Bei der 10. Vierschanzentournee 1961/62 fand das Springen in Oberstdorf am 28. Dezember statt, am 30. Dezember das Springen in Innsbruck und am 1. Januar das Springen in Garmisch-Partenkirchen. Die Veranstaltung in Bischofshofen wurde am 6. Januar durchgeführt. Bei der Jubiläumstour konnte ein neuer Teilnehmerrekord verzeichnet werden. Insgesamt waren Athleten aus 14 Ländern am Start, darunter erstmals aus Ungarn, einer eher exotischen Skisprungnation. Nach mehrjähriger Abstinenz nahm wieder eine polnische Mannschaft an der Tournee teil, die natürlich auch bei den bevorstehenden Weltmeisterschaften im einheimischen Zakopane gut aussehen wollte.

10. Vierschanzentournee
Sieger
Tourneesieger Finnland Eino Kirjonen
Oberstdorf Finnland Eino Kirjonen
Innsbruck Osterreich Willi Egger
Garmisch-Partenkirchen Deutschland Bundesrepublik Georg Thoma
Bischofshofen Osterreich Willi Egger
Teilnehmer
Nationen 14 (AUT, FIN, FRA, FRG, GDR, HUN, ITA, NOR,
POL, SUI, SWE, URS, TCH, YUG)
Sportler 84
1960/61 1962/63

Die Tournee im Schatten des Mauerbaus

Bearbeiten

Ausgerechnet zum Jubiläum geriet die Tournee wie schon bei ihrer 8. Ausgabe in den Strudel der innerdeutschen Sportbeziehungen. War es 1959 noch der Flaggenstreit, hatte nun der Mauerbau 13. August 1961 erneut Auswirkungen auf das Teilnehmerfeld. Infolge dieses Ereignisses fasste der DSB am 16. August 1961 seine sogenannten Düsseldorfer Beschlüsse. Diese untersagten unter anderem bis auf weiteres die Durchführung von Sportveranstaltungen mit Sportgruppen aus der DDR in der Bundesrepublik. Da die Bundesregierung auf die Einhaltung dieser Beschlüsse achtete und die Stimmung in der bundesdeutschen Bevölkerung der DDR auch nicht unbedingt wohlgesinnt war, unterließ es der DSV, Skispringer aus der DDR zu den Springen nach Oberstdorf und Garmisch einzuladen. Der ÖSV hingegen sprach eine Einladung aus, die von DDR-Seite auch angenommen wurde. Dadurch war von vornherein klar, das Titelverteidiger Helmut Recknagel einen vierten Tourneesieg nicht in Angriff nehmen konnte. Anders als 1959 jedoch solidarisierten sich diesmal nicht alle osteuropäischen Sportverbände mit den DDR-Springern. Lediglich die tschechoslowakischen Athleten traten auf den bundesdeutschen Schanzen nicht an, während die polnischen, ungarischen sowie die sowjetischen Springer bei allen vier Springen antraten.

Nominierte Athleten

Bearbeiten

Mit Silvennoinen, Kamenski, Bolkart und Helmut Recknagel waren vier Tourneegewinner am Start, wobei Recknagel nur an zwei Springen teilnahm.

