Patterson-Sullivan-Maß
In der Mathematik sind Patterson-Sullivan-Maße ein Hilfsmittel, um diskrete Gruppen von Isometrien symmetrischer Räume mittels ihrer „Dynamik im Unendlichen“ zu untersuchen. Es handelt sich um Maße auf der Limesmenge der Gruppe mit gewissen Äquivarianz- und Absolutstetigkeitseigenschaften.
Sie wurden zunächst für die hyperbolische Ebene durch Samuel Patterson und für höherdimensionale hyperbolische Räume durch Dennis Sullivan eingeführt und von Paul Albuquerque für symmetrische Räume nichtkompakten Typs verallgemeinert.
Definition
BearbeitenSei ein lokal symmetrischer Raum mit riemannscher Metrik . Dann gibt es eine Familie von Wahrscheinlichkeitsmaßen auf dem Rand im Unendlichen mit folgenden Eigenschaften
- Alle sind atomlose Maße.
- Die Familie der Maße ist -äquivariant:
- .
- Für alle ist absolutstetig bzgl. . Die Radon-Nikodým-Ableitung ist gegeben durch
- ,
- wobei die Volumenentropie und die Busemann-Funktion ist.
Konstruktion
BearbeitenFür und betrachte die Poincaré-Reihe
- .
Es gibt einen „kritischen Exponenten“ , so dass die Reihe für konvergiert und für divergiert.
Patterson-Sullivan-Maße erhält man für monoton fallende Folgen als schwach-*-Häufungspunkt der Folge von Maßen
- ,
wobei das Diracmaß in bezeichnet und im Fall noch eine langsam steigende Funktion dazuaddiert wird.
Anwendungen
BearbeitenPotentialtheorie
BearbeitenFür ein Patterson-Sullivan Maß und eine beschränkte Funktion auf erhält man eine harmonische Funktion auf durch
- .
Es gilt .
Starrheitssätze
BearbeitenFür den Beweis verschiedener Starrheitssätze ist es nützlich, zu einer Randabbildung
eine kanonische Abbildung
mit konstruieren zu können.[1][2]
Dazu betrachtet man die durch die Patterson-Sullivan-Maße gegebene Einbettung
- ,
den Pushforward
und das Baryzentrum
- ,
und definiert als die Hintereinanderausführung dieser Abbildungen.
Kleinsche Gruppen
BearbeitenNach der Identifikation definiert
mit dem chordalen Abstand ein -invariantes Maß auf dem Komplement der Diagonalen in . Da dieser Raum mit dem Einheitstangentialbündel identifiziert werden kann, gibt ein Maß auf , welches unter dem geodätischen Fluss invariant ist. Der geodätische Fluss ist für dieses Maß entweder ergodisch oder dissipativ. Falls , dann ist der geodätische Fluss genau dann ergodisch, wenn die Poincaré-Reihe im kritischen Wert divergiert.
Für konvex-kokompakte Gruppen ist die Hausdorff-Dimension der Limesmenge. Die Poincaré-Reihe divergiert im kritischen Wert .
Eigenschaften
BearbeitenAus der ersten Bedingung und der Transitivität von auf folgt, dass alle Wahrscheinlichkeitsmaße sind. Man bekommt also eine Einbettung von in den Raum der Wahrscheinlichkeitsmaße auf dem Rand im Unendlichen.
Wenn eine Zariski-dichte Untergruppe von ist, dann gibt es einen -Orbit auf , so dass der Träger jedes Patterson-Sullivan-Maßes der Durchschnitt dieses Orbits mit der Limesmenge von ist. Falls außerdem , dann gibt es nur ein Patterson-Sullivan-Maß.
Wenn ein Gitter in ist, dann ist der Träger von der des Baryzentrums einer Weyl-Kammer im Unendlichen. Im Allgemeinen kann für Zariski-dichte Gruppen aber jeder Orbit eines regulären Punktes als Träger von vorkommen.
Der Träger von ist damit also enthalten in einer Teilmenge
- ,
die äquivariant isomorph zum Furstenberg-Rand ist. ist das einzige -invariante Wahrscheinlichkeitsmaß auf .
Literatur
Bearbeiten- S. J. Patterson, The limit set of a Fuchsian group. Acta Math. 136 (1976), 241-273.
- D. Sullivan, The density at infinity of a discrete group of hyperbolic motions. IHES Publ. Math. 50 (1979), 171–202.
- G. Knieper, On the asymptotic geometry of nonpositively curved manifolds, Geom. Funct. Anal. (GAFA) 7 (1997), 755–782.
- P. Albuquerque, Patterson-Sullivan theory in higher rank symmetric spaces. Geom. Funct. Anal. (GAFA), Vol. 9 (1999), 1-28.