Benutzer:Storchi/ArtikelentwurfReichsstadt Hall


Territorium im Heiligen Römischen Reich
Reichsstadt Hall
Wappen
Karte
Hällisches Territorium im Jahre 1762. Das Amt Honhardt – ohne Flächenfärbung – liegt in der rechten unteren Ecke.
Lage im Reichskreis
Schwäbischer Reichskreis um 1750
Herrschaftsform Reichsstadt
Herrscher/
Regierung
Magistrat
Heutige Region/en DE-BW
Reichstag Schwäbische Städtebank
Reichskreis Schwäbischer Reichskreis
Hauptstädte/
Residenzen
Hall
Konfession/
Religionen
römisch-katholisch, nach 1540: evangelisch
Sprache/n Deutsch
Fläche 330 km²
Einwohner 21.000
Währung Heller, Haller Batzen (Rollbatzen)
Aufgegangen in 1802 Herzogtum Württemberg
Siehe auch Schwäbisch Hall

Die Reichsstadt Hall, auch Hall am Kocher, die zu späteren Zeiten in Schwäbisch Hall umbenannt wurde, war ein reichsunmittelbares Territorium des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

Ab dem 13. Jahrhundert hatte sich die Stadt, zusammen mit dem unter ihrer Herrschaft stehendem Umland, in mehreren Schritten zum eigenständigen Staatsgebilde entwickelt, das über fünfhundert Jahre lang bestand und bis 1802 existierte.

Die Bezeichnung für den örtlichen Dialekt sowie für das alte Herrschaftgebiet der ehemaligen Reichsstadt, also das Haller Landterritorium, ist Hällisch.

Das Gebiet der Reichsstadt lag in der, heute nach ihr benannten, naturräumlichen Landschaft Haller Ebene die sich beiderseits der tiefen Taleinkerbung des Kochers, im südwestlich gelegenen Teil der Hohenloher Ebene befindet. Die Stadt selbst lag direkt an den Ufern, beiderseits des Flusses. Der ehemals ummauerte Stadtkern der früheren Reichstadt Hall bildet heute die Altstadt von Schwäbisch Hall.

Flankiert wird dieses Gebiet im Westen vom Mainhardter Wald und den Waldenburger Bergen und im Südosten von den Limpurger Bergen. Im Osten und Norden geht es in die Hohenloher Ebene über. Teile des Haller Landterritoriums zogen sich bis in die Höhenlagen der angrenzenden Keuperberge hinauf. Die ehemalige Reichsstadt Hall ist die heutige Kreisstadt des Landkreises Schwäbisch Hall.

Angrenzende Territorien

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(von Westen im Uhrzeigersinn)

Geschichte

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Ursprung der Ansiedlung

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Der Siedlungskern der späteren Stadt wurde schon im 5.  vorchristlichen Jahrhundert von Kelten bewohnt, die aus dem dort austretenden salzhaltigen Grundwasser durch Erhitzen und Verdampfen Salz herstellten. Nachgewiesen werden konnte eine keltischen Saline im heutigen Stadtgebiet für das 5.  bis 1.  Jahrhundert v. Chr.

Wiederbesiedlung im Hochmittelalter

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Im Mittelalter war die Gegend wieder von Wald überwachsen und unbesiedelt. Die ersten Siedlungen am Verlauf des Kochers waren in dieser Region die Orte Westheim und Münkheim. Diese wurden im Zuge der fränkischen Landnahme während der Merowingerzeit an strategisch wichtigen Punkten wie natürlichen Furten gegründet und angelegt.

Westheim war der Sitz eines fränkischen Königshofs und Verwaltungsmittelpunkt der Westheimer Mark, einem Teil des Kochergaus[1]. Von den Grafen von Westheim kam wohl auch der Anstoß zur Anlage einer Ortschaft in dem viel schmäleren Bereich des Kochertals[2] (Legende vom jagenden Westheimer Grafen und dem waidwunden Hirsch in der Salzquelle[3]).

In Teilen der Haller Altstadt wurden Siedlungsspuren aus der Merowingerzeit nachgewiesen. Fassbare Nachweise einer Siedlung datieren auf die Zeit um 1050. Diese lag wohl um den heutigen Platz Hinter der Post gruppiert und somit im unmittelbarem Umfeld der – sehr viel später wiederentdeckten – keltischen Saline. Einen zweiten Siedlungskern fand man am Keckenhof. Schon damals standen weitere Gebäude am gegenüberliegenden Kocherufer, die heutige Katharinenvorstadt[4].

 
Die Reichsstadt um 1643 nach einer Zeichnung von Leonhard Kern

Alleiniger Grund für die Wiederbesiedlung an diesem Ort im engen, unzugänglichen, landwirtschaftlich kaum nutzbaren und dazu noch schwer zu verteidigendem Talgrund des Kochers war das Salz, was sich auch im Ortsnamen Hall widerspiegelt.

Hall entstand nicht, wie andere Orte, an einem strategisch wichtigen Punkt, einem bedeutenden Verkehrsweg, oder auf einer ursprünglich zur landwirtschaftlichen Nutzung angelegten Rodungsinsel. Sondern der Ort war von Anfang an ein früher Industriestandort, der ausschließlich zur Ausbeutung von Bodenschätzen angelegt wurde und weitgehend von außen mit Gütern versorgt werden musste.

Salz war zu jener Zeit ein seltener, schwer zu beschaffender, aber auch unentbehrlicher und sehr begehrter Rohstoff, den man neben Rauch und Gärung als einziges Mittel zur Haltbarmachung von Lebensmitteln – besonders von Fleisch – damals kannte. Da Salz vor allem an den Küsten gewonnen wurde und der Transport sehr aufwändig war, war Salz besonders im Binnenland äuserst rar und dadurch besonders kostbar und teuer. Bis zur Anlage von Salzbergwerken Anfang des 19. Jahrhunderts, zum bergmännischen Abbau von Steinsalz, galt Kochsalz als weißes Gold.

Die Saline verschaffte darum der Siedlung recht bald einen ansehnlichen Wohlstand und ließ den Ort rasch anwachsen und an Bedeutung gewinnen.

Gründungslegende, oder „Die Sieben Burgen von Hall“

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Nach der Gründungslegende der Stadt waren „Die Sieben Burgen von Hall“ die ersten bedeutenden Bauwerke der mittelalterlichen Siedlung. Sie sollen die Amtssitze der adligen Vorsteher von Ort und Saline samt deren Wohnungen gewesen sein.

 
Die legendären „Sieben Burgen“ Federzeichnung um 1600

Dies waren:

  • die Salzgrafenburg, oder Burg Hall; Sitz des Salzgrafen (inzwischen Standort der Hauptkirche St.Michael).
  • die Schultheißenburg; Sitz des Schultheißen
  • die Münzmeisterburg; Sitz des Münzmeisters
  • die Sulmeisterburg; Sitz des Sulmeisters, dem Aufseher über die Saline.
  • die Feurerburg; Sitz des Feurers, dem Aufseher für das Feuerholz der Saline.
  • die Keßlerburg; Sitz des Keßlers, dem Aufseher über die Schmiede und Pfannen.
  • die Siedersburg; Sitz des Sieders, welcher den Siedknechten vorstand.

Diese Ämter gingen im Laufe der Zeit zu Erb, wurden also von der einen Generation auf die nächste weitervermacht. Aus den ursprünglichen Amtstiteln wurden Familiennamen der jeweiligen Amtsinhaber. Lediglich die früheren Salzgrafen nannten sich, davon abweichend, von Hall[5]. Die Namensträger und Nachkommen dieser Familien galten als die Urgeschlechter des späteren Haller Patriziats und wurden als die „Sieben-Burgen-Geschlechter“ bezeichnet.

Aufstieg zur Stadt

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Da Hall ursprünglich als rein gewerbliche Niederlassung entstanden war, hatte es anfangs keine herrschaftlichen oder kirchlichen Funktionen. Die Herrschaft über das Areal übten, als Nachfolger der Westheimer Gaugrafen, die Grafen von Comburg-Rothenburg mit Sitz auf der Comburg aus.

 
die Comburg

Diese waren auch Grafen von Rothenburg, wo sie ebenfalls eine Burg besaßen. Das Bergregal und damit die Nutzung der Saline lag in der Hand des Königs. Ein Comburgischer Schultheiß stand dem Ort vor. Zudem hatte Hall zu der Zeit keine eigene Pfarrei. Das Gebiet östlich des Kochers gehörte zu Sankt Johann Baptist in Steinbach, der westliche Bereich zur Pfarrei Westheim.

Eine erste urkundliche Ewähnung Halls erfolgte im Öhringer Stiftungsbrief, der auf 1037 datiert wurde, jedoch mutmaßlich eine Fälschung ist, die in Wirklichkeit erst um 1090 verfasst wurde. Aufgrund der wenigen schriftlichen Zeugnisse aus jener Zeit ist anzunehmen, dass die Siedlung im 11. Jahrhundert noch keine überregionale Bedeutung erlangt hatte.

Das änderte sich im 12. Jahrhundert. In ihm erfolgte dann die Entwicklung zur Stadt in mehreren Schritten. Die Grafen von Comburg-Rothenburg hatten ihre Burg um 1090 in ein Kloster umgewandelt und dem Konvent gestiftet, in den ein Bruder des amtierenden Grafen als Mönch eintrat.

Das Grafengeschlecht starb 1116 aus. Sein Besitz und seine Herrschaftsposition ging mitsamt Hall an die Staufer über, die dadurch auch Eigentümer des Bodenschatzes und der Mittelalterlichen Saline wurden. Diese organisierten die übernommenen Rechte neu und die Förderung von Städten war ihnen ein wichtiges Anliegen.

Stauferzeit

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Gerade Hall war für die Staufer von besonderem Interesse. Wegen der geographischen Nähe zu ihrer territorialen Hausmacht im Remstal und zur schwäbisch-fränkischen Grenze war der Ort für sie, neben seiner wirtschaftlichen Bedeutung, auch von politischer Relevanz. Sie machten Hall wärend ihrer Herrschaftszeit zu einer Art staufischer Vorzeigestadt.

Hall erhielt ein Münster – die heutige Kirche St. Michael – dessen Weiheurkunde von 1156 den ersten echten, schriftlichen Beleg über die Existenz des Ortes darstellt. Darin wird auch die Einrichtung eines 14tägigen Jahrmarktes zum Fest des Hl. Michael urkundlich erwähnt. Bald darauf folgte das Recht zur Durchführung weiterer Jahrmärkte.

 
Sulferturm mit gepflasterter Furt

Der Ort wurde mit einer Stadtmauer befestigt. Als Zentren des Handels wurden innerhalb der Befestigung mehrere Marktplätze angelegt: ein Rindermarkt, ein Milchmarkt und ein Fischmarkt. Zusätzlich auch Verkaufsräume für Fleisch, Salz und Brot. Zum Hauptmarkt entwickelte sich der Platz vor der großen Kirche St. Michael. Der Handelsverkehr welcher, bedingt durch den Straßenverlauf, zwangsläufig den Ort durchfahren mußte, wurde durch eine Furt im Kocher in die Stadt geleitet. Dieser einträgliche Flußübergang für Fuhrwerke war durch den Sulferturm, einem Torturm in der staufischen Stadtbefestigung, abgesichert.[6]. Aufgrund der Lage und der damaligen Bedeutung Halls als Königsstadt kann unterstellt werden, dass sie das Stapelrecht mittelalterlicher Städte besaß und dadurch auch vom durchreisenden Fernhandel reichlich profitierte.

Der staufische Kaiser Friedrich I. Barbarossa ließ in Hall eine Reichsmünzstätte gründen und einrichten. Der dort geprägte „Heller“, eine niedrigwertige Silbermünze, fand im Reich große Verbreitung. Die Münze war neben der Saline ein zweiter wichtiger Faktor für den entstehenden Reichtum und den Aufstieg Halls zur Stadt.

Häufig besuchten staufische Herrscher, Herzöge, Könige und Kaiser, persönlich die Stadt und führten auch politische Veranstaltungen in ihr durch. So ließ beispielsweise Heinrich VI. 1190 in Hall einen Hoftag abhalten bei dem, laut Gislebert von Mons, 4000 Fürsten, Edelleute und Ritter zusammengekommen sein sollen.

In einer Urkunde von 1204 wurde Hall das erste Mal als Stadt (lateinisch Civitas) bezeichnet. Mit dieser befreite König Philipp II. das Kloster Adelberg von allen Abgaben für dessen Besitzungen in Hall. Darin sprach Philip von „seiner Stadt“ Hall und von den Bürgern dieser „Stadt“. Auch der Schultheiß als königlicher Aufsichtsbeamter wird in dieser Urkunde erstmals genannt. 1228 stellte ein Schultheiß Heinrich und die gesamte Bürgerschaft (»totaque civium universitas«) eine Urkunde über die Stiftung eines Hospitals aus.

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde Hall also eindeutig als Stadt angesehen und als eine solche bezeichnet. Über die Verleihung des Stadtrechts sind keine historischen Unterlagen erhalten.