Nation Athleten
Deutschland BR  BR Deutschland Max Bolkart, Helmut Kurz, Hermann Anwander, Georg Thoma, Helmut Wegscheider, Wolfgang Happle, Alois Haberstock, Heini Ihle, Arthur Bodenmüller, Wolfgang Schüller, Hias Winkler, Edi Heilingbrunner, Josef Schiffner, Axel Zerlaut
Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR Helmut Recknagel, Willi Wirth, Kurt Schramm, Peter Lesser, Dieter Bokeloh, Lothar Heyer, Siegbert Münch, Johannes Riedel
Osterreich  Österreich Willi Egger, Walter Habersatter, Otto Leodolter, Gerhard Niederhammer, Peter Müller, Baldur Preiml, Willi Köstinger, Horst Moser, Sepp Lichtenegger, Walter Steinegger, Ferdl Wallner
Finnland  Finnland Eino Kirjonen, Hemmo Silvennoinen, Antero Immonen, Niilo Halonen, Veikko Kankkonen
Frankreich  Frankreich Guy Mollier, Claude Jean-Prost
Jugoslawien Sozialistische Föderative Republik  Jugoslawien Božo Jemc, Ludvik Zajc, Miro Oman, Marjan Pečar, Jože Šlibar, Peter Eržen, Milan Rojina
Italien  Italien Nilo Zandanel, Dino De Zordo, Giacomo Aimoni, Bruno De Zordo, Agostino De Zordo
Norwegen  Norwegen Oddvar Saga, Guttorm Heldahl, Asbjørn Osnes
Polen 1944  Polen Stanisław Polok, Andrzej Kocyan, Antoni Łaciak, Ryszard Witke, Piotr Wala, Gustaw Bujok, Antoni Wieczorek, Władysław Tajner
Schweden  Schweden Holger Karlsson, Kjell Sjöberg, Inge Lindqvist, Bert Andersson, Harry Bergqvist, Bengt Eriksson
Schweiz  Schweiz Francis Perret, Toni Cecchinato, Ueli Scheidegger
Sowjetunion 1955  Sowjetunion Nikolai Kamenski, Nikolai Schamow, Koba Zakadse, Rudolf Bykow, Juri Samsonow, Wladimir Bykow
Tschechoslowakei  Tschechoslowakei Zbyněk Hubač, Drahomír Jebavý, Jaromír Novlud
Ungarn  Ungarn Endre Kiss, Tamás Sudár, László Gellér, Janos Horvath

Oberstdorf

Bearbeiten

Bei bestem Wetter gewann auf der Schattenbergschanze ein alter Bekannter. Kirjonen war schon dreimal Zweiter der Tourneegesamtwertung geworden. Mit den stilistisch besten Sprüngen setzte er sich durch. Überraschender Zweiter wurde der Jugoslawe Božo Jemc. Von den deutschen Springern kam nur Wolfgang Happle unter die besten Zehn. Max Bolkart sprang zweimal Höchstweite, konnte aber beide Sprünge im Auslauf nicht stehen und fiel so hoffnungslos zurück.[2]

Pos. Springer Land Punkte
01 Eino Kirjonen Finnland  Finnland 226,5
02 Božo Jemc Jugoslawien Sozialistische Föderative Republik  Jugoslawien 219,5
03 Oddvar Saga Norwegen  Norwegen 219,0
04 Hemmo Silvennoinen Finnland  Finnland 218,0
05 Holger Karlsson Schweden  Schweden 216,0
06 Wolfgang Happle Deutschland BR  BR Deutschland 215,5
07 Koba Zakadse Sowjetunion 1955  Sowjetunion 215,0
07 Kjell Sjöberg Schweden  Schweden 215,0
09 Nikolai Schamow Sowjetunion 1955  Sowjetunion 214,0
10 Georg Thoma Deutschland BR  BR Deutschland 213,0
10 Inge Lindqvist Schweden  Schweden 213,0
10 Nikolai Kamenski Sowjetunion 1955  Sowjetunion 213,0

Innsbruck

Bearbeiten

Auf der Baustelle am Bergisel, es fanden Bauarbeiten für die nächsten Olympischen Spiele statt, hatten die Österreicher die Nase vorn. Willi Egger gewann mit Schanzenrekord von 89,5 m und Walter Habersatter verfehlte nur knapp mit 0,3 Punkten Rückstand den zweiten Platz. Erstmal setzte die große polnische Mannschaft in Gestalt von Antoni Wieczorek ein Achtungszeichen, er kam auf Platz fünf ein. Vorjahressieger Helmut Recknagel belegte den elften Platz, er hatte nach Pressemitteilungen noch zu wenig Trainingssprünge absolviert. Auf Grund seines vierten Platzes festigte Eino Kirjonen seinen ersten Platz in der Gesamtwertung.

