Buchstabensäuren

amin- und/oder hydroxysubstituierte Naphthalinsulfonsäuren
(Weitergeleitet von Naphtholsulfonsäuren)

Als Buchstabensäuren bezeichnet man amin- und/oder hydroxysubstituierte Naphthalinsulfonsäuren. Sie sind wichtige Zwischenprodukte der Farbstoffchemie. Der Name Buchstabensäure leitet sich von der Tatsache ab, dass diese Säuren meist nur mit einem vorangestellten Buchstaben benannt werden, zum Beispiel „H-Säure“. Die Buchstabenvergabe erfolgte historisch und nicht immer ist die Wahl des Buchstaben nachvollziehbar. Manche Säuren sind auch mit dem Namen ihres Entdeckers bezeichnet (zum Beispiel „Brönner-Säure“) oder tragen den Namen der Firma, die diese Verbindung erstmals hergestellt hat (zum Beispiel „Cassella-Säure“); auch die beiden letztgenannten Verbindungen werden zu den Buchstabensäuren gezählt. Die Buchstabensäuren werden als Diazo- oder Kupplungs-Komponenten in Azokupplungen oder als Substituenten (beispielsweise zur Substitution eines Chloratoms in Cyanurchlorid) eingesetzt.[1]

Naphthylamin-Sulfonsäuren

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Aus den Naphthylaminen α-Naphthylamin und β-Naphthylamin erhält man je nach Reaktionsbedingungen durch Sulfonierung eine oder mehrere Naphthylaminsulfonsäuren. Durch Nitrierung und anschließende Béchamp-Reduktion lassen sich höher aminierte Verbindungen erhalten.

Naphthol-Sulfonsäuren

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Aus Naphtholen erhält man je nach Reaktionsbedingungen durch Sulfonierung eine oder mehrere Naphtholsulfonsäuren. Durch Nitrierung und anschließende Bechamp-Reduktion lassen sich aminierte Verbindungen erhalten.

Nomenklatur

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Die Verbindungen werden seit langer Zeit als Zwischenprodukte bei der Herstellung von Azofarbstoffen benutzt. Da die systematischen Namen unübersichtlich sind, wurden die meisten mit Trivialnamen belegt. Die Salze der Sulfonsäuren (Sulfonate) bezeichnet man üblicherweise nach dem „Stamm-Trivial-Namen“ : H-Säure → H-Salz, ggf. noch das Kation (Natrium-H-Salz). Die Trivial-Nomenklatur wird nochmals unübersichtlicher durch die Bezifferung der Substituenten. Historisch und herstellungstechnisch bedingt wird inkonsequenterweise mal das Kohlenstoff-Atom, das die Hydroxy-, mal jenes, das die Amino-Gruppe trägt, mit dem Lokanten 1 versehen.

Die Trivialnomenklatur entstand überwiegend im deutschen Sprachraum. Im Englischen wird meist 1 : 1 übersetzt (Brönner-SäureBroenner's Acid).

Beispiele

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Hydroxynaphthalinsulfonsäuren
Trivialname Systematische Bezeichnung (IUPAC) CAS-Nr.: Struktur Anmerkungen
Baum-Säure
(auch α-Schäffer-Säure)
1-Hydroxy-2-naphthalinsulfonsäure 567-18-0  
Neville-Winther-Säure 4-Hydroxynaphthalin-1-sulfonsäure 84-87-7  
L-Säure
(auch Azurin-Säure,
Oxylaurent-Säure)
5-Hydroxynaphthalin-1-sulfonsäure 117-59-9  
RG-Säure
(auch GR-Säure)
4-Hydroxynaphthalin-2,7-disulfonsäure 578-85-8  
A-Säure 3,5-Dihydroxynaphthalin-2,7-disulfonsäure 81344-22-1  
Chromotropsäure 4,5-Dihydroxynaphthalin-2,7-disulfonsäure 148-25-4  
ε-Säure
(auch Andresen-Säure)
8-Hydroxynaphthalin-1,6-disulfonsäure 117-43-1  
D-Säure (Doppelbezeichnung,
siehe 81-05-0!)
4-Hydroxynaphthalin-1,6-disulfonsäure 6361-37-1  
δ-Säure
(auch CS-Säure,
Schöllkopf-Säure,
Oxy-Chicago-Säure)
4-Hydroxynaphthalin-1,5-disulfonsäure 117-56-6  
Schäffer-Säure (β) 6-Hydroxynaphthalin-2-sulfonsäure 93-01-6  
F-Säure
(auch Cassella-Säure)
7-Hydroxynaphthalin-2-sulfonsäure 92-40-0  
Croceinsäure
(auch Bayer-Säure,
Rumpff-Säure)
7-Hydroxynaphthalin-1-sulfonsäure 132-57-0  
R-Säure 3-Hydroxynaphthalin-2,7-disulfonsäure 148-75-4  
G-Säure 7-Hydroxynaphthalin-1,3-disulfonsäure 118-32-1  