Die junge Stadt war noch keineswegs selbstständig, sondern hing vollkommen von den Staufern ab, die sie als Herrschaftsmittelpunkt etablierten und nutzten. Von Hall aus ließen sie ihre Besitzungen im südwestlichen Franken und nordöstlichen Schwaben verwalten.

 
Ein Haller Heller aus Silber (geprägt in Hall im 13. Jahrhundert)

Staufische Ministerialen verwalteten die Stadt und die staufisch Besitzungen. Ihnen waren die wichtigsten Ämter der Stadt – Schultheiß, Sulmeister[7] und Münzmeister – und darüber hinaus die Vogtei für staufisches Land übertagen worden. Dadurch verfügten sie auch über Herrschaftsrechte im Umland. Obwohl ursprünglich Unfreie, assimilierten sie sich, aufgrund ihrer Machtposition, an den niederen Adel, von dem sie bald nicht mehr zu unterscheiden waren. Weitere Einkünfte erzielten sie, wie auch die anderen, adligen Bürger der Stadt, zum großen Teil aus dem Handel; insbesondere dem Weinhandel.

Die staufischen Herren vergaben Anteile (Sieden) der Salzquelle auch an Klöster und Stifte. Die Klöster Elchingen, Denkendorf, Schöntal, Adelberg und Backnang wurden an der Saline als vollwertige Miteigentümer beteilig und damit enger an die Staufer gebunden. Dadurch waren diese kirchlichen Einrichtungen ebenfalls an einer gedeihlichen Entwicklung der Stadt stark interessiert.

Die Bedeutung der Stadt in der Mitte des 13. Jahrhunderts zeigt das Reichssteuerverzeichnis von 1241, in dem gelistet ist, welche Abgaben die Königsstädte des Stauferreichs in diesem Jahr zu entrichten hatten[8].

Die Steuer war in Mark  Silber zu entrichten:

Hall 200 Mark
Frankfurt am Main 250 Mark
Gelnhausen 200 Mark
Hagenau 200 Mark
Basel 200 Mark
Schwäbisch Gmünd 160 Mark
Rothenburg 090 Mark
 
Eine Mark hatte ein Gewicht von 237,5 Gramm Silber und galt als Basisgröße mit einer Unterteilung in 678 Pfennig.

Um 1250 war Hall offenbar ein blühendes Zentrum im Herrschaftsgebiet der Staufer.

Übergangszeit (Interregnum)

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Mit dem Tod des Stauferkaisers Friedrich II. Ende des Jahers 1250 kam es zum schnellen und entgültigen Zerfall und zum Niedergang des staufischen Imperiums. Im Reich begann das Interregnum („Zwischenherrschaft“), das bis zur Wahl des Habsburges Rudolf I. zum römisch-deutschen König im Jahre 1273 anhielt. Dieser Zeitraum war geprägt durch heftige Machtkämpfe um die Herrschaft, um Ansprüche, Stellung und um Territoriern.

(aus WP-Artikel Interregnum übernommen):
Bischöfe und Fürsten versuchten ihre Ansprüche und Territorien zu vergrößern. So unterdrückten sie andere mindermächtige Adelige, bekämpften das städtische Bürgertum und rissen widerrechtlich Reichslehen an sich. Außerdem führten sie Zölle, neue Steuern und sogar Regalien aller Art ein, um ihren persönlichen Reichtum zu vergrößern. Auch der niedere Adel, allen voran das Rittertum, stand den Großen in nichts nach, auch wenn seine Methoden weniger subtil waren. Das Raubrittertum entstand. Niemand konnte dieser Verwilderung des deutschen Adels Einhalt gebieten; die Gerichte und Reichsbehörden waren machtlos, das Faustrecht, das Recht des Stärkeren, setzte sich allgemein durch. Das Heilige Römische Reich war nun ein rechtloser Staat geworden, ohne funktionierende Verwaltung und Kontrolle, in dem der Anarchie Tür und Tor geöffnet wurden.

Der Niedergang der Staufer brachte die Bedeutung und den Wohlstand der Stadt massiv in Gefahr. Ihre Reichsunmittelbarkeit stand auf dem Spiel.

Noch in der Blütezeit der Stauferherrschaft hatte Schenk Walter von Schüpf direkt vor den Toren von Hall eine Burg errichten lassen. Auf einem Bergsporn in unmittelbarer Nähe der Stadt ließ der – durch Einheirat nunmehr auf Bielriet ansässige – Reichsministeriale Walter zwischen 1215 und 1220 eine massive und beeindruckende Wehranlage erstellen: die Burg Limpurg.

 
Ruine der Limpurg

Das Burggelände kam wohl aus Eigengut seiner Frau, einer Edelfreien von Bielriet, die einer Nebenlinie der Grafen von Comburg-Rothenburg entstammte. Nach Fertigstellung dieser Burg nannte er sich Schenk Walter von Limpurg.[9]

Durch sein Amt als Reichserbschenk stand er dem Königshaus sehr nahe und hegte wohl Hoffnung, durch die Platzierung der Burg persönlichen Einfluss auf die Stadt Hall zu gewinnen.

Infolge der Streitigkeiten um die Nachfolge im Staufischen Königshaus hatte die Familie von Schüpf ihre Stammgebiete an Main und Tauber verloren.

Darum versuchte während des Interregnums sein Sohn, Walter von Limpurg II[10], am Kocher ein neues Herrschaftsgebiet für seine Familie mit der Limpurg als Mittelpunkt aufzubauen. Dabei wollte er in erster Linie die reiche Salzstadt unter seine Oberhoheit bekommen, um diese als Zentrum seines Machtbereiches zu nutzen. Seine Ausgangsposition dabei war jedoch schlecht, da die Schenken zu lange im Gefolge der Staufer ausgeharrt hatten.

Die Stadt wehrte sich verbissen gegen die Übernahmeversuche des Schenken und es kam zu mehrfachen militärischen Auseinandersetzungen und Scharmützeln zwischen Hall und den Limpurgern. 1255 folgte ein Stillhalteabkommen, das Limpurg anteilige Zahlungen aus der städtischen Steuer zusicherte. 1260 wurde Schenk Walter II. gar zum kommissarischem Stadtherren und erlangte das Recht, den Schultheißen zu ernennen. Die Bürgerschaft reagierte darauf, indem sie ab 1271 ihre Stadtkanzlei mit eigenem, bürgerlichen Siegel urkunden ließ, nicht mehr mit dem des Schultheißen.

 
König Rudolf I., Darstellung im Dom zu Speyer von Ludwig Schwanthaler

Nachdem aber Rudolf von Habsburg, als Kompromisslösung zwischen den erstarkten, wahlberechtigten Reichsfürsten und dem Papst, 1273 einhellig zum König gewählt worden war, sahen die Haller Räte darin ihre Chance, den gierigen Ritter von der Limpurg los zu werden. Zumal rasch bekannt wurde, dass der neue König massiv bestrebt war, die mehr oder weniger herrenlosen Staufer-Städte wieder für das Reich in Anspruch zu nehmen, um zur Durchsetzung seiner Herrschaftsnasprüche das Reichsgut wiederherzustellen, wie auch zur Wahrung des Landfriedens[11]. In dieser neuen Situation erklärte die Stadt die dem Schenken zugestandenen Kompromisse der vergangenen Jahre für ungültig, da ja größtenteils von ihm erzwungen.

1276 befreite der König sie von „fremden Gerichten“ (»Privilegium de non evocando«). Was bedeutete, dass sowohl Klagen gegen Einwohner Halls von außen als auch Rechtsstreitigkeiten innerhalb nur noch vor einem eigenen Gericht in der Stadt verhandelt werden durften. Dies war eine Vorstufe der Anerkennung als Reichsstadt.

Danach ernannte Rudolf 1280 Gottfried von Hohenlohe zum Schlichter zwischen Hall und Limpurg, um einen sicheren Frieden zwischen den beiden Streithähnen herbei zu führen. Kriegsgefangene wurden ausgetauscht und gegenseitige Wiedergutmachungszahlungen für zerstörtes Gut wurde vereinbart.

Der diesbezügliche Erlass der Königs wurde bekannt als „Wiener Schiedsspruch“[12]. Darin wurden dem Limpurger alle Herrschaftsansprüche über Hall aberkannt und ihm wurden lediglich ein Jagdrecht und Waldbesitz auf Haller Gebiet überlassen.

Hall hatte sich durchgesetzt. Sein neuer Stadtherr war ab 1280 unbestritten wieder der deutsche König, nicht Walter von Limpurg.[13]

Reichsstadt

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Reichswappen unter König Rudolf

Der Anfang

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Die Bezeichnung Reichsstadt etablierte sich in jener Zeit, als König Rudolf die früheren Stauferstädte wieder ins Reichsgut integrierte und damit selbst direktes Oberhaupt dieser Städte wurde, wonach diese also dem Reich unmittelbar und somit keinem anderen weltlichen oder kirchlichen Herrscher unterstellt waren.

Sie waren zu Anfang echte Städte des Reichs. Der König war der Stadtherr und durch ihn wurden hohe Stadtbeamte wie der Schultheiß eingesetzt. Auch Herrschaftsrechte wie Blutbann, Aufgebot, Münzrecht, Stadtsteuer, Judensteuer, Zoll und Umgeld wurden vom Reich direkt beansprucht und standen dem König zu.

Auch für König Rudolf schien Hall von besonderem Interesse gewesen zu sein, denn schon im Sommer 1282 ist ein Aufenthalt des Königs in der nunmehrigen Reischstadt dokumentiert.

Ursprünglicher innerer Aufbau

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Vor der Erhebung Halls zur Reichsstadt war die Verwaltung der Stadt sehr einfach aufgebaut. An ihrer Spitze saß der Schultheiß, dem ein Schöffengericht zur Seite stand.

Rudolf gestattete den Reichsstädten die Ratsverfassung und damit eine gewisse innere Unabhängigkeit. Im 14. Jahrhundert werden dann erstmals Stättmeister und Rat als oberstes Gremium der Stadt (1307) in Haller Urkunden genannt. Ratsmitglieder waren auch die Richter, die einen Teil des Rats stellten. Der Rat ernannte im jährlichen Wechsel die beiden Stättmeister aus seinen eigenen Reihen. Einer der beiden stellte dabei, als „regierender Stättmeister“ das Stadtoberhaupt.

Stättmeister, Richter und Ratsherren kamen ausschließlich aus Familien des Stadtadels, welcher sich aus den Nachkommen der staufischen Ministerialen entwickelt hatte. Diese Familien besaßen Güter auf dem Land, die ihnen zum großen Teil ihr Einkommen sicherten und die später den Grundstock zur Entstehung des Haller Landterritoriums bildeten. Daneben hatte dieser Adel Grundbesitz in der Stadt und besaß Anteile an der Saline. Er besetzte alle städtischen Ämter und vertrat die Interessen der Bürgerschaft nach ausen, also gegenüber dem König, später dann Kaiser und den umliegenden Herrschaften. Zugleich übte er aber auch seinen Herrschaftsanspruch gegenüber allen anderen Einwohnern der Stadt aus. Diese wurden in damaliger Zeit noch nicht Bürger genannt. Die Bezeichnung „Bürger“ blieb in Hall lange ein Titel, den der Stadtadel für sich allein beanspruchte, während alle anderen als „Gemeine“, also Angehörige der Gemeinde, bezeichnet wurden.

Entwicklung als Reichsstadt

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Die Altstadt im Mittelalter (Ausschnitt aus einem Gemälde des Haller Malers Hans Schreyer)

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts war die Haupterwerbsquelle, und damit die Basis des Reichtums und der Bedeutung der Stadt, nach wie vor das Salz. Hall war als Salzerzeuger konkurrenzlos. Die nächsten Salinen mit nennenswerter Salzproduktion waren weit entfernt: Salinen im lothringischen Salzgau, oder die Salzquellen im nordöstlichen Alpenraum. Die begrenzte Transportierbarkeit von Salz bescherte den Hallern eine einzigartige Sonderstellung in der Region.

Schon in der späten Stauferzeit war das Salzregal, also das Königsrecht an der Saline, zum großen Teil als Lehen vergeben worden. Der königliche Besitz am Bodenschatz war zersplittert. Das Eigentum am Haalbrunnen war in Anteile, sogenammte „Sieden“ aufgeteilt.

Um 1300 bestanden folgende Besitzverhältnisse:

Besitzer Siedenseigentum
König 5 Pfannen (=Sieden), 5 Eimer
Kirche (Klöster, Orden, Stifte) ca. 20 Sieden
Altar in St. Katharina 1 Sieden
Spital 5 Pfannen (Sieden), weniger 5 Eimer
„Gemeine“ Einwohner 17,5 Sieden
Stadtadel (früherere staufische Ministeriale) ca. 55 Sieden

Die Bewohner der Stadt besaßen also bereits um 1300 rund 70 % der Siederechte.