Zwischenstand nach 2 Springen
Pos. Springer Punkte
01. Kirjonen 445,0
02. Zakadse 434,7
03. Silvennoinen 430,2
Pos. Springer Land Punkte
01 Willi Egger Osterreich  Österreich 225,0
02 Koba Zakadse Sowjetunion 1955  Sowjetunion 219,7
03 Walter Habersatter Osterreich  Österreich 219,4
04 Eino Kirjonen Finnland  Finnland 218,5
05 Antoni Wieczorek Polen 1944  Polen 214,4
06 Max Bolkart Deutschland BR  BR Deutschland 213,4
07 Nikolai Schamow Sowjetunion 1955  Sowjetunion 212,6
08 Kjell Sjöberg Schweden  Schweden 212,5
09 Hemmo Silvennoinen Finnland  Finnland 212,2
10 Juri Samsonow Sowjetunion 1955  Sowjetunion 210,1

Garmisch-Partenkirchen

Bearbeiten

So wie in Innsbruck der Tag der Österreicher war, war das Neujahrsspringen der Tag der bundesdeutschen Mannschaft. Drei deutsche Springer unter den ersten vier Plätzen hatte es bis dahin bei der Tournee noch nicht gegeben. Ausgerechnet ein Kombinierer gewann die Tageswertung. Der Olympiasieger in der Nordischen Kombination, Georg Thoma, gewann vor dem abermals starken Österreicher Willi Egger und Wolfgang Happle. Altmeister Max Bolkart rundete mit Platz vier das gute Abschneiden der westdeutschen Springer ab. Durch dieses Ergebnis und die Tatsache, dass der bis dahin Zweitplatzierte der Gesamtwertung, Koba Zakadse, nur den 43. Platz belegte, wurde die Gesamtwertung ordentlich durcheinandergewirbelt. Zwar führte Kirjonen weiterhin unangefochten mit nunmehr fast 20 Punkten Vorsprung, aber dahinter ergab sich nun für Georg Thoma plötzlich die Chance auf einen Podiumsplatz in der Gesamtwertung. Etwas überraschend belegte der Schwede Lindqvist zu diesem Zeitpunkt Platz 4 in der Gesamtwertung.

Zwischenstand nach 3 Springen
Pos. Springer Punkte
01. Kirjonen 661,2
02. Silvennoinen 641,4
03. Thoma 641,0
04. Lindqvist 636,5
05. Schamow 634,6
06. Kamenski 633,9
07. Habersatter 633,7
08. Wieczorek 630,9
09. Egger 630,7
10. Samsonow 624,5
Pos. Springer Land Punkte
01 Georg Thoma Deutschland BR  BR Deutschland 225,5
02 Willy Egger Osterreich  Österreich 221,7
03 Wolfgang Happle Deutschland BR  BR Deutschland 220,0
04 Max Bolkart Deutschland BR  BR Deutschland 216,4
05 Eino Kirjonen Finnland  Finnland 216,2
06 Nikolai Kamenski Sowjetunion 1955  Sowjetunion 215,2
07 Niilo Halonen Finnland  Finnland 214,2
07 Inge Lindqvist Schweden  Schweden 214,2
09 Veikko Kankkonen Finnland  Finnland 213,0
10 Holger Karlsson Schweden  Schweden 212,4

Bischofshofen

Bearbeiten

Das Abschlussspringen gestaltete sich in jeder Hinsicht denkwürdig. Es begann damit, dass der in der Gesamtwertung Drittplatzierte Georg Thoma zum vierten Springen nicht antrat und stattdessen einen Wettkampf in der Nordischen Kombination Rund um Neukirch bestritt. Diesen gab er im Laufwettbewerb nach ca. 1,5 km gelaufener Strecke auf, da er sich total verwachst hatte.[6] War schon das deutsche Abschneiden in Garmisch herausragend, so setzten die Deutschen Springer beider Mannschaften in Bischofshofen noch einen drauf. Auf Platz zwei bis sechs kamen fünf deutsche Springer, 3 aus der DDR, 2 aus der Bundesrepublik, unter den ersten zehn Plätzen ein. Zur Freude der Zuschauer gewann Willi Egger nach Innsbruck sein zweites Springen dieser Tournee und verbesserte sich in der Gesamtwertung von Platz neun auf den zweiten Platz. Der gesamtführende Kirjonen belegte den 12. Platz.

