Die DKW NZ 250 und DKW NZ 350 sind Motorradmodelle der Auto Union, die von 1938 bis 1943 gebaut wurden. Bedingt durch die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges ist die drei Hubraumklassen (250 cm³, 350 cm³ und 500 cm³) umfassende NZ-Reihe die letzte in der Geschichte des Herstellers aus dem DKW-Stammwerk in Zschopau.

DKW

DKW NZ 350, Baujahr 1939
DKW NZ 250/350
Hersteller Auto Union
Verkaufsbezeichnung DKW NZ 250/350
Produktionszeitraum 1938 bis 1943
Klasse Motorrad
Motordaten
Vorgängermodell DKW SB 200/250/300/350

Modellgeschichte und Technik

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Detailansicht des Motors einer DKW NZ 250

Die NZ-Typenreihe war bereits im Herbst 1936 serienreif, wurde aber angesichts der anhaltend hohen und sogar steigenden Verkaufszahlen der SB-Baureihe erst rund zwei Jahre später in Serie produziert und löste die SB-Modelle ab.[1] Anders als bei den meisten der vorangegangenen Modelle des Herstellers waren Rahmen und Motor komplett neu konstruiert.[2]

Waren die spiegelbildlichen Pressstahl-Rahmenhälften bei den SB-Modellen noch miteinander verschraubt, wurden diese durch Fortschritte in den Schweißtechniken bei den NZ-Typen umlaufend miteinander verschweißt. Auch weitere Rahmenverbindungen wurden geschweißt. Aufgrund des hohen Strombedarfs und gleichzeitig unzureichenden Stromnetzes konnte dies nur nachts durchgeführt werden, wenn ausreichend Kapazität vorhanden war.[3][4]

Die NZ hat ein Viergang-Getriebe, das mit Hand- oder Fußhebel geschaltet werden kann. Die Mehrscheibenkupplung läuft im Ölbad. Statt des bis dahin verwendeten Zahnradpaars ist eine Primärkette zwischen Kurbelwelle und dem mit dem Motor in einem gemeinsamen Gehäuse verblockten Getriebe eingebaut. Die geschlossenen Gabelscheiden sind über außenliegende Schwinghebel am Lenkkopf geführt.[2]

Gegen einen Aufpreis von 40 RM wurden beide NZ-Modelle ab Werk in Geländeausführung geliefert.[5][6]

DKW pries die NZ 350 in einem Verkaufsprospekt von 1937 mit folgenden Vorzügen: „Der rasante Abzug des 11 PS DKW-Zweitaktmotors [sic], die wunderbare Straßenlage und die hervorragenden Bremsen ermöglichen Reisedurchschnitte, die den höchsten Ansprüchen genügen. Ausrüstung und Konstruktionsmerkmale entsprechen der NZ 250: Unbedingt bruch- und verwindungsfester Zentral-Kastenrahmen, »beiwagenfest«, Vierganggetriebe mit kombinierter Fuß- und Handschaltung, Schwebesattel, doppelt verstellbare Fuß-Zehenbremse, Zentralschalter auf dem Tank, vibrationsfrei in Gummi gelagerter Lenker, Gummistoßdämper in der Kraftübertragung der Hinterradnabe […]. Stundenlang und ohne Ermüdungserscheinungen läßt sich die Maschine dreschen, ein typisches Kennzeichen eines jeden DKW-Motors.“[6]

