiner Ehefrau gelang ihm im Juli 1936 die Ausreise nach Argentinien. Emil Adler starb dort am 25. Juni 1976.[2][6] 18. Juli 2018 HIER WOHNTE
EMIL ADLER
JG. 1903
‘SCHUTZHAFT’ 1933
GEFÄNGNIS KRONACH
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1933 BERLIN
FLUCHT 1936
ARGENTINIEN
Alte Ludwigsstädter Straße 5
(Standort)
Bernhard Böhm Bernhard Böhm kam am 12. Dezember 1883 in Oberlangenstadt zur Welt. Im Jahr 1920 heiratete er die am 24. Dezember 1883 in Bad Brückenau geborene Hedwig Frank. Die Eheleute lebten bis 1929 in Oberlangenstadt und zogen dann mit der gemeinsamen Tochter Helene nach Kronach in die Johann-Nikolaus-Zitter-Straße, wo Bernhard Böhm ein Textilgeschäft eröffnete, und später in die Alte Ludwigsstädter Straße 5. Im Jahr 1937 zogen Hedwig und ihr Mann Bernhard zu Hedwigs Mutter in die Augustinerstraße 4 in Würzburg; Tochter Helene lebte bereits seit 1934 bei Verwandten in Würzburg. Am 27. November 1941 wurden die Eheleute in das Lager Jungfernhof bei Riga deportiert, wo beide entweder erfroren sind oder zusammen mit einem Großteil der Häftlinge im März 1942 bei der Aktion Dünamünde im Wald von Biķernieki erschossen wurden.[2][6][7][8] 18. Juli 2018 HIER WOHNTE
BERNHARD BÖHM
JG. 1883
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1937 WÜRZBURG
DEPORTIERT 1942
RIGA
ERMORDET
Hedwig Böhm 18. Juli 2018 HIER WOHNTE
HEDWIG BÖHM
GEB. FRANK
JG. 1883
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1937 WÜRZBURG
DEPORTIERT 1941
RIGA
ERMORDET
Helene Böhm Helene „Hella“ Böhm wurde am 17. August 1923 in Bamberg geboren. Bis zu ihrem zehnten Lebensjahr lebte sie mit ihren Eltern Bernhard und Hedwig Böhm in Kronach, bevor diese Helene 1934 zu Verwandten nach Würzburg schickten, wo sie auch zur Schule ging. Helene konnte im Juni 1939 im Alter von 15 Jahren nach England emigrieren, wo sie später heiratete und den Namen Axelrad annahm. Sie kehrte nicht mehr nach Deutschland zurück.[2] 18. Juli 2018 HIER WOHNTE
HELENE BÖHM
JG. 1923
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1934 WÜRZBURG
FLUCHT 1939
ENGLAND
Bahnhofstraße 10
(Standort)
Josef Mosbacher Josef Mosbacher wurde am 22. August 1872 in Kronach geboren. Seine Eltern waren der Kaufmann Zacharias Mosbacher und dessen Ehefrau Babette, geborene Schmitt. Am 19. Juni 1898 heiratete Josef Mosbacher die aus Bamberg stammende Sophie Koburger, die am 25. Juli 1875 als Tochter des Kaufmanns Abraham Koburger und dessen Frau Babette, geborene Gutherz, zur Welt gekommen war. Die Eheleute lebten mit dem gemeinsamen Sohn Ernst, der am 6. Februar 1900 geboren wurde, bei der Familie Mosbacher in der Bahnhofstraße 10. Sophie Mosbacher engagierte sich jahrelang in der Kronacher Ortsgruppe des Bayerischen Frauenvereins, ihr Ehemann Josef, der von Beruf Kaufmann war und zusammen mit seinem Bruder Ludwig einen Eisenwarenhandel führte, war privat unter anderem Mitglied der Kronacher Schützengesellschaft. Im Jahr 1934 zog das Ehepaar nach Nürnberg, von wo aus Josef und Sophie Mosbacher am 10. September 1942 nach Theresienstadt deportiert wurden. Laut offizieller Sterbeurkunden starb Sophie Mosbacher dort am 13. Februar 1943 an den Folgen einer Lungenentzündung, ihr Ehemann Josef am 26. Juli 1943 an einem Schlaganfall.[2][9][10] 18. Juli 2018 HIER WOHNTE
JOSEF MOSBACHER
JG. 1872
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 26.7.1943
Sophie Mosbacher 18. Juli 2018 HIER WOHNTE
SOPHIE MOSBACHER
GEB. KOBURGER
JG. 1875