Pos. Springer Land Punkte
01 Willy Egger Osterreich  Österreich 222.7
02 Helmut Recknagel Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 220,3
03 Wolfgang Happle Deutschland BR  BR Deutschland 215,0
04 Dieter Bokeloh Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 213,6
05 Werner Lesser Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 212,8
06 Heini Ihle Deutschland BR  BR Deutschland 210,5
07 Koba Zakadse Sowjetunion 1955  Sowjetunion 210,0
08 Oddvar Saga Norwegen  Norwegen 208,8
09 Antoni Wieczorek Polen 1944  Polen 208,5
10 Nikolai Schamow Sowjetunion 1955  Sowjetunion 206,1

Gesamtstand

Bearbeiten

Altmeister Eino Kirjonen gelang nach drei zweiten Plätzen ein Starkes Comeback. Den Grundstein dafür legte er gleich beim ersten Springen in Oberstdorf, wobei er dabei auch vom Sturz Willi Eggers profitierte. Der Österreicher war der überragende Springer dieser Tournee, der zwei Springen gewann und in Garmisch Zweiter wurde. Sein Sturz in Oberstdorf raubte ihm aber den Gesamtsieg.[7]

Rang Name Nation Gesamt-
wertung
Oberst-
dorf
[8]
Inns-
bruck
[9]
Garmisch-
Partenk.-
[10]
Bischofs-
hofen
[11]
01 Eino Kirjonen Finnland  Finnland 865,1 226,5 / 01. 218,5 / 04. 216,2 / 05. 203,9 / 12.
02 Willi Egger Osterreich  Österreich 853,4 184,0 / 52. 225,0 / 01. 221,7 / 02. 222,7 / 01.
03 Hemmo Silvennoinen Finnland  Finnland 843,2 218,0 / 04. 212,2 / 09. 211,2 / 12. 201,8 / 14.
04 Nikolai Schamow Sowjetunion 1955  Sowjetunion 840,7 214,0 / 09. 212,6 / 07. 208,0 / 18. 206,1 / 10.
05 Antoni Wieczorek Polen 1944  Polen 839,4 212,0 / 13. 214,4 / 05. 204,5 / 26. 209,5 / 09.
06 Walter Habersatter Osterreich  Österreich 833,4 206,0 / 23. 219,4 / 03. 208,3 / 17. 199,7 / 18.
07 Koba Zakadse Sowjetunion 1955  Sowjetunion 833,0 215,0 / 07. 219,7 / 02. 188,3 / 43. 210,0 / 07.
08 Inge Lindqvist Schweden  Schweden 832,5 213,0 / 10. 209,3 / 13. 214,2 / 07. 196,0 / 24.
09 Oddvar Saga Norwegen  Norwegen 830,4 219,0 / 03. 195,4 / 27. 207,2 / 21. 208,8 / 08.
10 Max Bolkart Deutschland BR  BR Deutschland 828,7 193,0 / 42. 213,4 / 06. 216,4 / 04. 205,9 / 11.

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Eino Kirjonen siegte im Stil der Weltklasse. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 29. Dezember 1961, S. 10.
  2. Hamburger Abendblatt vom 29. Dezember 1961, S. 10.
  3. Sprünge wie im Traum – das war der Sieg. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 31. Dezember 1961, S. 37.
  4. Österreichs Springer noch nicht in Form. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 3. Jänner 1962, S. 10.
  5. Egger zählt zu den Besten der Welt. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 9. Jänner 1962, S. 11.
  6. Hamburger Abendblatt vom 8. Januar 1962, S. 6.
  7. FIS-Resultatsliste
  8. FIS-Resultatsliste
  9. FIS-Resultatsliste
  10. FIS-Resultatsliste
  11. FIS-Resultatsliste