Im Jahr 1306 (oder 1316) wurde mit dem Hauptgrundvertrag, einer Auflistung von Siedeberechtigten mit ihren Anteilen, die Anzahl der Siederechte für rund 500 Jahre auf 111 Sieden beschränkt.

Der Löwenanteil bürgerlicher Besitzrechte lag damals in den Händen des Stadtadels. Daraus resultierte zum Einen eine sehr große wirtschaftliche Unabhängigkeit der Stadt vom Königshaus und vom Reich. Zum anderen aber auch der absolute Obrigkeitsanspruch des regierenden Stadtadels gegenüber den übrigen Einwohnern.

Dies führte jedoch bald zu innerern Spannungen und Zerwürfnissen. Es kam innerhalb der Stadt und den Bewohnern untereinander zur

Haller Zwietracht

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Hall war Anfang des 14. Jahrhunderts zu einer – für mittelalterliche Verhältnisse – recht großen Stadt herangewachsen und hatte als Zeichen ihrer Bedeutung ihre Stadtbefestigungen erheblich vergrößert. Die Stadt dürfte Schätzungen zufolge damals schon zwischen 4.000 und 5.000 Einwohner gezählt haben. Diese hatten sich in genossenschaftlichen Berufsgruppen organisiert und verlangten mit der Zeit einen Anteil an der Macht. Denn zur Regelung und Durchsetzung ihrer Belange benötigten sie die Verwaltungseinrichtungen der Stadt. Deren Amtsträger handelten aber überwiegend in ihrem eigenen Interesse, ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der „Gemeinen“.

Im Laufe der 1330er Jahre eskalierte der latente Konflikt wohl zu einem handfesten Streit. Die Stadt mußte um Hilfe beim Reich ersuchen, um den ausufernden Händel zu schlichten. 1340 entsandte Kaiser Ludwig der Bayer eine Kommission nach Hall, mit dem Auftrag den Verfassungsstreit beizulegen. Die kaiserliche Kommission erließ eine Generalamnestie als Grundlage für einen Neuanfang. Vereinigungen und Zusammenschließungen der während der Zwietracht entstandenen gegnerischen Lager wurden aufgelöst und deren Beschlüsse aufgehoben.

Verfassungsurkunde Kaiser Ludwigs von 1340

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Gemäß der neuen, von der Kommission ausgehandelten, Ratsverfassung mußte der regierende Stadtadel nun einen Teil der Herrschaft an die nichtadligen Einwohner abtreten. Ab jetzt gab es auch „Bürger“ die nicht dem innerstädtischen Adel abstammten.

Der Rat, das wichtigste und oberste Gremium der Stadt mit dem Stättmeister an seiner Spitze, war ab nun folgendermaßen zu besetzen:

  • Der Rat besteht aus 26 Ratsherren
    • 12 Adlige,
    • 06 „Mittelbürger“
    • 08 Handwerker

Mittelbürger waren reiche, nichtadlige Einwohner der Stadt, die vom Handel oder von ihrem Grundbesitz leben konnten. Sie sind wohl am ehesten vergleichbar mit den nichtadligen Patriziern anderer Städte, oder der Württembergischen Ehrbarkeit.

Die zwölf adligen Ratsherren fungierten zusätzlich als Richter. Diese zwölf Richter bildeten den regierenden Ausschuß des Rates. Der Stättmeister als Vorsitzender war jährlich (im Sommer zu Jakobi) durch den Rat aus seinen Reihen neu zu wählen. An diesem Tag wurden auch neue Ratsmitglieder durch den Rat selbst in dieses Amt berufen. Der Rat hatte das Recht, Mitglieder zu entlassen und nachzuwählen. Die Einwohner hatten kein Wahlrecht und Zünfte oder andere Vereinigungen hatten kein Vorschlagsrecht. Ratsmitglieder durften keine Lohnempfänger sein.

Die Verfassungsurkunde Kaiser Ludwigs von 1340 behielt dann für Hall weitgehend ihre Gültigkeit bis zum Ende der Reichsstadt 1802.

Machtzuwachs des Magistrats

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Grundlage der Gerichtsbarkeit Halls war das »Privilegium de non evocando« von 1276 durch König Rudolf von Habsburg.

Schon 1339 hatte die Stadt durch eine Urkunde Kaiser Ludwigs das Recht erhalten, auf ihrem Gebiet die Errichtung neuer und den Wiederaufbau schon zerstörter, alter Burgen zu verhindern.

1348 erhielt der Rat durch den König und späterem Kaiser Karl IV. die Bestätigung der Reichsunmittelbarkeit und die Zusage, die Stadt weder zu verpfänden, noch zu verkaufen.

1352 erfolgte die erstmalige Erwähnung einer Landwehr um Hällisches Territorium.

1382 wurde das Reichsschultheißenamt an die Stadt verpfändet, so dass der Magistrat den Stadtschultheißen des Reichs selbst einsetzte, und dieser damit de facto dem Rat unterstellt war.

1387 wiederholte König Wenzel die Bestätigung der Reichunmittelbarkeit, ebenso wie die Zusage die Stadt nicht als Pfand zu geben oder sie zu verkaufen.

1396 verlieh König Wenzel der Stadt das Recht, eigene Münzen zu prägen.

1429 erhielt die Reichsstadt Hall die Blutgerichtsbarkeit; verliehen durch den König und späterem Kaiser Sigismund

1516 erwarb der Rat gar das Recht, Gesetze, Statuten und Satzungen zu erlassen. Damit wurde Hall endgültig zum vollkommen eigenständigen und souveränen Staat innerhalb der Heiligen Römischen Reichs.

Entsprechend der Bedeutungszunahme des Magistrats im 14. und 15. Jahrhundert wurde das Gremium auch personell vergrößert. Der ursprüngliche Rat, der die Stadtregierung bildete, war um ein zusätzliches Gremium ergänzt worden. Dieser erweiterte Rat wurde als Äuserer, oder Gemeiner Rat benannt und hatte 34 Sitze, während der althergebrachte, regierende Rat mit seinen 26, ständisch gegliederten Ratsherren, nun als Innerer Rat bezeichnet wurde. Der Äusere Rat hatte beratende Funktion und diente der Meinungsfindung. Des weiteren bildete er das Nachrücker-Reservoir für den Inneren Rat.

Der Magistrat blieb bis zum Ende der Reichsstadtzeit das Obergericht, das jederzeit alle Angelegenheiten an sich ziehen konnte.

Bebenburger Fehde

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Die nach dem bischöflich würzburgischen Stiftshauptmann Conrad genannt Kunz von Bebenburg benannte Bebenburger Fehde, war genau genommen die Eskalation jahrzehntelang vorangegangener, anhaltender Streitigkeiten des Haller Rats mit dem Fürstbistum Würzburg um Macht und Herrschaftsrechte im Umland von Hall.

 
Überrest der Bebenburg

Bei dieser Fehde, die 1435 ausgebrochen war, standen sich der Würzburger Bischof und die Reichsstadt Hall zusammen mit den ihr verbündeten Städten gegenüber.

Direkter Auslöser dieses lang andauernden Fehdekriegs war die Besetzung einer Pfarrerstelle in Reinsberg bei Wolpertshausen. Ein Haller Bürgersohn, der dort Pfarrer werden wollte, hatte seinen Gegenkandidaten überfallen und ertränkt, als der nicht auf den Posten zugunsten des Hallers verzichten wollte. Als Reaktion darauf entsandte der Bischof seinen Vasallen, den Bebenburger Ritter, mit einer kleinen Streitmacht nach Reinsberg, um die Täter zu bestrafen, weil das Haller Gericht jegliche Verantwortung abgelehnt hatte. Die Haller nahmen jedoch die gegnerischen Reiter gefangen und ließen – unter Berufung auf ihre Kaiserlichen Privilegien – diese als Friedensbrecher verurteilen und aufhängen. Dafür wurde dann im Gegenzug aber Hall vor dem Landgericht in Würzburg verurteilt. Die Stadt erkannte ihrerseits das Urteil nicht an.
Darauf sammelte Kunz von Bebenburg adelige Bundesgenossen gegen die Städte und eröffnete gegen sie eine ganze Reihe einzelner Fehden, welche bis 1446 andauerten.

Im Zusammenhang mit diesem Konflikt verlor 1440 die mit Hall verbündete Stadt Weinsberg den ihr erst wenige Jahre zuvor zuerkannten Status einer ungeteilten Reichsstadt wieder und geriet endgültig unter adelige Herrschaft.

Hall jedoch konnte durch diesen Krieg sein Territorium erheblich vergrößern; es brachte im Verlauf des Konflikts das Amt Honhardt endgültig unter seine Herrschaft und konnte es bis zum Ende seiner Reichsstadtzeit halten.

Name: Hall vs Schwäbisch Hall

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Die Stadt wird in alten Urkunden nur „Hall“ genannt, oder wurde als Hall am Kocher bezeichnet. Der Name bezieht sich auf die Salzgewinnung durch das Salzsieden. Der Ort gehörte anfangs nicht zum frühmittelalterlichen Herzogtum Schwaben, sondern zum Herzogtum Franken.

Die dauerhafte Benennung als „Schwäbisch“ Hall hatte ihre Ursache in den heftigen Konflikten welche die Reichsstadt im 14. und 15. Jahrhundert mit dem, für den Bereich des früheren Herzogtums Ostfranken zuständigen, Landgericht Würzburg austrug.

Weil Hall ab dem 12. Jahrhundert zum Herrschaftsbereich der Staufer gehört hatte und somit zum Herzogtum Schwaben, erklärte der Rat im Jahr 1442, die Stadt heiße Schwäbisch Hall und liege auf schwäbischem Erdreich, also außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Würzburger Gerichts.

1489 erfolgte ein formeller Beschluss des Rates, die Stadt in allen offiziellen Schreiben als Schwäbisch Hall (lateinisch Hala Suevorum) zu benennen. Konsequenterweise schloss sich Schwäbisch Hall 1495 dem Schwäbischen Reichskreis an, obwohl die meisten Herrschaftsgebiete in der Nachbarschaft dem Fränkischen Reichskreis angehörten.

Bis zum Ende der Reichsstadt wurde nun von ihr dieser Name geführt. Als die Stadt 1802 an Württemberg gelangte, wurde der Zusatz „Schwäbisch“ offiziell wieder aus dem Stadtnamen getilgt. Bis 1806 hatte Hall den amtlichen Zusatz „am Kocher“.

Städtekrieg

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Schon kurz nach Beilegung der Bebenburger Fehde wurde Hall, in seiner Eigenschaft als Reichsstadt, in den Markgrafenkrieg hineingezogen, auch bekannt als „Zweiter Süddeutscher Städtekrieg“.

 
Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach

Dieser Krieg, der den ganzen Süddeutschen Raum in Mitleidenschaft zog und der 1449 begann, hatte sich an einem Konflikt zwischen der Reichsstadt Nürnberg und dem Markgrafen von Brandenburg-Ansbach entzündet. Nürnberg holte sich Unterstützung und Beistand bei anderen, ihr benachbarten Reichsstädten, die sich in einem Städtebündnis zur gegenseitigen Hilfeleistung verpflichtet hatten. Der Markgraf wiederum mobilisierte umliegende adlige Herrscherhäuser und Territorialherren. Diese sahen in dem sich anbahnenden Krieg eine willkommene Möglichkeit das ihnen verhasste reichsstädtische Bürgertum auszuschalten und damit die reichen, unabhängigen Städte selbst in ihren Besitz zu bringen und unter ihre Herrschaft zu zwingen. Dadurch entwickelte sich ein Bündnis aus 31 Reichsstädten die sich gegen ein Bündnis aus oberdeutschen Fürsten zur Wehr setzen mußten, um ihre Reichsunmittelbarkeit gegen den Hochadel zu verteidigen.

Für die Reichsstadt Hall bedeutet dieser Krieg hohe Verluste in der Landbevölkerung, neben systematisch verwüsteten Landstrichen und zerstörten oder niedergebrannten Dörfern in ihrem Territorium.

Ein endgültiger Friedensschluss erfolgte erst 1453.

Große Haller Zwietracht

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(In manchen Puplikationen und in der Stadtchronik der Stadt Schwäbisch Hall wird diese auch als „dritte Zwietracht“ bezeichnet[14]. Diese Einordnung bezieht sich auf einen Vorfall im frühen 14. Jahrhundert, einem Streit um die Kellerhälse[15] zwischen Hausbesitzern im unteren Bereich der Siedlung und der Stadt, infolge der Anhebung des Straßenniveaus nach einem Hochwasser. Dieser Konflikt wird oftmals als Erste Zwietracht[16] genannt, indessen andere Quellen nur die beiden großen politischen Auseinandersetzungen während der Reichsstadtzeit als „Erste“ und „Zweite“ Zwietracht benennen.)

Hall war gegen Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts eine sehr reiche Stadt geworden. Ihre Einwohner versteuerten im Jahr 1450 schon 420.000 Gulden an Privatvermögen, knapp hundert Jahre später, 1545 um die 500.000 Gulden – mehr als Esslingen, Heilbronn, oder Stuttgart.