Technische Daten[2][7]
NZ 250 NZ 350
Baujahre 1938–1941 1938–1943
Motor fahrtwindgekühlter Einzylinder-Zweitaktmotor, Kickstarter
Steuerung Schlitzsteuerung
Ladungswechsel Umkehrspülung
Bohrung × Hub 60 × 68 mm 72 × 85 mm
Hubraum 247 cm³ 346 cm³
Verdichtung 5,8 : 1
Nennleistung PS (6,6 kW) bei 4000/min 11,5 PS (8,5 kW) bei 3850/min
max. Drehmoment 1,8 kpm (17,7 Nm) bei 2750/min 2,45 kpm (24 Nm) bei 2600/min
Vergaser Graetzin, Amal, Bing
Schmierung Zweitaktgemisch 1 : 25
Zündung Batteriezündung, kontaktgesteuert
Lichtmaschine 6 V – 75 W
Bordspannung 6 V
Getriebe 4-Gang-Getriebe
Endantrieb Kette
Rahmenbauart Pressstahl-Zentralkasten-Rahmen mit Unterzug
Maße (L × B × H) 2095 × 770 × 920 mm 2119 × 770 × 925 mm
Radstand 1355 mm
Radaufhängung vorn Parallelogrammgabel mit Schraubenfeder
Radaufhängung hinten Starrrahmen
Bremsen Innenbacken vorn und hinten
Leergewicht 135 kg 145 kg
Höchstgeschwindigkeit 95 km/h 105 km/h
Stückzahl ca. 26.700 ca. 45.300

Sonderausführungen

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Die Modelle beider Hubraumklassen wurden in relativ großen Stückzahlen in Sonderausführungen für Behörden ausgeliefert, so beispielsweise für die Reichspost. Diese Modelle erhielten z. B. Beinschilde, die bis unter die Fußrasten reichen, sowie einen verlängerten Hinterradkotflügel.[2]

NZ Modelle im Dienste der Deutschen Wehrmacht

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DKW NZ 350 Gespann mit militärischer Ausrüstung, Baujahr 1941
 
DKW NZ 350-1 aus dem Jahr 1945 im August-Horch-Museum Zwickau

Aufgrund des bei Kriegsbeginn 1939 noch nicht erreichten Ausstattungs-Solls der Wehrmacht wurden in Privatbesitz befindliche Motorräder für den Militärdienst requiriert. Diese verrichteten ihren Dienst oft mit der zivilen Zulassungsnummer (Kennzeichen) ihres Vorbesitzers und manchmal auch in der zivilen Lackierung. Unter den unterschiedlichen Motorradtypen verschiedener Hersteller taten sich die DKW Modelle NZ 250 und NZ 350 während des Krieges besonders hervor und waren wegen ihrer Robustheit und Zuverlässigkeit bei den Kradfahrern sehr beliebt.

Die in der Vorkriegszeit bei der Wehrmacht eingeführten DKW-Motorräder der SB-Baureihe wurden von den NZ-Modellen langsam abgelöst.

Die Produktion von NZ 250 und NZ 350 lief noch bis Anfang 1941 parallel. Danach wurde die Produktion der NZ 250 eingestellt und ausschließlich NZ 350 für die Wehrmacht produziert und ausgeliefert. Abgesehen von der wehrmachtsgrauen Lackierung und der Wehrmachtszulassung („WH“ = Wehrmacht Heer, "WL" = Wehrmacht Luftwaffe und "WM" = Wehrmacht Marine) entsprachen diese Modelle der zivilen Ausführung. Sie wurden lediglich durch Anbringen eines Soziussitzes, (Leder-)Packtaschen, einer Scheinwerferabdeckung, eines Rammschutzbügels vor dem Lichtmaschinendeckel und eines Seitenständers „militarisiert“. Als Folge der Erfahrungen auf den unterschiedlichen Kriegsschauplätzen erhielt die NZ 350 ab 1943 ein verstärktes Getriebe (erkennbar an der Stempelung „VG“ auf dem Getriebedeckel).