Aminonaphthalinsulfonsäuren
Trivialname Systematische Bezeichnung (IUPAC) CAS-Nr.: Struktur Anmerkungen
Cleve-γ-Säure
(auch Cleve-Säure)
4-Aminonaphthalin-2-sulfonsäure 134-54-3  
Naphthionsäure
(auch Piria-Säure)
4-Aminonaphthalin-1-sulfonsäure 84-86-6  
Purpurinsäure
(auch Laurent-Säure)
5-Aminonaphthalin-1-sulfonsäure 84-89-9  
Cleve-β-Säure
(auch 1,6-Cleve-Säure,
μ-Säure)
5-Aminonaphthalin-2-sulfonsäure 119-79-9  
1,7-Cleve-Säure 8-Aminonaphthalin-2-sulfonsäure 119-28-8  
Perisäure
(auch Forsling-Säure I)
8-Aminonaphthalin-1-sulfonsäure 82-75-7   als Kupplungskomponente
Kalle-Säure 1-Aminonaphthalin-2,7-disulfonsäure 486-54-4  
Freund-Säure (1,3,6) 4-Aminonaphthalin-2,7-disulfonsäure 6251-07-6  
Alen-Säure
(auch Freund-Säure (1,3,7))
4-Aminonaphthalin-2,6-disulfonsäure 6362-05-6  
Amino-ε-Säure 8-Aminonaphthalin-1,6-disulfonsäure 129-91-9  
Dahl-Säure II 4-Aminonaphthalin-1,7-disulfonsäure 85-74-5  
Dahl-Säure III 4-Aminonaphthalin-1,6-disulfonsäure 85-75-6  
Amino-S-Säure
(auch Disulfo-S-Säure)
4-Aminonaphthalin-1,5-disulfonsäure 117-55-5  
T-Säure
(auch Koch-Säure,
Amino-H-Säure)
8-Aminonaphthalin-1,3,6-trisulfonsäure 117-42-0   nicht identisch mit 2,4,5-Trichlorphenoxyessigsäure (ebenfalls als T-Säure bezeichnet)
B-Säure
(auch Melan-Säure)
8-Aminonaphthalin-1,3,5-trisulfonsäure 17894-99-4  
Tobias-Säure
(auch A-Säure)
2-Aminonaphthalin-1-sulfonsäure 81-16-3   als Diazokomponente
Dahl-Säure
(auch Dahl-Säure I,
D-Säure (Doppelbezeichnung,
siehe 6361-37-1!))
6-Aminonaphthalin-1-sulfonsäure 81-05-0  
Broenner-Säure
(auch Brönner-Säure,
Amino-Schäffer-Säure)
6-Aminonaphthalin-2-sulfonsäure 93-00-5  
Cassella-F-Säure
(auch δ-Säure,
Amino-F-Säure
Bayer-Säure (?))
7-Aminonaphthalin-2-sulfonsäure 494-44-0  
Badische-Säure
(auch Forsling-Säure I)
7-Aminonaphthalin-1-sulfonsäure 86-60-2  
Sulfo-Tobias-Säure 2-Aminonaphthalin-1,5-disulfonsäure 117-62-4   als Diazokomponente
Amino-R-Säure 3-Aminonaphthalin-2,7-disulfonsäure 92-28-4  
C-Säure
(auch Cassella-Säure)
3-Aminonaphthalin-1,5-disulfonsäure 131-27-1   als Diazo- und Kupplungskomponente
Amino-I-Säure
(auch Amino-J-Säure)
6-Aminonaphthalin-1,3-disulfonsäure 118-33-2  
Amino-G-Säure 7-Aminonaphthalin-1,3-disulfonsäure 86-65-7  
2R-Amino-Säure 7-Aminonaphthalin-1,3,6-trisulfonsäure 118-03-6  

Aminohydroxynaphthalinsulfonsäuren
Trivialname Systematische Bezeichnung (IUPAC) CAS-Nr.: Struktur Anmerkungen
M-Säure 8-Amino-4-hydroxynaphthalin-2-sulfonsäure 489-78-1  
I-Säure
(Name von Iso-γ-Säure)
7-Amino-4-hydroxynaphthalin-2-sulfonsäure 87-02-5   sehr wichtig, als Kupplungskomponente für scharlach-rote (Monoazo-) und rot-braune (Bisazo-) Farbstoffe
Sulfo-I-Säure
(auch I-Di-Säure)
2-Amino-5-hydroxynaphthalin-1,7-disulfonsäure 6535-70-2   als Kupplungskomponente
γ-Säure 6-Amino-4-hydroxynaphthalin-2-sulfonsäure 90-51-7   wichtig, für rote, als Kupplungskomponente lichtechte Monoazo-Farbstoffe
RR-Säure
(auch 2R-Säure,
Columbia-Säure)
3-Amino-5-hydroxynaphthalin-2,7-disulfonsäure 90-40-4  
S-Säure
(auch Chicago-S-Säure)
4-Amino-5-hydroxynaphthalin-1-sulfonsäure 83-64-7  
K-Säure 4-Amino-5-hydroxynaphthalin-1,7-disulfonsäure 130-23-4   als Kupplungskomponente für rote, lichtechte Monoazo-Farbstoffe
H-Säure 4-Amino-5-hydroxynaphthalin-2,7-disulfonsäure 90-20-0   sehr wichtig, als Kupplungskomponente für rote (Monoazo-) und blaue (Bisazo-) Farbstoffe
SS-Säure
(auch Chicago-SS-Säure)
4-Amino-5-hydroxynaphthalin-1,3-disulfonsäure 82-47-3  
Boeniger-Säure
(auch 1,2,4-Säure)
4-Amino-3-hydroxynaphthalin-1-sulfonsäure 116-63-2  
  1. Eintrag zu Buchstabensäuren. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 7. Mai 2014.