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 13.2.1943
Bahnhofstraße 13
(Standort)
Ludwig Mosbacher Ludwig Mosbacher kam am 23. Januar 1874 als Sohn des Kaufmanns Zacharias Mosbacher und dessen Ehefrau Babette, geborene Schmitt, in Kronach zur Welt. Er heiratete 1898 die am 19. September 1876 in Ober Heiduk, heute Chorzów in Polen, geborene Luise Ernestine Kamm. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Emmy (geboren am 13. April 1899), Else (geboren am 19. Juli 1900) und Kurt (geboren am 20. Mai 1907). Gemeinsam mit seinem Bruder Josef betrieb Ludwig Mosbacher einen Eisenwarenhandel in der Bahnhofstraße 10. Ende April 1933 zogen die Eheleute nach Bamberg, wo zwei ihrer Kinder lebten. Dort wurde Ludwig Mosbacher am 10. November 1938 infolge des Novemberpogroms festgenommen und zeitweise im Landesgefängnis Bamberg inhaftiert. Ab 1939 wohnte das Ehepaar zwangsweise in einem „Judenhaus“, bevor es am 25. April 1945 in das Ghetto Krasnystaw deportiert wurde. Das weitere Schicksal von Luise und Ludwig Mosbacher und die Umstände ihrer Ermordung sind nicht bekannt.[2][6][11][12] 18. Juli 2018 HIER WOHNTE
LUDWIG MOSBACHER
JG. 1874
DEPORTIERT 1942
KRASNYSTAW
ERMORDET
Luise Mosbacher 18. Juli 2018 HIER WOHNTE
LUISE MOSBACHER
GEB. KAMM
JG. 1876
DEPORTIERT 1942
KRASNYSTAW
ERMORDET
Friesener Straße 21
(Standort)
Max Tannenbaum Max Markus Tannenbaum kam am 3. November 1879 in Mansbach zur Welt und zog 1908 nach Kronach, wo er die am 9. März 1884 in Friesen geborene Selma Lamm heiratete. Während des Ersten Weltkriegs diente Tannenbaum als Soldat an der Front und wurde hierfür mit mehreren Verdienstorden ausgezeichnet. Der gelernte Metzger betrieb eine Metzgerei in der Lucas-Cranach-Straße und einen Viehhandel, bis ihm die Betätigung als Viehhändler von den Nationalsozialisten 1935 untersagt wurde. Die Metzgerei musste er spätestens Ende 1938 schließen, da Juden ab dem 1. Januar 1939 das Betreiben von Einzelhandelsgeschäften und das Anbieten von Waren und Dienstleistungen untersagt war. Die Eheleute Selma und Max Tannenbaum, die das Anwesen Friesener Straße 21 zusammen mit ihren drei Kindern Frieda, Leo und Hanna bewohnten, wurden am 24. April 1942 mit einem Sammeltransport nach Bamberg gebracht und einen Tag später nach Polen deportiert, wo sie entweder im Ghetto Krasnystaw oder im Vernichtungslager Sobibor ermordet wurden.[1][13][14] 17. September 2017 HIER WOHNTE
MAX TANNENBAUM
JG. 1879
DEPORTIERT 1942
KRASNYSTAW
ERMORDET
Selma Tannenbaum 17. September 2017 HIER WOHNTE
SELMA TANNENBAUM
GEB. LAMM
JG. 1884
DEPORTIERT 1942
KRASNYSTAW
ERMORDET
Frieda Tannenbaum Frieda Tannenbaum wurde am 19. Mai 1909 in Kronach geboren. Sie verließ ihr Elternhaus im März 1930 und heiratete im folgenden Jahr den nichtjüdischen Schuhmacher Johann Weil, mit dem sie in Kronberg im Taunus lebte und einen gemeinsamen Sohn hatte. Im Zuge der Novemberpogrome wurde Frieda Weil zeitweise in „Schutzhaft“ genommen. Trotz ihres Lebens in einer sogenannten „privilegierten Mischehe“ drohte ihr Ende Mai 1943 erneut die Verhaftung durch die Gestapo, weshalb sie einen Suizidversuch unternahm. Frieda Weil kam in ein Krankenhaus in Frankfurt am Main, wo sie verhaftet wurde. Nach mehreren Wochen im Gefängnis wurde sie nach Auschwitz deportiert und dort am 10. Dezember 1943 ermordet.[1][6][15] 17. September 2017 HIER WOHNTE
FRIEDA TANNENBAUM
VERH. WEIL
JG. 1909
DEPORTIERT 1943
AUSCHWITZ
ERMORDET 10.12.1943
Leo Tannenbaum Leo Tannenbaum wurde am 13. Mai 1913 geboren. Er erlernte wohl bei seinem Vater Max Tannenbaum das Metzgerhandwerk und unterstützte diesen zunächst im väterlichen Geschäft. Später besuchte er das Hachschara-Lager Gut Winkel bei Spreenhagen in Brandenburg, um sich auf die Auswanderung nach Palästina vorzubereiten. Die Ausreise gelang ihm im Oktober 1939.[1][6] 17. September 2017 HIER WOHNTE
LEO TANNENBAUM
JG. 1913
FLUCHT 1939
USA
Ernst Babtschinsky Der am 5. Dezember 1921 in Berlin geborene Ernst Babtschinsky und die am 21. November 1920 in Kronach geborene Hanna Tannenbaum lernten sich wohl in einem Hachschara-Lager kennen. Die beiden heirateten am 7. Januar 1941 in Spreenhagen, die erhoffte Ausreise nach Palästina gelang ihnen jedoch nicht. Die Eheleute wurden am 19. April 1943 zusammen in das KZ Auschwitz deportiert, wo sie voneinander getrennt wurden.[1][6]

Ernst Babtschinsky wurde in Auschwitz die Häftlingsnummer „116940“ tätowiert. Er wurde später in das KZ-Außenlager Golleschau verlegt und musste 1945 einen sogenannten Todesmarsch zum KZ Sachsenhausen antreten. Später wurde er zunächst in das KZ Mauthausen und von dort in das KZ Gusen II in Oberösterreich gebracht, wo er im Mai 1945 von amerikanischen Truppen befreit wurde. Hanna Babtschinsky blieb fast zwei Jahre in Auschwitz. Anfang 1945 wurde sie nach Ravensbrück verlegt und überlebte ebenfalls.[1]

Hanna Babtschinsky kehrte am 17. Juli 1945 nach Kronach zurück, ihr Ehemann Ernst folgte am 16. August. Beide lebten mehrere Jahre in Kronach, bevor sie 1949 in die Vereinigten Staaten auswanderten. Ernst Babtschinsky starb dort im Jahr 1995, seine Frau im Jahr 2000.[1][6]

17. September 2017 ERNST
BABTSCHINSKY
JG. 1921
DEPORTIERT 1943
AUSCHWITZ
1945 SACHSENHAUSEN
MAUTHAUSEN, GUSEN II
BEFREIT
Hanna Babtschinsky 17. September 2017 HIER WOHNTE
HANNA BABTSCHINSKY
GEB. TANNENBAUM
JG. 1920
DEPORTIERT 1943
AUSCHWITZ
1945 RAVENSBRÜCK
BEFREIT
Johann-Knoch-Gasse 8
(Standort)
Frieda Lamm Ludwig Lamm kam am 19. April 1888 in Friesen zur Welt und zog mit seinen Eltern und seinen Geschwistern Selma, Therese und Josef 1889 nach Kronach. Dort besuchte er die Volksschule, bevor er während des Ersten Weltkriegs als Soldat diente. Nach dem Krieg heiratete Lamm die am 11. Februar 1890 in Sugenheim geborene Frieda Walter, mit der er zwei gemeinsame Kinder, Susanna und Siegfried, hatte. Ludwig Lamm war wie sein Vater als Viehhändler tätig und gründete zusammen mit seinem Bruder Josef in den 1920er Jahren die Viehhandlung „Gebrüder Lamm“, bevor ihm die Erlaubnis zum Viehhandel von den Nationalsozialisten 1936 entzogen wurde. Die Eheleute Ludwig und Frieda Lamm wurden am 25. April 1942 nach Polen deportiert, wo sie entweder im Ghetto Krasnystaw oder im Vernichtungslager Sobibor ermordet wurden.[1][16][17][18] 17. September 2017 HIER WOHNTE
FRIEDA LAMM
GEB. WALTER
JG. 1890
DEPORTIERT 1942
KRASNYSTAW
ERMORDET
Ludwig Lamm 17. September 2017 HIER WOHNTE
LUDWIG LAMM
JG. 1888
DEPORTIERT 1942
KRASNYSTAW
ERMORDET
Siegfried Lamm Der am 22. Mai 1924 in Kronach geborene Siegfried Lamm lernte, nachdem jüdischen Schülern ab 1936 der Besuch öffentlicher Schulen verboten war, von seiner Mutter Frieda die englische Sprache. Ende Juni 1939 wanderte er im Alter von 15 Jahren nach England aus, wo Siegfried sich zunächst als Zeitungsjunge in London seinen Lebensunterhalt verdiente. Als britischer Soldat besuchte er 1946 seine Geburtsstadt Kronach. Im Jahr 1949 siedelte Lamm in die Vereinigten Staaten über, wo er seinen Namen in Fred änderte und eine aus Wien stammende Frau heiratete, mit der er zwei gemeinsame Kinder hatte. Er starb 2005 mit 81 Jahren in Westwood, New Jersey.[1][6][16] 17. September 2017 HIER WOHNTE
SIEGFRIED ‘FRITZ’
LAMM
JG. 1924
FLUCHT 1939
ENGLAND
Susanna Lamm Susanna Lamm wurde am 26. Januar 1921 in Kronach geboren. Sie zog zum 1. Januar 1936 nach Nürnberg, um dort in einer Arztpraxis als Sprechstundenhilfe zu arbeiten. 1938 konnte sie im Alter von 17 Jahren in die Vereinigten Staaten auswandern, wo sie den aus Nürnberg stammenden Robert Geissenberger heiratete. Susanna Geissenberger starb 2008 in Scottsdale, Arizona.[1][6] 17. September 2017 HIER WOHNTE
SUSANNA ‘SUSI’
LAMM
JG. 1921
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1936 NÜRNBERG
FLUCHT 1938
USA
Kulmbacher Straße 21
(Standort)
Hilda Lamm Josef Lamm kam am 17. Februar 1885 in Friesen zur Welt und zog 1889 zusammen mit seinen Eltern und seinen drei Geschwistern Selma, Therese und Ludwig nach Kronach. Nach dem Besuch der Volksschule diente er während des Ersten Weltkriegs als Soldat und wurde hierfür mit dem Ehrenkreuz für Frontkämpfer ausgezeichnet. Nach dem Krieg heiratete er die am 30. September 1885 in Burkhardsrieth geborene Hilda Loewy, mit der er zunächst im Haushalt des Schwiegervaters Benjamin Loewy in Weiden lebte. Im Jahr 1921 zog Josef zurück nach Kronach, wo er zusammen mit seinem Bruder Ludwig die Viehhandlung „Gebrüder Lamm“ gründete; ein Jahr später folgten seine Ehefrau und der gemeinsame Sohn Ernst Leopold. Im Jahr 1928 erbaute Josef Lamm das Wohnhaus der Familie in der Kulmbacher Straße, 1939 musste das Ehepaar dort zwangsweise die Geschwister Bamberger aufnehmen, denen auf Grundlage des „Gesetzes über Mietverhältnisse mit Juden“ ihre Mietwohnung in der Strauer Straße 2 entzogen worden war. Mit dem Entzug der Erlaubnis für den Viehhandel im Jahr 1936 war die Familie Lamm erwerbslos, weshalb ihr die Zwangsversteigerung drohte, da sie Kredite nicht mehr zurückzahlen konnte. Das Ehepaar Lamm wurde am 25. April 1942 in das Ghetto Krasnystaw deportiert und dort oder im Vernichtungslager Sobibor ermordet.[1][16][19][20] 17. September 2017 HIER WOHNTE
HILDA LAMM
GEB. LOEWY
JG. 1885
DEPORTIERT 1942
KRASNYSTAW
ERMORDET
Josef Lamm 17. September 2017 HIER WOHNTE
JOSEF LAMM
JG. 1885
DEPORTIERT 1942
KRASNYSTAW
ERMORDET
Ernst Leopold Lamm Ernst Leopold Lamm wurde am 4. Januar 1921 in Weiden geboren. Er besuchte zunächst die Realschule, verließ diese jedoch 1935 und begann eine Lehre als Textilkaufmann. Zum 31. August 1936 zog er nach München. Drei Jahre später gelang ihm über die Niederlande die Ausreise nach England, von wo er 1945 nach Palästina auswanderte.[1][6] 17. September 2017 HIER WOHNTE
ERNST LEOPOLD
LAMM
JG. 1921
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1936 MÜNCHEN
FLUCHT 1939
PALÄSTINA
Ernst Loewy Ernst Loewy wurde am 28. Februar 1927 in Freiburg im Breisgau geboren. Er kam am 17. Februar 1937 nach dem Tod seiner Eltern nach Kronach, wo er im Haushalt seiner Tante Hilda und ihres Ehemannes Josef Lamm in der Kulmbacher Straße 21 wohnte. Zum 8. Januar 1942 zog er nach Fürth, kehrte jedoch bereits zum 20. März 1942 nach Kronach zurück; die Gründe hierfür sind unklar. Zusammen mit seiner Pflegefamilie wurde er am 25. April 1942 in das Ghetto Krasnystaw deportiert und dort oder im Vernichtungslager Sobibor ermordet. Mit 15 Jahren war er das jüngste Opfer der Judenverfolgung in Kronach.[1][6][21] 17. September 2017 HIER WOHNTE
ERNST LOEWY
JG. 1927
DEPORTIERT 1942
KRASNYSTAW
ERMORDET
Strauer Straße 2
(Standort)
Ida Bamberger Ida Bamberger wurde als jüngstes von neun Kindern am 7. April 1886 in Kronach geboren. Nach dem Tod ihres Vaters zog sie zusammen mit ihrer Mutter in das Wohnhaus Strauer Straße 2. Ihr Bruder Simon Bamberger, dessen Haushalt die unverheiratete Ida führte, betrieb dort später jahrelang eine Arztpraxis. 1931 zog ihr älterer Bruder Theodor, der zeitweise in Nürnberg gelebt hatte, mit in die Mietwohnung seiner Schwester ein. Im April oder Mai 1939 mussten beide mit Inkrafttreten des „Gesetzes über Mietverhältnisse mit Juden“ die Wohnung in der Strauer Straße 2 verlassen und wurden zwangsweise im Wohnhaus der Viehhändlerfamilie Lamm in der Kulmbacher Straße 21 einquartiert. Am 24. April 1942 wurden die Geschwister in einem Sammeltransport nach Bamberg gebracht, von wo aus Ida am folgenden Tag nach Polen deportiert wurde; sie wurde dort entweder im Ghetto Krasnystaw oder im Vernichtungslager Sobibor ermordet.[1][22][23] 17. September 2017 HIER WOHNTE
IDA
BAMBERGER
JG. 1886
DEPORTIERT 1942
KRASNYSTAW
ERMORDET
Theodor Bamberger Theodor Bamberger wurde am 21. Mai 1870 in Friesen geboren und zog im folgenden Jahr mit seinen Eltern nach Kronach, wo er die Realschule besuchte. Später lebte er als kaufmännischer Angestellter in Nürnberg, bevor er 1931 wieder nach Kronach zog, wo er zusammen mit seiner jüngeren Schwester Ida in der Strauer Straße 2 wohnte. Im April oder Mai 1939 mussten beide mit Inkrafttreten des „Gesetzes über Mietverhältnisse mit Juden“ ihre Mietwohnung verlassen und wurden zwangsweise im Wohnhaus der Viehhändlerfamilie Lamm in der Kulmbacher Straße 21 einquartiert. Am 24. April 1942 wurden Theodor und Ida Bamberger mit einem Sammeltransport nach Bamberg gebracht. Theodor wurde am 10. September 1942 zusammen mit den weiteren Geschwistern Fritz und Grete von Nürnberg aus zunächst in das KZ Theresienstadt gebracht und am 29. September weiter in das Vernichtungslager Treblinka transportiert, wo er ermordet wurde.[1][22][24] 17. September 2017 HIER WOHNTE
THEODOR
BAMBERGER
JG. 1870
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
1942 TREBLINKA
ERMORDET
Thüringer Straße 21
Gundelsdorf
(Standort)
Julius Obermeier Julius Obermeier kam am 11. Oktober 1867 als Sohn des Kaufmanns David Obermeier und dessen Ehefrau Cäcilia, geborene Morgenroth, in Bamberg zur Welt. Dort heiratete er 1894 die Witwe Marie Margaretha Dessauer, geborene Kellermann. Im Jahr 1898 erwarb er in Gundelsdorf eine Ziegelei, die er in den folgenden Jahren stark erweiterte, sodass sie sich zu einem wichtigen Arbeitgeber in der Umgebung entwickelte. Bereits kurz nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wurde der mittlerweile verwitwete Obermeier ab März 1933 mehrmals in „Schutzhaft“ genommen und schließlich zum Rückzug aus der Geschäftsleitung der Ziegelei gezwungen. Nach Inkrafttreten der Nürnberger Gesetze wurde Obermeier im März 1936 unter dem Vorwurf der „Rassenschande“ erneut verhaftet. Er starb am 14. April 1936 in seiner Zelle im Amtsgerichtsgefängnis in Kronach. Offizielle Todesursache war ein Herzleiden, wahrscheinlich verstarb Julius Obermeier jedoch an den Folgen von Misshandlungen.[25]

Auf dem Gelände der Ziegelei wurde in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs ein Außenlager des Konzentrationslagers Flossenbürg errichtet.