 
Statue am Büschlerhaus die wahrscheinlich Büschler darstellt (Stattwappen, Amtskette, Willkommensgeste)

Viele Haller Familien hatten es inzwischen zu ansehnlichem Wohlstand gebracht und sich eine gutbürgerliche Existenz aufgebaut. Jedoch wurde die Stadt nach wie vor durch den Stadtadel dominiert und regelementiert, obwohl mittlerweile schon eine stattliche Anzahl nichtadliger Bürgerfamilien über deutlich mehr Wirtschaftskraft verfügte als der Adel. Die Unzufriedenheit der Einwohner über die ungleiche Verteilung der Macht wuchs deshalb zunehmend. Gegen Ende der 1490er Jahre vesuchte dann gar der Rat den Einfluss des Adels zu reduzieren und die Adelsfamilien aus der Stadt zu drängen. Die Privilegien und Sonderrechte der dominierenden, adligen Oberschicht wurden beschnitten und manchen Adligen seitens der Stadt sogar ihr städtischer Besitz entzogen.

1508 wurde dann erstmalig ein nichtadliges Ratsmitglied zum Stättmeister ernannt: Hermann Büschler.

Die Adelsfamilien, die schon im Verlauf des 15. Jahrhunderts damit begonnen hatten ihre Sonderstellung innerhalb der Stadt durch besondere Exklusivität herauszustellen, reagierten auf die Wahl Büschlers durch die Einrichtung eines Adelsclubs, einer Trinkstube, in der nur Ratsmitglieder Zutritt hatten, die aus ihren Kreisen stammten. Nichtadligen Räten wurde der Zutritt verwehrt. Diese Maßnahme sollte dazu beitragen, die wirtschaftlich unter Druck geratenen Positionen des Stadtadels sozial und politisch wiederherzustellen und abzusichern.

Büschler verlangte, in seiner Funktion als amtierendes Stadtoberhaupt, nun auch Aufnahme in diesen „erlauchten“ Kreis, was ihm aber sofort verwehrt wurde, da er ja nicht dem Adel angehörte. Der neue Stättmeister nahm diese Abfuhr jedoch nicht widerstandslos hin, sondern reagierte auf diese Schmähung durch die Gründung eines eigenen Clubs für nichtadelige Räte und ließ in unmittelbare Nähe der „Adelstrinkstube“ eine „Bürgertrinkstube“ einrichten, in der sich nun die bürgerlichen Räte nach den Sitzungen versammeln konnten.

Die Adelsfraktion empfand das als ungeheuerliche Provokation und trug den innerstädischen Konflikt nach außen. Einer ihrer Wortführer, das Ratsmitglied Rudolf Nagel, ein Abgeordneter für die Reichsstadt Hall auf der Schwäbischen Städtebank im Reichstag, erhob Klage gegen Büschler beim Schwäbischen Bund. Der Bund entsandte eine Abordnung nach Hall, der die Anklagepunkte gegen Büschler öffentlich vorgetragen wurden: Benachteiligung des Adels, Vernachlässigung der Interessen von Stadt und Spital, schlechtes Wirtschaften mit den städtischen Finanzen. Büschler wurde eine Stellungnahme zu den Vorwürfen verweigert, worauf er, um Leib und Leben fürchtend, aus der Stadt floh. Er ging in der Reichsstadt Wimpfen am Berg ins Asyl.

Nach der Flucht Büschlers präsentierten die Bundeskommissare den Stadtoberen einen neuen Verfassungsentwurf, der von den verunsicherten Räten auch angenommen und obendrein vom Kaiser abgesegnet wurde. Stättmeister durfte nur noch Angehörige der Stadtadels werden. Drei von fünf Geheimen Räten, sieben von zwölf Richtern und zwölf von 26 Ratsherren mussten zukünftig wieder Adlige sein.

Der Adel hatte, mit Hilfe von außen, einen Staatsstreich durchgeführt. Der Machtzuwachs nichtadliger Einwohner, den diese im Lauf des 15. Jahrhunderts erlangt hatten, wurde eliminiert und rückgängig gemacht.

Der vertriebene Exmagistrat Büschler nahm das aber so nicht hin, sondern intervenierte massiv dagegen. In einer spektakulären Aktion trat er direkt vor den Kaiser und überreichte ihm persönlich eine Bittschrift. Dazu trug er ein einen Strick um den Hals und hatte sich ein Rad umgehängt. Auf dem Kopf ein Aschekreuz und in der einen Hand ein Schwert, in der anderen das an den Kaiser gerichtete Schreiben. Dadurch kam wieder Bewegung in die Sache und der Kaiser entsandte 1512 eine von ihm eingesetzte Kommision nach Hall, um die Angelegenheit zu regeln und den hällischen Verfassungsstreit zu schlichten.

Ende Oktober des Jahres verkündetet das Schiedsgericht öffentlich seinen Beschluss auf dem Haller Marktplatz: die Adelsverfassung von 1510 wurde aufgehoben, die alte Verfassung des Kaisers Ludwig von 1340 trat wieder in Kraft. Die Vorherrschaft des Adels in Hall war damit endgültig gebrochen. Büschler kehrte wieder nach Hall zurück, wurde wieder in den Rat berufen und war von da an der maßgebliche Politiker der Reichsstadt, bis zu seinem Rückzug aus dem Rat 1527.

Hall wurde von nun an zunehmend vom „gemeinen“ Bürgetum regiert. Ein Teil der Adelsfamilien verließ nach der großen Zwietracht für immer die Stadt.

Reformation – Bauernkrieg – Konfessionskonflikte

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Der Reformator

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Halls Reformator: Johannes Brenz

1522 verpflichtete der Haller Rat den jungen schwäbischen Theologen Johannes Brenz als Prediger für die dem Rat unterstellte Hauptkirche St. Michael. Es dürfte dem Rat bei dieser Anstellung schon bekannt gewesen sein, dass der junge Pastor den Lehren Luthers und der Idee der Reformation anhing. Was die verantwortlichen Räte dazu bewogen hat, einen Pfarrer anzustellen, welcher der neuen Lehre zuneigte, ist nicht überliefert.

Brenz begann ab 1523 behutsam mit der Umsetzung der Reformation, indem er anfing, gegen die Heiligenverehrung zu predigen und seine Gottesdienste auf deutsch und nicht mehr in Latein abzuhalten. Schon 1524 wurde, in Folge seiner reformatorischen Bemühungen, das Franziskanerkloster am Markt (heutiges Rathaus) vom dortigen Konvent aufgegeben und an den Rat übergeben.

Bauernkrieg

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1525 überschattete der Bauernkrieg die beginnende Reformation in Hall.

Anfang April des Jahres erfasste der in den umliegenden Herrschafften schon aufgeflammte Bauernaufstand auch das Landgebiet der Reichsstadt. Angesichts der überall ringsum ausgebrochenen heftigen Kampfhandlungen und Plünderungen durch aufgebrachte und marodierende Bauernhaufen schickte der Haller Rat Abordnungen in die Dörfer seines Landgebiets, um die Einwohner zu beruhigen. Diese Delegationen boten den Dörflern an, ihnen die gleichen Konzessionen zu gewähren, wie sie die Aufständischen in benachbarten Herrschaften schon durchgesetzt hatten. Doch die Stimmung innerhalb der bäuerlichen Bevölkerung war schon so aufgestachelt, dass es in Reinsberg zu offenem Widerspruch und zu handgreiflichen Auseinandersetzungen mit den Delegierten kam.

Am anderen Tag, dem 2. April 1525, bildete sich in der Braunsbacher Mühle eine erste Keimzelle eines Bauernheers. Der Aufruhr verbreitete sich außerordentlich schnell. Überall auf Haller Gebiet bildeten sich neue Bauernhaufen, schlossen sich zusammen und plünderten Pfarrhäuser und Hällische Amtshäuser.

Das Bauernheer wuchs rasch auf 3000 bis 4000 Mann an. Am 4. April waren die meuternden Bauern über Gailenkirchen in den Rosengarten gezogen und hatten die dortigen Haller Untertanen für ihre Sache mobilisiert. Angesichts der riesigen Mannschaftstärke beschlossen ihre Anführer, die Stadt selbst direkt anzugreifen und zu überrennen. Dazu versammelte sich das siegessichere Bauernheer bei Gottwollshausen, um über die Gottwollshäuser Steige, von oben kommend, Hall zu erobern.

 
Die Schlacht von Gottwollshausen kolorierte Federzeichnung aus einer Haller Chronik um 1600

Der Rat hatte sich dazu entschlossen, die Stadt militärisch zu verteidigen, und hatte eiligst ein Gegenheer aufgestellt, nach Gottwollhausen geschickt und oberhalb der Steige positioniert. Diese Truppe war zwar nur ca. 400 bis 500 Mann stark, also rein zahlenmäßig den Bauern hoffnungslos unterlegen. Jedoch waren die hällischen Soldaten bestens militärisch ausgebildet und gerüstet, im Gegensatz zu den angreifenden Bauern. Der Kommandant des Haller Militärs ließ Kanonenschüsse auf das Bauernheer abfeuern, ungezielte Blindschüsse zwar nur, aber dieser Einsatz schwerer Geschütze versetzte die Bauern in Panik und sie liefen verängstigt auseinander. Der Bauernangriff löste sich in Kürze in nichts auf. Hall hatte den Bauernaufstand dadurch abgewehrt und den Bauernkrieg für die Stadt damit beendet.

Einige der aufständischen, hällischen Bauern schlossen sich danach noch benachbarten Bauernhaufen in angrenzenden Herrschaftsgebieten an – insbesondere im Odenwald und im limpurgischen Gebiet um Gaildorf – und beteiligten sich an den dortigen Aufständen.

In Hall wurde, nach der endgültigen Niederschlagung aller Aufstände und der Beilegung des Bauernkrieges, Strafgericht gehalten, auch über Aufständische aus Nachbarterritorien. Es wurden acht Hinrichtungen und acht Verstümmelungen durchgeführt, sowie neunzehn Haftstrafen verhängt. Hinzu kamen hohe Bußgelder. Alle Bauern mußten eine Strafsteuer von sechs Gulden bezahlen.

Der Reformator Johannes Brenz protestierte vergeblich gegen diese Bestrafungen.

Fortgang und Vollendung der Reformation

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Innerhalb der Stadt wurde die Umsetzung der Reformation durch Brenz konsequent vorangetrieben.

1526/27 verfasste er den Entwurf einer evangelischen Kirchenordnung: Er machte darin detaillierte Vorschläge wie in Zukunft Gottestdienste zu gestalten seien und in deutscher Sprache zu halten wären. Priester, die beim alten Glauben bleiben wollten, solle man nicht entlassen, sondern ihnen weiter ihren Sold gewähren und sie auf ihren Pfründen belassen, sie jedoch keine katholischen Messen mehr abhalten lassen. Des weiteren forderte er in diesem Entwurf eine allgemeine Schulpflicht für alle Kinder, ob in der Stadt oder auf dem Land. Er machte deutlich, wie wichtig die Bildung aller Schichten und Stände, auch der Landbevölkerung, für eine gedeihliche Entwicklung des Gemeinwesens sein würde.

Zu Weihnachten 1526 feierte er in seiner Kirche St. Michael das erste evangelische Abendmahl in Hall. Kurz darauf wurde in St. Michael und in der – ebenfalls dem Rat unterstellten Kirche St. Katherina am anderen Kocherufer – die Messe abgeschafft.

Aus Rücksicht auf katholisch gebliebene Bevölkerungsreste und inbesondere aus Rücksicht auf die in Hall ansäsige Johanniter-Kommende, erlaubte der Rat jedoch in der Marienkirche am Schuppach und in der Johanniterkirche St. Johann in der Weilervorstadt noch bis 1534 das Abhalten katholischer Messen.

 
Weilervorstadt mit Johanniterkloster (links) und Johanniterkirche (Mitte)

Insgasamt beteiligte sich der Rat nur recht zögerlich an der von Brenz vehement vorangetriebenen Durchsetzung der Reformation in Hall. So hatte er sich beispielsweise der Protestation evangelischer Reichsstände auf dem Reichstag zu Speyer von 1529 nicht angeschlossen. Das mit dem Hinweis, Hall sei ja schon bisher in so hohem Maße evangelisch geprägt, dass weitere Veränderungen für die Stadt verzichtbar seien. Diese Zurückhaltung resultierte wohl in erster Linie aus der Rücksichtnahme des Rates auf den katholischen Kaiser Karl V. und aus der Sorge um die Reichsunmittelbarkeit der Stadt, die ja direkt vom Kaiser abhing.

Dennoch setzte Brenz die Schließung der verbliebenen katholischen Kirchen St. Maria am Schuppach und St. Johann im Weiler, im Jahr 1534 durch.

Auf sein Drängen trat die Reichsstadt Hall 1538 dem Schmalkaldischen Bund bei, einem Zusammenschluss evangelischer Reichsstände, welche die Reformation in ihrem Herrschaftsgebiet eingeführt hatten. Es war ein Bündnis gegen die Rekatholisierungsversuche durch das Reich und den Kaiser.

1543 erschien dann letztendlich eine gedruckte, für Stadt und Land verbindliche „Haller Kirchenordnung“ von Johannes Brenz. Diese behielt Gültigkeit für Hall und sein Umland bis zum Ende der Reichsstadt.

Damit war die Reformation in der Reichsstadt Hall und ihrem Territorium abgeschlossen.

Schmalkaldischer Krieg

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Gegründet auf das Eigenverständis seines Kaisertums als Gottesgnadentum und die daraus resultiernde Angst, bei einer Spaltung der Kirche seine Legitimation als Herrscher des „Heiligen“ Römischen Reiches zu verlieren, bekämpfte Kaiser Karl V. die Reformation, wo er nur konnte. Er versuchte sie im gesamten Reich zurückzudrängen oder gar vollständig rückgängig zu machen. Da er zugleich König von Spanien war, nutzte er ein ab 1542 im Schmalkaldischen Bund eingetretenes Zerwürfniss, um mit Hilfe Spanischer Soldaten gegen den Schmalkaldischen Bund und seine „Irrlehre“ vorzugehen.

Daraus entwickelte sich 1546 der Schmalkaldische Krieg, in welchem der Kaiser den Bund bekämpfte mit dem Ziel, die Reformation rückgängig zu machen.

 
Kaiser Karl V. im Schmalkaldischen Krieg. Gemälde von Tizian

Ende des Jahres 1546 konnte die kaiserliche Allianz diesen Krieg für sich entscheiden. Die protestantischen Reichsstädte kapitulierten und mußten herbe Demütigungen und hohe Strafzahlungen erdulden.

Am 16. Dezember 1546 zog Kaiser Karl V. persönlich in Hall ein und wurde dabei von 20.000 spanischen Soldaten begleitet. Den Fußfall der Ratsherren nahm der Herrscher nicht an. Er verlangte jedoch von den Hallern mehrere Zehntausend Gulden Kriegskontribution und die Quartierkosten des kaiserlichen Heers. Diese enormen Summen wurden von der Stadt Hall durch drastische Erhöhung von Steuern und Abgaben aufgebracht.

Während des Aufenthalts des Kaisers drangsalierte sein riesiges, spanisches Begleitheer die Bevölkerung und schleppte Seuchen ein, die zahlreiche Todesopfer zur Folge hatten. Johannes Brenz war beim Einzug des Kaisers vor einer drohenden Verhaftung aus Hall geflohen, kehrte aber nach dem Abrücken der Truppe wieder in die Stadt zurück.

Im Mai 1548 verhängte der Kaiser per Reichsgesetz das Augsburger Interim über die besiegten, der Reformation zugewandten Gebiete. Dieses Gesetz sollte die kirchlichen Verhältnisse in den konfessionell abgefallenen Reichsstädten und Herrschaften regeln, bis ein kirchliches Konzil über die Wiedereingliederung der Protestanten in die katholische Kirche entschieden hätte.

Johannes Brenz und Teile des Haller Rats widersetzten sich heftig dem neuen Kirchengesetz. Darauf ließ der Kaiser spanische Truppen in Richtung Hall in Marsch setzen, was den Widerstandswillen der Stadt rasch zum Erliegen brachte.

Brenz flüchtete abermals Hals über Kopf vor den anrückenden Spaniern und verließ nun endgültig und ohne Wiederkehr die Stadt. Er fand über mehrere Stationen schließlich Aufnahme im Herzogtum Württemberg. Später führte er dort, unter Herzog Christoph, die von dessen Vater Herzog Ulrich im Hezogtum eingeführte Reformation flächendeckend für ganz Württemberg durch und wurde damit zum Reformator das Landes.

Nach Brenz` Flucht und der erneuten Besetzung der Stadt durch spanische Truppen wurde das Interim auch in Hall eingeführt. In der Brenz-Kirche St. Michael wurde wieder die katholische Messe gelesen. Pfarrern, die das Interim verweigerten, wurden ihre Pfarreien entzogen, sie wurden entlassen und durch Interimspriester ersetzt.

Hasenrat

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Kaiser Karl V. sah die in vielen Städten geltenden Zunftverfassungen als Hauptauslöser für die Ausbreitung der Reformation in den Reichsstädten an. Darum zerschlug er die auf den Zunftordnungen aufbauenden, sehr liberalen Ratsverfassungen der einflußreichen Reichsstädte Ulm und Augsburg und ersetzte den jeweilgen Magistrat durch ihm genehme Räte. Diese kamen allesamt aus dem katholisch gebliebenen, eingesessenen Stadtadel.

Nach dieser neuen Ratverfassung gab es nun in den betroffenen Städten einen „Kleinen“ oder auch „Geheimen“ Rat, der die Stadtregierung bildetet und eng an den Kaiser gebunden war. Er bestand aus auf Lebenszeit bestellten adligen Patriziern, auf die die politische Macht konzentriet war. Der „Große Rat“, in dem die Bürger, in Ulm und Augsburg auch die Zünfte vertreten waren, wurde personell stark reduziert und geriet ins Abseits, Zünfte wurden mitunter sogar aufgelöst.

Der kaiserliche Rat Dr. Heinrich Has (oder auch Haas) führte daraufhin im Auftrag des Kaisers 1551/1552 in zwanzig weiteren Reichsstädten diese Art der Ratsverfassung ein.[17] Nach Heinrich Has nannte man den politisch wirksamen Rat auch Hasenrat.

Diese „Hasenräte“ bestimmten fortan in den meisten Reichsstädten das politische Geschehen während der nächsten Jahrhunderte, mitunter sogar bis zum Ende des alten Reichs.

Im Februar 1552 wurde darum auf kaiserlichen Druck auch die Haller Verfassung verändert:

  • 17 Ratsherren statt 26 im bisher „Inneren“ - jetzt „Kleinen“ Rat
  • 15 Mitglieder statt 34 im bisher „Äuseren“ - jetzt „Großen“ Rat
  • 03 Stättmeister statt bisher 2 sollten sich im Amt abwechseln

Die neue, von Has entworfenen Verfassung begünstigte katholische Stadtadlige und sollte die Städte in kaiserlichem Sinn beeinflussen.

Rückkehr zur Ludwigsverfassung

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Allegorie Augsburger Frieden 1555

In Hall griff dieser Plan jedoch nicht. Als direkte Folge der großen Zwietracht gab es für ein solches Vorhaben nicht mehr genügend Haller Stadtadlige und nur noch wenige Katholiken. Die Brenzsche Reformation hatte gründliche Wirkung gezeigt. - Im Rat behielten weiterhin die seit 1512 aufgestiegenen bürgerlichen Familien die Oberhand. Diese neue Haller Oberschicht aus Kaufleuten, Handwerkern und sogar Salzsiedern war mittlerweile überwiegend protestantisch sozialisiert.

Obwohl das Interim, als Folge des Fürstenaufstandes mit dem Augsburger Religionsfrieden, schon 1555 de jure wieder abgeschafft worden war, zögerte der nur äuserlich wie ein Hasenrat scheinende, jedoch bürgerlich-evangelische Haller Rat mit dessen Abschaffung. Hauptsächlich aus Sorge um ihre Reichsunmittelbarkeit behielten die Ratsherren das Interim zunächst noch weitgehend bei. Erst nach Karls Abdankung 1556 und der Ernennung seines Bruders, des reformationsfreundlicheren König Ferdinand zum römisch-deutschen Kaiser im Jahr 1558, wurde in Hall die Messe endgültig abgeschafft und die evangelische Haller Kirchenordnung von Johannes Brenz wieder eingeführt. Damit war das Interim für Hall endgültig beendet.

Noch im selben Jahr reiste eine Gesandtschaft des Rates zum neuen Kaiser, um bei diesem um eine erneute Revision der Haller Verfassung nachzusuchen. Im Jahr darauf, 1559, gestatte Kaiser Ferdinand I. den Hallern die weitgehende Wiedereinführung der Verfassung Kaiser Ludwigs von 1340 und somit das Ende des „Hasenrats“ in Hall. Letzte Reste der Has'schen Verfassung wurden 1562 aufgehoben.

Hall hatte seine eigene, hallspezifische Ratsverfassung wieder. Die alten Verhältnisse wurden weitgehend wiederhergestellt. Die einzige nennenswerte Veränderung war die Verminderung der regierenden Ratsherren von ursprünglich 26 auf jetzt 24 Räte.

Dreißigjähriger Krieg

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Vorgeschichte

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Mit dem Augsburger Religionsfrieden waren aber die konfessionellen Spannungen innerhalb des Reichs keineswegs beendet. Im Gegenteil, in der zweiten Hälfte des 16. und im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts drifteten die gegensätzlichen Lager immer weiter auseinander und es kam vermehrt zu Konflikten und auch einzelnen militärischen Auseinadersetzungen zwischen evangelischen und den katholisch gebliebenen Reichsständen.

Nachdem sich das habsburgichsche Kaiserhaus offen auf die katholischen Seite gestellt hatte, indem es zum Beispiel dem bayrischen Herzog Max die Annexion der Reichsstadt Donauwörth ermöglichte, forderten die Protestanten auf dem Reichstag zu Regensburg 1608 eine formelle Bestätigung des Augsburger Religionsfriedens. Es kam jedoch dabei zu keiner Einigung und der Reichstag endete ohne Reichsabschied.

Daraufhin gründeten sechs evangelische Fürsten ein Verteitigungsbündnis, die sogenannte Protestantische Union, der sich bald darauf zwei weitere Fürsten und eine Reihe protestantischer Reichsstädte anschlossen. Anlässlich einer Tagung dieser Union, welche Anfang 1510 in Hall abgehalten wurde, trat auch die Reichsstadt Hall und weitere Städte diesem Bund bei. Letztendlich bestand er aus 8 Fürstenhäusern und 17 Reichsstädten.

1618 kam es zum Ausbruch offener Kampfhandlungen zwischen den beiden Lagern, die mit der Zeit das ganze Reich erfassen sollten. Es begann ein Krieg, der letztendlich über 30 Jahre hinweg das Land verwüstete und nie zuvor gekanntes Elend und Kriegsgräuel über viele Landstriche und Regionen brachte.

Der Krieg in Hall

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Bei Kriegsbeginn war die Reichsstadt noch nicht selbst vom Dreißigjährigen Krieg betroffen. Lediglich ihre Mitgliedschaft in der Union machte sie zur Kriegspartei. Aber außer einem Angriff kaiserlicher Kavallerie in Allmerspann auf ein Haller Aufgebot im Sommer 1619, bei dem rund 20 hällische Milizionäre getötet wurden, kam es bis 1628 zu keinen weiteren militärischen Aktionen mit Haller Beteiligung.

Erst im Februar 1628 marschierte dann der in bayrischen Diensten stehende Oberst von Kronberg[18] mit kaiserlichen Truppen in Hall ein, besetzte die Stadt und bezog dauerhaft Quartier darin. Die Stadt mußte die Unterkünfte stellen, die Truppen verpflegen und für deren Sold aufkommen – das übliche Verfahren im Dreißigjährigen Krieg.

 
Kriegsszene mit Wallenstein
 
Abrückende Landsknechte
 
Plünderung
 
Soldadeska im Umland

Keine der den Krieg führenden Parteien hatte ein stehendes Heer mit eigenem Nachschub und eigener Verpflegung. Gekämpft wurde mit Söldnerheeren und sowohl deren Unterhalt, als auch ihre Entlohnung wurde durch die Kriegsparteien von den jeweils besetzten Gebieten und Städten gewaltsam eingetrieben und erpresst. Der an diesem Krieg maßgeblich beteiligte Militärunternehmer Albrecht von Wallenstein soll in diesem Zusammenhang den Satz geprägt haben: „Der Krieg ernährt den Krieg“.

Die Anwesenheit der kaiserlichen Truppen, welche die Katholische Liga repräsentierten, veranlasste den Fürstbischof von Würzburg, im Hällischen einen Rekatholisierungsversuch zu unternehmen. Mit Hilfe des Chorherrenstifts Comburg und unter Berufung auf das Restitutionsedikt des Kaisers Ferdinand II. wurde von kirchlich katholischer Seite mit der Gegenreformation begonnen. Hällische Pfarreien wurden mit katholischen Priestern besetzt und in manchen Kirchen wurde wieder die Messe gelesen.

Diese Bestrebungen kamen durch den Vormarsch des inzwischen in den Krieg eingetretenen Königreichs Schweden zum Erliegen. Nach dem Sieg der Schweden bei Breitenfeld gab Comburg seine Versuche der Gegenreformation auf. In den betroffenen Kirchen im Haller Land wurden wieder evangelische Gottesdienste abgehalten. Das schwedische Söldnerheer vertrat offiziell die protestantische Seite, verfolgte aber in erster Linie die Großmachtinteressen des schwedischen Königs Gustav Adolf, der persönlich als Heerführer am Krieg teilnahm.