Ab 1944 kam eine speziell für die Bedingungen des Krieges entwickelte Version heraus. Sie wurde als NZ 350-1 bezeichnet. Das Modell hatte ein Motorgehäuse aus Grauguss (statt Aluminium), ein stärker untersetztes 3-Gang-Getriebe (das Vorgängermodell NZ 350 hatte ein 4-Gang-Getriebe) sowie die kleinere Lichtmaschine der DKW RT 125-1. Letzteres bedingte einen geänderten Spulenkasten und Regler. Außerdem hatte sie geänderte Scheinwerfer und Schutzbleche, einen serienmäßigen Wirbelluftfilter, seitliche Packkoffer aus Metall sowie eine, dem Einsatzzweck angepasste, militärische Lackierung. Die NZ 350-1 wurde von 1944 bis Kriegsende 1945 rund 12.000-mal gefertigt.[2]

Eingesetzt wurden die bei der Wehrmacht den sogenannten „mittleren Kräder“n zugeordneten NZ 250/350 Modelle als Melde-, Aufklärungs- und Kuriermaschinen im Solobetrieb. Zeitgenössische Fotos belegen aber, dass in seltenen Fällen auch ein militärischer Beiwagen mit sogenanntem „Einheitsboot“ montiert wurde. Für die NZ-Modelle gab es eigene Dienstvorschriften der Wehrmacht, in denen Technik, Bedienung, Pflege und Instandsetzung der Kräder beschrieben wurden.

Weiterbau in der Sowjetunion

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Sowjetische IZH-350

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die DKW-Fertigungsanlagen komplett demontiert, als Reparationsleistung in die Sowjetunion verbracht und in den Ischmasch-Werken in Ischewsk wieder aufgebaut. Zunächst wurde bis 1951 in großen Stückzahlen die der NZ 350-1 weitgehend identische IZH-350 gefertigt. Lediglich das aufgrund von Materialknappheit während des Krieges bei der NZ 350-1 eingeführte Grauguss-Motorgehäuse wurde bei der IZH 350 durch ein Aluminium-Motorgehäuse ersetzt.

Als Weiterentwicklung der bewährten Konstruktion entstand daraus 1951 die IZH-49.

Literatur

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  • Frank Rönicke: DKW-Motorräder 1920–1970 (= Typenkompass). 1. Auflage. Motorbuch, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-613-02633-9, S. 7–14, 77–78, 82.
  • Die Motoren der Krafträder. Einzylinder-Motoren: Zweitakter DKW RT 125, NZ 250 und 350. In: Neue Kraftfahrer-Zeitung. 17. Jahrgang, Nr. 16. Stuttgart 30. Juli 1942, S. 235–238 (Ausführliche technische Beschreibung der Motoren).

Einzelnachweise

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  1. Carl H. Hahn, Peter Kirchberg: DKW-Hahn. Ein Manager und Unternehmer der deutschen Kraftfahrzeugindustrie. 2. unveränderte Auflage. Verlag Heimatland Sachsen e.K., Chemnitz 2016, ISBN 978-3-910186-93-4, S. 118 (Digitalisat [PDF; 28,3 MB; abgerufen am 6. Juni 2023]).
  2. a b c d e Frank Rönicke: DKW-Motorräder 1920–1970 (= Typenkompass). 1. Auflage. Motorbuch, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-613-02633-9, S. 77–78, 82.
  3. Norbert Adolph: Fahrwerk – Bindeglied zur Straße. In: Christian Bartsch (Hrsg.): Ein Jahrhundert Motorradtechnik. VDI-Verlag GmbH, Düsseldorf 1987, ISBN 3-18-400757-X, S. 189.
  4. Siegfried Rauch: DKW – Die Geschichte einer Weltmarke. 3. Auflage. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-87943-759-9, S. 53.
  5. Prospekte zur DKW NZ 250 auf dkw-motorrad-club.de. Abgerufen am 28. Oktober 2021.
  6. a b Prospekte zur DKW NZ 350 auf dkw-motorrad-club.de. Abgerufen am 28. Oktober 2021.
  7. DKW-Geyer. Datenblatt. Abgerufen am 28. Oktober 2021.
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Commons: DKW NZ 250 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: DKW NZ 350 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien