Der bestehende olympische Rekord, gleichzeitig Weltrekord, wurde bei diesen Spielen nicht erreicht. Die syrische Olympiasiegerin Ghada Shouaa erreichte 6780 Punkte und blieb damit 511 Punkte unter diesem Rekord.
Als Favoritinnen galten die US-amerikanische Olympiasiegerin von 1992 Jackie Joyner-Kersee und die syrische Weltmeisterin Ghada Shouaa. Die deutsche Europameisterin von 1994 Sabine Braun hatte nicht mehr die ausgezeichnete Form, mit der sie in den vergangenen Jahren viele Erfolge errungen hatte. Weitere Anwärterinnen für vordere Platzierungen waren Vizeweltmeisterin Swetlana Moskalez aus Russland, die ungarische WM-Dritte und Vizeeuropameisterin Rita Ináncsi, sowie die EM-Dritte Urszula Włodarczyk aus Polen.
Die Deutsche Mona Steigauf sorgte mit 13,22 s für die schnellste Zeit im 100-Meter-Hürdenlauf und ging damit in Führung. Auf Platz zwei lag Joyner-Kersee, die sich jedoch verletzt hatte und ebenso wie die Italienerin Giuliana Spada zum Hochsprung nicht mehr antrat.
Steigauf verlor die Führung nach der zweiten Disziplin, dem Hochsprung. Beste Springerinnen waren mit 1,86 m Włodarczyk, Shouaa und die Kasachin Swetlana Kazanina. Włodarczyk setzte sich mit 2107 Punkten an die Spitze, gefolgt von Shouaa und der deutschen Europameisterin Sabine Braun. Auf Platz vier lag die Kanadierin Catherine Bond-Mills vor Steigauf.
Das Kugelstoßen entschied Shouaa überlegen für sich. Mit 15,95 m stieß sie die Kugel 1,26 m weiter als die zweitbeste Athletin Ináncsi. Shouaa führte nun mit 72 Punkten vor Włodarczyk, die wiederum vierzig Punkte vor Braun lag. Auf Platz vier folgte die Belarussin Natallja Sasanowitsch vor Ináncsi.
In der letzten Disziplin des ersten Tages, dem 200-Meter-Lauf, erzielte Sasanowitsch mit 23,72 s die schnellste Zeit. Damit schob sie sich an Braun vorbei auf Platz drei. In Führung blieb Shouaa mit 3992 Punkten. Ihr Vorsprung auf Włodarczyk war auf 112 Punkte angestiegen.
Der Weitsprung brachte einen Wechsel an der Spitze des Klassements. Sasanowitsch, die mit 6,70 m die beste Weitspringerin war, zog an Shouaa und Włodarczyk vorbei. Mit ihrer Weite hätte sie sich auch für das Weitsprungfinale qualifiziert. Die Belarussin führte mit sechs Punkten vor Shouaa, deren Vorsprung auf Włodarczyk 99 Punkte betrug. Auf Platz vier folgte weitere 94 Punkte zurück die Kubanerin Regla María Cárdenas.
Im Speerwurf erzielte Shouaa mit 55,70 m eine Bestweite im Rahmen eines olympischen Siebenkampfes.[2] Damit übernahm sie wieder die Führung und lag nun 182 Punkte vor Sasanowitsch. Auf Platz drei hatte sich die Britin Denise Lewis vorgearbeitet, die 81 Punkte hinter Sasanowitsch lag. Dann folgte Włodarczyk vor Braun.
Die letzte Disziplin war der 800-Meter-Lauf. Um Olympiasiegerin zu werden, konnte Shouaa maximal vierzehn Sekunden langsamer als Sasanowitsch laufen, die ihrerseits nicht mehr als fünf Sekunden hinter Lewis das Ziel erreichen durfte, um im Endresultat vor der Britin zu bleiben. Mit 2:11,67 min lief die US-Athletin Sharon Hanson die schnellste Zeit. Ghada Shouaa konnte ihren Vorsprung sogar noch weiter ausbauen und lag am Ende 223 Punkte vor Natallja Sasanowitsch. Denise Lewis behauptete ihren dritten Platz knapp. Urszula Włodarczyk kam bis auf fünf Punkte heran. Hinter der Polin hatte sich Eunice Barber, hier noch für Sierra Leone, später für Frankreich am Start, auf Platz fünf hochgearbeitet. Auf Rang sechs folgte Rita Ináncsi vor Sabine Braun.
Ghada Shouaa war sowohl die erste syrische Frau, die eine olympische Medaille gewann, als auch die erste, die einen Olympiasieg für Syrien erringen konnte. Zugleich gewann sie auch die erste Medaille ihres Landes in der Leichtathletik.
Gerd Rubenbauer (Hrsg.), Olympische Sommerspiele Atlanta 1996 mit Berichten von Britta Kruse, Johannes Ebert, Andreas Schmidt und Ernst Christian Schütt, Kommentare: Gerd Rubenbauer und Hans Schwarz, Chronik Verlag im Bertelsmann Verlag, Gütersloh/München 1996, S. 54f