1531 zog die bayerisch-kaiserliche Armee vor den anrückenden Schweden aus Hall ab und verwüstete dabei das Umland durch Plünderungen und Brandschatzung. Kurz darauf zog das schwedische Heer in Hall ein, und der Rat wurde von dessen Oberst gezwungen, sich König Gustav Adolf anzuschließen. Auch die neuerliche Einquartierung einer Truppe brachte der Stadt und dem Umland schwere Belastungen und war mit hohen Geldforderungen der neuen Besatzer verbunden. Für die Haller Bürger unterschied sich die schwedische Einquartierung in nichts von der vorherigen, durch kaiserliche Truppen. Sie litten im gleichen Maße wie zuvor.

Die schwedischen Truppen blieben zweieinhalb Jahre in Hall und saugten die Stadt geradezu aus. Nach ihrer Niederlage in der Schlacht bei Nördlingen 1634 verließen sie fluchtartig die Reichsstadt. Direkt und unmittelbar nach deren Abzug kamen die kaiserlichen Truppen nach Hall zurück und erpressten vom Rat 23.000 Gulden, um die Stadt zu verschonen. Die kaiserliche Soldateska plünderte bei ihre Rückkehr abermals das Umland und raubte den Bauern, was die abrückenden schwedischen Söldner übriggelassen hatten. Die überlebenden Bauern der ausgeplünderten Hällischen Dörfer flohen in die Stadt und mußten ebenfalls verpflegt und versorgt werden. Durch die unbeschreibliche Überfüllung der Stadt und eingeschleppt durch die aus ganz Europa zusammengewürfelten Söldnertruppen brach im Herbst des Jahres in Hall die Pest aus und forderte viele Todesopfer.

Ab diesem Jahr begann für Hall eine über Jahre andauernde Zeit beinahe regelmäßig wiederkehrender Truppendurchmärsche und Truppeneinquartierungen beider Kriegsparteien. Diese waren verbunden mit horrenden Gelderpressungen, Plünderungen und Gewalttaten aller Art. Um die jeweils geforderten Gelder und Naturalien aufbringen zu können, ließ der Rat Hausdurchsuchungen durchführen und verkaufte städtischen Besitz. Die Militärs griffen zu brutalen Mitteln, wurden ihre Forderungen nicht erfüllt. Ohne Gewalt war jedoch aus den Einwohnern nichts mehr herauszupressen. Der Magistrat stand dem machtlos gegenüber und konnte seine Bürger nicht mehr schützen.

Dieser Zustand permanenter Belagerung, Erpressung und Terror durch alle am Krieg beteiligten Mächte, bestand für die Reichstadt nun durchgängig bis zum Ende des Krieges. Im Jahre 1645 kam es dadurch zu einer Rebellion von Teilen der Haller Bevölkerung, die aber durch ein zu diesem Zeitpunkt gerade einquartiertes bayrisches (kaiserliches) Regiment rigoros niedergeschlagen wurde. Die Plünderungen und Raubzüge im Hällischen gingen unvermindert weiter und waren für Hall mit dem offiziellen Kriegsende durch den Westfälischen Frieden im Jahr 1648 noch lange nicht vorbei.

Für die Reichsstadt kam das wirkliche Ende dieses Horrors erst mit dem endgültigen Abzug der letzten schwedischen Truppen im Sommer 1650, wofür diese von der Stadt auch noch ein letztes „Satisfaktionsgeld“[19] von über 39.000 Gulden als Ablöse erpressten. Erst einen Monat später feierten dann die Haller das Ende der Schreckenszeit mit einem Friedensfest.

Folgen des Kriegs

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Das Reich nach dem Westfälischen Frieden
(in rot die Reichsstädte).

Viele Dörfer und Orte im Haller Landgebiet waren verwüstet oder niedergebrannt. Eine große Anzahl von Einzelhöfen und kleinen Weilern waren während des Krieges verlassen worden und wüst gefallen. Äcker und vor allem Weinberge waren über Jahre nicht bewirtschaftet und bestellt worden, lagen brach und waren verwildert. Die Landbevölkerung war durch Mord, Hunger, Flucht und Seuchen um etwa ein Drittel eingebrochen. Die Bevölkerungszahl in der Stadt war nur um ein Sechstel geschrumpft, was aber vor allem den vielen Neueinbürgerungen geflüchteter Dorfbewohner zuzuschreiben war.

Die Stadt selbst hatte den Krieg äußerlich relativ unbeschadet überstanden. Die Bausubstanz war noch weitgehend erhalten. Jedoch war die Reichsstadt Hall finanziell und wirtschaftlich ruiniert. Die Kosten des Krieges für die Stadt wurden vom Rat auf über 3,6 Millionen Gulden beziffert.

Das Verhältnis zwischen Rat und Einwohnern war stark zerrüttet, denn viele Räte hatten wärend der Kriegszeit eine Selbstbedienungsmentalität entwickelt und sich auf Kosten der Bürgerschaft persönlich bereichert.

Nachkriegszeit und Zweite Hälfte 17. Jahrhundert

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Wiederaufbau

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Nach dem Abzug der Schweden und dem Ende von Kampfhandlungen und Plünderungen im Territorium der Reichsstadt organisierte der Rat einen raschen und zügigen Wiederaufbau. Eine der ersten Maßnahmen war es, wüstgefallene Güter und Höfe wiederherzustellen und brachliegende Landwirtschaftsflächen wieder zu bestellen, damit die Nahrungsversorgung der Stadt möglichst schnell wieder sichergestellt würde. Zu diesem Zweck verkaufte der Rat die Höfe sehr günstig an siedlungswillige Bauern. Diesen wurden Schulden und Abgaben erlassen und man stellte ihnen Bauholz aus den städtischen Wäldern zur Verfügung. Im Falle sie nicht zügig mit dem Bauen und der Neubestellung des ihnen überlassenen Landes begönnen, drohten ihnen Strafen.

In der Stadt selbst kam der wirtschaftliche Aufschwung rasch wieder in Gang. Die Stadt und ihre Einwohner hatten weitaus weniger Zerstörung erlitten als die Landgebiete, so dass Händler und Handwerker ihre Waren und Dienstleistungen bald wieder anbieten konnten und durch den beginnenden Wiederaufbau im Umland auch reichlich Absatz fanden. Für die Haupterwerbsquelle der Stadt, die Saline, galt das zunächst nicht. Handelswege waren durch den Krieg unterbrochen und zerstört worden. Frühere Absatzmärkte waren verloren gegangen, der Salzhandel mußte neu aufgebaut werden. Darum zog die Stadt den Vertrieb des Haller Salzes direkt an sich und organisierte den Absatz in eigener Regie. Neue Kunden wurden akquiriert und mit potentiellen Abnahmegebieten wurden bilaterale Verträge geschlossen. Zum Beispiel mit Colmar im Elsass, wohin Haller Salz gegen Elsässer Wein geliefert wurde. Der Weinhandel hatte im Haller Bürgertum eine lange Tradition und war vormals eine wichtige Einnahmequelle. Durch solche Verträge wurde auch er rasch wiederbelebt und brachte der Stadt weitere Steuereinnahmen. Die für den Salzhandel 1660 eingerichtete städtische Behörde hieß “Salzkasse”[20] und wurde zur ständigen Einrichtung. An ihr waren neben der Stadt die Eigentümer der Salinenanteile (“Sieden”) wie auch die Sieder selbst beteiligt. Diese Behörde errichtete nach ihrer offiziellen Gründung eine Faktorei in Neckarsulm, von wo aus das untere Neckartal mit Haller Salz versorgt wurde. Weitere Faktoreien kamen später hinzu: in Heilbronn, Wimpfen, Mosbach und Heidelberg. Diese Handelsniederlassungen erschlossen den Hallern dann auch weitere, neue Absatzgebiete in der Pfalz.

Innere Neuorganisation

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Im Lauf des Krieges und seiner Notwirtschaft waren auch die Verwaltungsstrukturen der Reichsstadt verfallen und reformbedürftig geworden. In den Kriegsjahren hatte man die Ratsverfassung nicht mehr beachtet und Verwaltungsvorschriften nicht eingehalten. Zudem war bei den alten Räten ein sehr lockerer Umgang mit städtischen Geldern eingerissen, meist zu deren eigenem Vorteil. Rechnungen wurden jahrelang nicht geprüft und kontrolliert.

Der Rat bildete sich nach dem Krieg weitgehend neu und änderte dabei seine Zusammensetzung. 1650 wurde die alte Ratsverfassung der Vorkriegszeit wieder in Kraft gesetzt und eine neue Prozessordnung erlassen.

Waren einst nach der großen Zwietracht und mit dem Verschwinden des Stadtadels daraus vor allem Familien aus dem Handel, dem Handwerk und der Siederschaft in Ratspositionen aufgerückt, so bildeten jetzt zunehmend akademisch gebildete und juristisch geschulte Räte oder doch zumindest gelernte Schreiber die neue Führungsschicht der Stadt.

Diese neue städtische Oberschicht verstand sich weniger als Interessensvertretung der Bürgerschaft und Ausführungsorgan des Bürgerwillens, sondern sah sich selbst als Obrigkeit und die Einwohner als Untertanen. Gleichartige Entwicklungen gab es in anderen Reichsstädten in jener Zeit des aufkommenden Absolutismus; die Magisträte schauten sich ihren Führungsstil und die Art der Machtausübung weitgehend bei den umliegenden Adelsherrschaften ab.

Friedenszeit

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In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, nach der Wiederbelebung des Salzhandels, kam die Reichsstadt erneut zu Wohlstand und Ansehen. Hall war auch jetzt noch der bedeutendste und größte Erzeuger von Salz im schwäbisch-fränkischen Grenzgebiet und lieferte es teilweise weit darüber hinaus.

 
Gymnasyum bei St. Michael (ursprünglicher Standort)
 
Brand der Gelbinger Gasse 1680

Die Lebensumstände innerhalb der Stadt und auch in ihrem Herrschaftsgebiet im Haller Umland begannen sich zu normalisieren. Um akademischen Nachwuchs auszubilden und zu gewinnen, wurde schon 1655 anstelle der bisherigen Lateinschule das Gymnasium bei St. Michael eröffnet und in Betrieb genommen.

Auch in der nun eher friedlichen Zeit wurde die Stadt jedoch nicht von Rückschlägen und Katastrophen verschont. So zerstörte 1670 ein Brand vollständig das zur Reichsstadt gehörende Dorf Sulzdorf. 1680 wurden im Stadtgebiet selbst nach einem Blitzschlag die Blendstatt und der größte Teil der Gelbinger Gasse ein Raub der Flammen. Diese vernichteten rund 100 Häuser und töteten zwei Personen. Wieder 10 Jahre später fielen 1690 in Bibersfeld im Amt Rosengarten zehn Gebäude einem Großbrand zum Opfer, darunter die dortige Mühle. Kurz darauf führte 1694 General Mélac einen französischen Heerzug gegen Württemberg. In dessen Folge wurden Hall und die umliegenden Hällischen Dörfer von Flüchtlingen aus Heilbronn und Württemberg geradezu überschwemmt, die mit Gespannen, Vieh und Hausrat ins Haller Gebiet flohen. Stadt und nahes Umland, beide überfüllt, erlebten eine große Teuerung bei Bedarfsgütern.

Zum Ende des Jahrhunderts schließlich, im Jahr 1700, führte der Magistrat das sogenannte Meßgeld ein, eine umsatzsteuerähnliche Gebühr nach Gewicht für den Salzkauf, das die Behörden einzogen. Die neue Belastung führte zu einem Aufruhr der Salzsieder gegen den Magistrat. Der Rat ließ Militär aufmarschieren und erzwang damit den inneren Frieden. In der Folge wurden den Siedern einige Zugeständnisse gemacht, das Meßgeld aber blieb dauerhaft bestehen. Eine Anzahl rebelliernder Sieder wurde für kurze Zeit in Haft genommen oder unter Hausarrest gestellt.

Achtzehntes Jahrhundert und letztes als Reichsstadt

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Auch im beginnenden neuen Jahrhundert hatten Ereignisse der großen Politik Einfluß auf die Reichstadt und ihr Gebiet, oder betrafen die Stadt sogar selbst.

Wie im Jahre 1704 als der östreichische Feldherr Prinz Eugen von Savoyen, in seiner Eigenschaft als Vertreter des Kaiserhauses, die dem Kaiser ja nach wie vor unmittelbar unterstellte "Stadt des Reiches" dazu nutzte um in ihr rund 600 Kriegsgefangene aus der Schlacht bei Höchstädt unter zu bringen und der Stadt deren Versorgung zu überlassen. Diese Franzosen, Savoyarden und Piemontesen wurden dann für zwei Jahre im Stadtgraben am Riedener Tor gefangen gehalten und verpflegt.

Der Spanischer Erbfolgekrieg, welcher der Stadt Hall diese Kriegsgefangenen eingebracht hatte, zog im Jahre 1707 dann auch die Stadt selbst in Mitleidenschaft. Ein französisches Armeekorps unter dem Befehl von Marschall Villars besetzte in einem Feldzug durch den Schwäbischen Reichskreis die Reichsstadt, plünderte das Umland, erpresste von der Stadt hohe Kontributionen und drangsalierte die Bevölkerung.

Das prägendste Ereignis für die Stadt war in der ersten Jahrhunderthälfte jedoch

Der große Stadtbrand von 1728

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Kerngebiet der Reichsstadt nach dem Stadtbrand von 1728

Ein am 31. August des Jahres in der Kernstadt ausgebrochenes Feuer verbreitete sich sehr schnell über die Gebäude der mittelalterlichen Altstadt und zerstörte zwei Drittel der ursprünglichen Bebauung. In diesem gewaltigen Feuer wurden 294 Privathäuser vollständig niedergebrannt. Darüber hinaus vernichtede der Feuersturm die Kirche St. Jakob am Maktplatz, das alte Haller Rathaus, die Kirche zum Hl. Geist mitsamt dem Spital, sowie das vollständige Salinegelände im Haal mit allen Siedeanlagen und dem gesamten Brennholzvorrat.

Auslöser dieser verheerenden Brandkatastrophe war ein durch Unachtsamkeit ausgebrochenes Feuer im Gasthaus “zum güldenen Helm”, im Bereich des heutigen Milchmarktes, nahe beim damaligen Rathaus. Löschversuche der Bewohner blieben erfolglos, da auch die Feuerspritze mitverbrannt war und man darum versuchte mittels Löschketten und durch die Weitergabe von Löscheimern den Brand zu bekämpfen, was jedoch wirkungslos blieb. Diese Löscheimer hatte jeder Haushalt vor zu halten und war zu deren Bereitstellung verpflichtet.

Verschont von dem Feuer blieben die südliche Altstadt, die beiden Herrngassen, der Keckenhof und die Kirche St. Michael mit einigen, wie die Kirche selbst, oberhalb des Marktplatzes gelegenen Gebäuden. Die Gelbinger Vorstadt und die auf der anderen Kocherseite liegenden beiden Vorstädte, Weilervorstadt und Katharinenvorstadt waren ebenfalls erhalten geblieben.

Sehr schnell nach dem Brand ließ der Rat die zerstörten Haalhäuser in der Saline neu errichten, um die Salzproduktion wieder auf nehmen zu können. Ebenso ließ man, im Zuge des Neuaufbaus der Innenstadt, das Spital an alter Stelle wieder aufbauen, jedoch nach neuen Plänen und mit anderer räumlicher Aufteilung.

Zeitalter des Barock

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Zur Zeit des Stadtbrandes hatte sich die, nach dem Dreißigjährigen Krieg neuentstandene, Führungselite aus Akademikern und Juristen fest etabliert und inzwischen alle städtischen Ämter übernommen und nahezu vollständig aus ihren Reihen besetzt. Das betraf sowohl die beiden Kammern des Magistrats, als auch alle sonstigen wichtgen Führungspositionen der Reichsstadt. Angehörige des Handels und des Handwerks kamen so gut wie nicht mehr in Betracht, wenn es um die Besetzung freigewordener Ratsposten ging. Für diese Entwicklung ausschlaggebend war das Interesse der Akademiker, sich entsprechende Stellen zu sichern.

 
Das barocke Rathaus mit seinen, es flankierenden, Nachbargebäuden

Wie die umliegende Adelsgesellschaft versuchte auch die bürgerliche Oberschicht der Reichsstadt, ihren Status durch barocke Prachtentfaltung heraus zu stellen und zu unterstreichen. Für den Wiederaufbau der durch den Brand zerstörten Innenstadt ließ der Rat eine vollständige Neuplanung des Stadtquartiers zugrunde legen. Ganz im barocken Stil der Zeit wurde eine schnurgerade Straße von der Kocherbrücke bis zum Marktplatz angelegt – die “Neue Straße” –. Entlang deren Verlauf zweigen nach rechts und links Stichstraßen ab, an denen regelmäßige Gebäudekomplexe errichtet wurden. Die neuen Wohngebäude wurden nach einem einheitlichen Grundrissmuster gestalted, jedoch wurden abseits der neugeplanten, barocken Prachtstraße die erhaltenen, mittelalterlichen Quartiere beibehalten. Für die Planung und Ausführung der erforderlichen Baumaßnahmen wurden italienische Künstler und Baumeister verpflichtet, die zuvor am württembergischen Hof in Ludwigsburg tätig waren. Als Höhepunkt und Glanzstück ließ der Rat ein neues, prunkvolles barockes Rathaus am Marktplatz bauen. Es wurde anstelle der niedergebrannten Jakobskirche genau gegenüber von St. Michael erstellt und wird von weiteren Prachtbauten auf beiden Seiten flankiert. Diese wurden sowohl im Barock- als auch im Renaissancestil gehalten.

Der barocke Zeitgeist hatte die städtische Gesellschaft Halls grundlegend verändert. Das Rekrutierungsmuster der Ratsherren, sich generell nur aus der gehobenen Bildungsschicht zu erneuern, führte zu einer Einteilung der Bewohner in sieben strikt gegliederte Rangklassen. In einer 1745 erlassenen Kleiderordnung des Magistrats kommt dies zum Ausdruck. Die ersten Vier Rangstufen waren ausschließlich dem öffentlichen Dienst vorbehalten:

Reiche Angehöhrige der oberen Rangklassen ließen sich zwischen 1730 und 1770 in ihre Stadthäuser brunkvolle Ballsääle einbauen in denen, als Mittel der Selbstdarstellung dieser barocken Gesellschaft, ritualisierte Geselligkeiten der städtischen Oberschicht abgehalten wurden.

Nach der Stadterneuerung

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Neue Saline mit Gradierhaus
(Stadtansicht von Norden gesehen
auf historischer Schützenscheibe)

1739 veranlasste der Rat den Aufbau weiterer Salzpfannen, jedoch ein Stück Kocherabwärts auserhalb des Haals. Paralell dazu wurden zunächst fünf Gradierhäuser auf den Spitalwiesen am abwärtigen Kocherufer, später zwei weitere auf dem Rippberg, neu angelegt und betrieben. Durch diese Maßnahmen konnte die Salzproduktion von 20.000 auf 80.000 Zentner pro Jahr gesteigert werden, der Brennholzverbrauch jedoch wurde dadurch auf dem alten Stand gehalten. Die Kosten für diese Anlagen wurden vom Magistrat aufgebracht. Als Ausgleich dafür erhöte er die Anzahl der Sieden von 111 auf 135 zugunsten der Stadt. Durch den Ertrag der zusätzlichen Sieden amortisierte sich der Aufwand und der Rat gewann deutlich erhöhten Einfluss auf die Saline.

Die nächsten Jahrzehnte verliefen vergleichsweise eher ruhig für die Reichsstadt, lediglich ein Erdbeben verursachte 1756 Schäden im Stadtgebiet. Die Verhältnisse der Bürger zueinender und die Abläufe im Alltag veränderten sich kaum und hielten sich an traditionelle Muster.

Französische Revolution und Napoleon

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Auch der Ausbruch der Revolution in Frankreich 1789 brachte keine nennenswerte Veränderung innerhalb der Reichsstadt. Was im Nachbarreich geschah wurde zwar mit großem Interesse verfolgt und es gab viele Sympathien bei der Haller Bürgerschaft für die dortigen Ereignisse, aber es kam nicht zum Aufruhr im hällischen Territorium und die bestehnde Ordnung wurde nach wie vor akzeptiert und beibehalten. Eine 1794 entflammte Rebellion der Landbevölkerung gegen den Magistrat hatte interne Ursachen und richtete sich gegen ständige Rekrutierungen junger Männer durch die Reichsstadt und gegen immer neue, zusätzliche Steuern. Die Stadt mußte zu deren Niederschlagung Truppen des Reichskreises zu Hilfe holen.

Erst gegen Ende der politischen Umbrüche in Frankreich durch die Machtübernahme Napoleons wurde auch die Reichsstadt selbst von den Ereignissen in Mitleidenschaft gezogen. Die aus den Revolutionskriegen gegen Frankreich hervorgegangenen Napoleonischen Kriege erfassten zur Jahrhundertwende Süddeutschland und damit auch hällisches Territorium, sowie die Stadt selbst.
Nach Beendigung der Kampfhandlungen durch den Friedensschluss von Lunéville im Jahr 1801, war die Reichsstadt finanzeill ruiniert. Truppendurchmärsche, Einquartierungen und Kontributionserpressungen der Kriegsparteien, hauptsächlich durch die Franzosen, hatten der Stadt eine Schuldenlast von knapp 1,4 Millionen Gulden eingebracht. Eine für damalige Verhältnisse riesenhafte Summe.

Das Ende der Reichsstadt

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Im Pariser Vertrag vom Mai 1802 wurden dem Herzogtum Württemberg, als Ausgleich für linksrheinische Gebietsabtretungen, umfangreiche Landeserweiterungen am Rande und auch innerhalb seines Altwürttembergischen Herrschaftsbereichs durch das napoleonische Frankreich zugesichert. Der Vertrag sah vor, dass Württemberg für die an Frankreich abzutretenden Länder als Entschädigung das Recht erhielt die Reichsstädte an und in seinem Gebiet zu mediatisieren und obendrein zahlreiche Kirchliche Territorien zu säkuralisieren und dem eigenen Territorium ein zu verleiben. Das Betraf auch Hall und das Reichsstift Comburg.

Nach der Veröffentlichung des Entschädigungsplans, in der französischen Staatszeitung Le Moniteur appelierten die Haller Stadträte in einer Bittschrift direkt an ihren obersten Stadtherren, den römisch-deutschen Kaiser in Wien. Darin baten sie Kaiser Franz II. um eine Garantie, dass bei einer Eingliederung Halls in den württembergischen Staat das bisherige Rechtswesen und alle Privilegien einer Reichsstadt volle Gültigkeit behalten sollten. Eine letzte Anstrengung des Rats, die jedoch nicht den erwünschten Erfolg erzielte.

1802 Übernahme Halls durch Württemberg

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Württemberg übernimmt Hall Darstellung auf einer historischen Schützenscheibe

Herzog Friedrich von Württemberg ließ, im Vorgriff auf eine durch Napoleon im Frieden von Lunéville diktierte Reichsdeputation, am 9. September 1802 Militär in Hall aufmaschieren und die provisiorische Besitzergreifung der Reichsstadt mitsamt ihrem Territorium zugunsten Württembergs proklamieren. Der württembergische Herzog hatte schon im Vorfeld dieser Aktion Vorbereitungen für die endgültige, die sogenannte „Zivilbesitznahme“, treffen lassen. In einem 18 Paragraphen umfassenden umfangreichen Katalog von Instruktionen war unter anderem festgelegt, dass alle städtischen Diener und Beamten einen Eid gegenüber ihrem neuen Dienstherrn, dem Herzog ablegen mussten.[23] Obendrein mussten alle, die alte Landeshoheit zeigenden Wappen umgehend entfernt und stattdessen das Wappen des Herzogtums an allen öffentlichen Gebäuden und Stadttoren angebracht werden. Am 25. November 1802 erfolgte dann die endgültige und offizielle Übernahme der Stadt durch Württemberg indem erneut Militär, diesmal mit großem Gepränge und Marschkapelle, auf dem Marktplatz aufmarschierte. Gleichzeitig wurden im Rathaus der Magistrat und die Beamten von ihren bisherigen Rechten und Pflichten entbunden und auf den neuen Landesherrn vereidigt.

Das bedeutete de facto den Verlust der reichsstädtischen Eigenständigkeit Halls, de jure wurde die Annexion Halls durch Württemberg und der Verlust aller reichstädtischen Sonderrechte und Privilegien erst durch den Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 geltendes Recht und besiegelte somit
das Ende der Reichsstadt Hall

Das Haller Landterritorium

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Staat der Reichsstadt Halle in Schwaben

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Reichsstädte und Freie Städte im Heiligen Römischen Reich 1792

Bis zum Ende ihres Bestehens als Reichsstadt hatte die Stadt Hall ein umfangreiches Landgebiet unter ihre Herrschaft gebracht und sich ein – im Vergleich zu anderen Reichsstädten – ansehnliches Territorium aus umliegenden Städten und Landgemeinden aufgebaut. Bei einer Bestandsaufnahme durch Württemberg 1803 umfasste das Haller Herrschaftsgebiet drei Städte, einundzwanzig Pfarrdörfer, neunzig Weiler und Höfe. Es hatte damals rund 21.000 Einwohner und erstreckte sich auf einer Fläche von etwa 330 Quadratkilometern. Damit besaß Hall, nach Ulm, das zweitgrößte reichsstädtische Territorium im schwäbischen Reichskreis[24] und das viertgrößte im gesamten alten Reich. Über noch größere Landgebiete verfügten nur die beiden fränkischen Reichsstädte Rothenburg (400 km²)[25] und Nürnberg (1.220 km²)[26]. Außer Rottweil (220 km²) und Gmünd (160 km²) hatten sich die übrigen schwäbischen Reichsstädte nur geringen oder gar keinen territorialen Besitz außerhalb ihrer Stadtgrenzen aneignen können.

Gliederung

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Das Hällische Landgebiet war gegen Ende der Reichsstadtzeit in sieben Verwaltungsbezirke, sogenannte Ämter gegliedert. (Kursiv die ursprüngliche, historische Bezeichnung). Diese umfaßten ganz oder mehrheitlich folgende Städte, Dörfer und größere Orte:

Entstehung des Haller Landgebiets

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Königlich-fränkische und später staufische Ministerialenfamilien, welche mit der Verwaltung und Leitung der frühen Saline samt der städtischen Ansiedlung betraut waren, hatten auch die Vogtei über königlichen Landbesitz rund um Hall übertragen bekommen. Diese Landgüter der Urgeschlechter des hällischen Patriziats bildeten die anfängliche Grundlage des reichsstädtischen Territoriums. Die Naturalienversorgung der Stadt, in welcher landwirtschaftliche Produktion aus topografischen Gründen nahezu unmöglich ist, wurde darum durch die Gutshöfe des frühen Haller Stadtadels im Haller Umland sichergestellt, oder vom umliegenden Landadel aus dessen Rittergütern zugekauft.

Durch geschickte Heiratspolitik verband sich der Haller Stadtadel mit niederadligen Ritterfamilien im Umland und erlangte damit Einfluss oder gar Eigentum an deren Lehensbesitz und ihren Herrschaften. Im Gegenzug dazu waren ihrerseits auch die ritterbürtigen Adelsfamilien rund um Hall bestrebt, Grundstücke und Stadthäuser in der aufstrebenden und wohlhabenden Stadt zu erwerben und damit das hällische Bürgerrecht zu erlangen. Dadurch kamen weitere, umfangreiche Ländereien unter direkten hällischen Einfluß.

Das ursprüngliche Kerngebiet des hällischen Territoriums bildeten die späteren Ämter Schlicht, Kocheneck (oder Schöneck), Rosengarten und Bühler. Familien der Haller Urgeschlechter waren dort begütert, wie die Veldner (auch genannt Geyer, oder Stetten mit dem Fisch) in Gailenkirchen, Gottwollshausen und Münkheim und ihrer Burg, der Geyersburg; die Berler (Berler von Tullau) in Tullau, Uttenhofen und Rieden; die Nagel (Nagel von Eltershofen) nach Übernahme der Besitzungen der Philips-Eberhard von Eltershofen in Eltershofen; die Sulmeister (später Senft) mit der Suhlburg und dem Senftenschlössle in Münkheim und in Rieden mit der Burg Rieden. Später auch die aus Heilbronn stammende Patrizierfamilie Erer mit dem Rittergut Sanzenbach samt der dortigen Burg.

Angehörige des eingessenen, umliegenden Landadels besaßen ebenfalls das Bürgerrecht in Hall, wie die von Münkheim, von Bachenstein, Philips-Eberhard von Eltershofen, von Rinderbach und viele andere. So umfasste der Haller Stadtadel bis zur Großen Zwietracht rund 150 Familien, welche zum großen Teil die Namen des, näher oder weiter entfernten, umliegenden Ortsadels trugen, oder von Patriziern anderer Reichsstädte abstammten[27].

Expansion des reichsstädtischen Territoriums

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Über lange Zeit bestand das Landgebiet der Reichsstadt allein aus den Besitzungen des Stadadels in den benachbarten Ortschaften rund um Hall. Erst vergleichsweise spät begann der Magistrat damit, expansiv das von der Stadt abhängige Territiorium zu vergrößern und unter seinen direkten Einfluß zu bringen.

Als direkter Auslöser der reichstädtischen Territorialpolik Halls ist wohl das in einer Urkunde Kaiser Ludwigs des Bayern von 1339 den Hallern eingeräumte Recht zu werten, den Wiederaufbau schon zerstörter alter und den Bau neuer Burgen auf ihrem Gebiet zu verhindern. Die Stadtherren nahmen dieses Privileg zum Anlass, in Orten in denen schon Haller Bürger Grundeigentum besaßen, Herrschaftrechte von dort begüterten, auserhällischen Grundherren zu erwerben und zu übernehmen. Wo das nicht gelang, weil diese ihren Grundbesitz nicht an die Reichsstadt abtreten wollten, führte der Haller Magistrat zahlreiche Fehden gegen die adeligen Inhaber von Herrschaftrechten. Im Zuge dieser bewaffneten Händel wurden etliche Burgen innerhalb, aber auch auserhalb des von Hall beanspruchten Gebietes zerstört, wenn deren Besitzer sich hällischen Übernahmeversuchen ihrer Länderreien widersetzten.

Aber nicht nur durch Befehdung und Eroberung vergrößerte die Stadt ihre Besitzungen. Auch wenn benachbarte Adelsherrschaften in finanzielle Schwierigkeiten gerieten griff die Stadt zu und kaufte in großem Stil Herrschaftsrechte auf. Sie machte dem Landadel gegenüber aus ihrem Reichtum und ihrer Wirtschaftskraft keinen Hehl. Darum nahmen bei finanzieller Schieflage mitunter auch größere Adelshäuser oftmals Kredite bei Haller Bürgern auf oder auch bei Einwohnern anderer Reichsstädte. Konnten die Bürger den Geldbedarf der Adelshäuser nicht mehr decken, übernahmen die Reichsstädte selbst gegen die Verpfändung adligen Landbesitzes die Finanzierung.

So auch die Grafen von Hohenlohe, die sich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts von reichen Bürgern der umliegenden Reichsstädte hohe Geldbeträge ausliehen. Schon nach Kurzem reichte jedoch das Vermögen der privaten Geldgeber nicht mehr aus, um die Hohenloher mit genügend Finanzmitteln zu versorgen. Das hatte zur Folge, dass 1384 die Reichsstädte Rothenburg, Dinkelsbühl, Windsheim, Hall, Heilbronn, Wimpfen und Weinsberg gemeinschaftlich dem Grafen Ulrich von Hohenlohe ein Darlehen von 15.000 Gulden gewährten. Als Sicherheit gab dieser seine Städte Kirchberg und Ilshofen an die kreditgebenden Reichsstädte zum Pfand.





Die 1352 erstmals erwähnte Landhege besteht meist aus einem Wall und Graben Sie war ursprünglich eine Verteidigungslinie. Später hatte sie dann mehr die Funktion einer Rechtsgrenze

Die Sieder eine Sondergruppe im hällischen Sozialgefüge

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http://www.schwaebischhall.de/buergerstadt/geschichte/stadtarchiv/familienwappen/wappen-d-f/?sword_list%5B0%5D=heinbacher&sword_list%5B1%5D=hof&ChangeView=ToDesktop&1575592339910

Literatur

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  • Gerhard Strohmaier: Geschichte des Hohenloher Landes. Books on Demand, Norderstedt 2016, ISBN 978-3-8370-9991-1.
  • Staat der Reichsstadt Halle in Schwaben. In: Neueste Staats-Anzeigen. Zweiter Band. Mutzenbecher, 1797, ZDB-ID 525800-5, S. 490–497 (S. 490 in der Google-Buchsuche).
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Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Ortsgeschichte Westheim auf leo-bw
  2. Westheimer Graf und Quelle in Hall; aus: Beschreibung des Oberamts Hall
  3. Legende vom Westheimer Grafen auf der Webseite des Vereins Alt Hall
  4. Ortsgeschichte Hall auf leo-bw
  5. Aus Rudolph Friedrich von Moser's Beschreibung des Oberamts Hall von 1847 in Wikisource: Geschichte der Stadt Hall, die sieben Burgen; aus Amtstiteln werden Familiennamen. Seiten 144–145
  6. Gerhard Lubich: Geschichte der Stadt Schwäbisch Hall. Von den Anfängen bis zum Ausgang des Mittelalters (= Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. Reihe IX: Darstellungen aus der fränkischen Geschichte. Band 52). Gesellschaft für fränkische Geschichte, Würzburg 2006, ISBN 3-86652-952-X, S. 92.
  7. Sulmeister = Salinenmeister. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 20: Strom–Szische – (X, 4. Abteilung). S. Hirzel, Leipzig 1942 (woerterbuchnetz.de).
  8. Auszug aus dem landeskundlichen Informationssystem für Baden-Württemberg: Die Bedeutung der Stadt in der Mitte des 13. Jahrhunderts dokumentiert das Reichssteuerverzeichnis von 1241: Schwäbisch Hall war mit einer Abgabe von 200 Mark Silber belastet, während Frankfurt am Main 250, Gelnhausen, Hagenau und Basel 200, Schwäbisch Gmünd 160 und Rothenburg 90 Mark beisteuerten.
  9. die Schenken von Limpurg – Historisches Lexikon Bayerns
  10. Walther II wurde als Sohn von Waltherus de Schippe oder Schüpf (von Oberschüpf bei Boxberg) geboren. Walthers Vater wurde 1209 bis 1218 oft urkundlich genannt. Nachdem sein Vater um 1220 die Burg Limpurg erbauen ließ, wurde er ab 1229 von Limpurg genannt. Walther II heiratete Elisabetha von Warburg.
  11. Reichsstädte im Südwesten auf leo-bw
  12. RI VI n. 1162
  13. Geschichte der Reichsstadt Hall auf leo-bw
  14. Stadtchronik auf der Webseite der Stadt Schwäbisch Hall, Eintrag Jahr 1512
  15. Kellerhals Bauwesen: äußere Kellertreppe, auch überwölbter Kellerzugang aus Lexikon–Wissen.de
  16. Stadtchronik auf der Webseite der Stadt Schwäbisch Hall; Eintrag Jahr 1316
  17. Eberhard Naujoks (Hrsg.), Kaiser Karl V. und die Zunftverfassung. Ausgewählte Aktenstücke zu den Verfassungsänderungen in den oberdeutschen Reichsstädten (1547–1556) (= Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe A: Quellen. Bd. 36). Kohlhammer, Stuttgart 1985.
  18. Adam Philipp Freiherr von Kronberg
  19. Das Satisfaktionsgeld ist vor Allem aus der Geschichte bekannt. Das Wort „Satisfaktion“ leitet sich von den lateinischen Begriff „satis“ und „facere“ ab und bedeutet soviel wie „genug“ und „tun“. Daraus ergibt sich die Übersetzung als „Genugtuung“. Früher forderten Kriegsherren ein Satisfaktionsgeld. Dieses sollte als Entschädigung für sämtliche getätigte Auslagen während des Krieges dienen. Damals wurde das Satisfaktionsgeld vorrangig in Münzen aus Gold gezahlt. Zu den Auslagen der Kriegsherren zählten unter Anderem:
    • die Kosten für die Anwerbung von Kriegern
    • die Kosten für Verpflegung und Bewaffnung
    • die Kosten für die Besoldung der Krieger
    • die Kosten für geeignete Transportmittel
    Der Dreißigjährige Krieg brachte für viele Gemeinden die Auferlegung von Satisfaktionsgeld mit sich. Da vor Allem die Schweden vielen kleinen Gemeinden zur damaligen Zeit zu Hilfe kamen und sie im Kampf gegen die Feinde unterstützten, waren auch die Schweden diejenigen, die das meiste Satisfaktionsgeld geltend machten. Zitiert aus www.bezahlen.de/lexikon
  20. Salzhandel in der Mitte Europas: Raumorganisation und wirtschaftliche Außenbeziehungen zwischen Bayern, Schwaben und der Schweiz, 1750-1815
  21. Grabenreiter#3 =Grenzreiter an der Landwehr. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 8: Glibber–Gräzist – (IV, 1. Abteilung, Teil 5). S. Hirzel, Leipzig 1958 (=Grenzreiter an der Landwehr woerterbuchnetz.de).
    In Hall hatte sich die Funktion des Grabenreiters vom Grenzreiter der Landhege zu der eines berittenen Kuriers gewandelt. Sie überbrachten Anweisungen, Erlasse und schriftliche Botschaften des Magistrats in die Amtshäuser der sieben reichsstädtischen Ämter und transportierten Gesuche und Schriftstücke der Ämter und Ortschaften an den Magistrat
  22. Brunnenknecht (Brunnknecht), Gehilfe des Brunnenmeisters
  23. Philippe Alexandre u. a.: Hall in der Napoleonzeit. Eine Reichsstadt wird württembergisch. Hrsg.: Manfred Akermann, Harald Siebenmorgen. Thorbecke, Sigmaringen 1987, ISBN 978-3-7995-4106-0 (Katalog des Hällisch-Fränkischen Museums Schwäbisch Hall).
  24. Landeskunde BW bei Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg: Historische Territorien im Südwesten, Abschnitt Reichsstädte
  25. www.heinrich-toppler.de: Territorium der Reichsstadt Rothenburg
  26. historisches-lexikon-bayerns.de: Territorium der Reichsstadt Nürnberg
  27. Aus Rudolph Friedrich von Moser's Beschreibung des Oberamts Hall von 1847 in Wikisource: Geschichte der Stadt Hall, die alten Haller Adelsfamilien, S.147