16. Juli 2022 HIER WOHNTE
JULIUS OBERMEIER
JG. 1867
SEIT MÄRZ 1933
MEHRMALS VERHAFTET
‘SCHUTZHAFT’ MÄRZ 1936
SOG. RASSENSCHANDE
GEFÄNGNIS KRONACH
TOT 14.4.1936
UMSTÄNDE NIE GEKLÄRT

Literatur

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  • Christoph Zeckai: „Ein Stück Matzen, Nachbarin!“ – Erinnerungen an die jüdischen Familien in Kronach. Hrsg.: Katholische Erwachsenenbildung im Landkreis Kronach e. V. 2. erweiterte Auflage. Kronach 2010.
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Commons: Stolpersteine in Kronach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l m n o Heike Schülein: Erinnerungsarbeit mit Hammer und Spachtel. In: inFranken.de. 18. September 2017, abgerufen am 28. November 2017.
  2. a b c d e f g Heike Schülein: Stolpersteine in Kronach: Erinnerungsarbeit gegen das Vergessen. In: inFranken.de. 18. Juli 2018, abgerufen am 18. Juli 2018.
  3. Heike Schülein: Von der alten Villa zur hochmodernen Kita. In: Neue Presse Coburg. 20. Juli 2022, S. 7.
  4. Heike Schülein: Ein Mahnmal für Julius Obermeier. In: Neue Presse Coburg. 21. Juli 2022, S. 16.
  5. Gedenkbucheintrag Julius Strauß. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  6. a b c d e f g h i j k Christoph Zeckai: „Ein Stück Matzen, Nachbarin!“ – Erinnerungen an die jüdischen Familien in Kronach. Hrsg.: Katholische Erwachsenenbildung im Landkreis Kronach e. V. 2. erweiterte Auflage. Kronach 2010.
  7. Gedenkbucheintrag Bernhard Böhm. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  8. Gedenkbucheintrag Hedwig Böhm. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  9. Gedenkbucheintrag Josef Mosbacher. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  10. Gedenkbucheintrag Sophie Mosbacher. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  11. Gedenkbucheintrag Ludwig Mosbacher. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  12. Gedenkbucheintrag Luise Mosbacher. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  13. Gedenkbucheintrag Max Tannenbaum. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  14. Gedenkbucheintrag Selma Tannenbaum. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  15. Gedenkbucheintrag Frieda Weil. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  16. a b c Christian Porzelt: Eine Lücke, die schmerzt. In: Neue Presse Coburg. 9. April 2021, S. 13.
  17. Gedenkbucheintrag Frieda Lamm. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  18. Gedenkbucheintrag Ludwig Lamm. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  19. Gedenkbucheintrag Hilda Lamm. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  20. Gedenkbucheintrag Josef Lamm. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  21. Gedenkbucheintrag Ernst Loewy. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  22. a b Heike Schülein: Jeder Stein ein Schicksal. In: Neue Presse Coburg. 17. August 2021, S. 15.
  23. Gedenkbucheintrag Ida Bamberger. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  24. Gedenkbucheintrag Theodor Bamberger. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Deutsches Bundesarchiv, abgerufen am 10. November 2023.
  25. Christian Porzelt: Julius Obermeier: angesehen und integriert. In: inFranken.de. 15. April 2016, abgerufen am 29. August 2019.