Fellheim
Fellheim ist eine Gemeinde im schwäbischen Landkreis Unterallgäu des deutschen Bundeslandes Bayern.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Koordinaten: | 48° 4′ N, 10° 9′ O | |
Bundesland: | Bayern | |
Regierungsbezirk: | Schwaben | |
Landkreis: | Unterallgäu | |
Verwaltungsgemeinschaft: | Boos | |
Höhe: | 566 m ü. NHN | |
Fläche: | 5,07 km2 | |
Einwohner: | 1154 (31. Dez. 2023)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 228 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 87748 | |
Vorwahl: | 08335 | |
Kfz-Kennzeichen: | MN | |
Gemeindeschlüssel: | 09 7 78 139 | |
LOCODE: | DE FHM | |
Adresse der Gemeindeverwaltung: |
87748 Fellheim | |
Website: | fellheim.vgem-boos.de | |
Erster Bürgermeister: | Reinhard Schaupp (ohne Wahlvorschlag) | |
Lage der Gemeinde Fellheim im Landkreis Unterallgäu | ||
Geografie
BearbeitenDas Pfarrdorf Fellheim liegt zehn Kilometer nördlich von Memmingen in der Region Donau-Iller in Oberschwaben. Das Gemeindegebiet besteht nur aus der Gemarkung Fellheim. Weitere Gemeindeteile gibt es nicht.[2][3]
Geschichte
BearbeitenBis zur Gemeindegründung
BearbeitenDie Gemeinde liegt an der ehemaligen Befestigungslinie des Donau-Iller-Rhein-Limes, auf der rechten Seite der Iller zwischen Kellmünz an der Iller und Memmingen. Fellheim gehörte nach mehreren Besitzwechseln ab dem 25. Januar 1555, der Übergabe des Lehensbriefes vom Fürststift Kempten, den Freiherren Reichlin von Meldegg. Die Familie Reichlin von Meldegg kam ursprünglich aus der Nähe von Hohenems im heutigen Vorarlberg. Fellheim war Sitz der gleichnamigen Herrschaft. Zwei Jahre später wurde mit dem Bau des Schlosses begonnen. 1620 erhielt die Freiherrschaft das Recht, den Blutbann auszuüben. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde das Dorf von Schweden und von kaiserlichen Truppen geplündert und vollkommen verwüstet. In den Jahren 1636 bis 1643 lebte in dem Ort keine Person mehr. Ein einziger Bauer kehrte vom Krieg heim. Die Felder blieben während der Zeit unbestellt. Der Ortsherr, der in die Schweiz geflüchtet war, kehrte im Jahre 1643 nach Fellheim zurück. Um die Einwohnerzahl zu erhöhen, siedelte Freiherr Phillip Bernhard von Reichlin-Meldegg im Jahre 1670 fünf jüdische Familien in Fellheim an.
Mit der Rheinbundakte 1806 kam der Ort zu Bayern. Im Zuge der Verwaltungsreformen in Bayern entstand mit dem Gemeindeedikt von 1818 die heutige Gemeinde.
Jüdische Gemeinde
BearbeitenDie jüdische Gemeinde bestand bis 1943 und bildete den überwiegenden Teil der Ortsbevölkerung. Im Ortsbild, südlich des Schlosses, ist noch heute das jüdische Ensemble zu erkennen, das aus Synagoge, Friedhof, Schule, Wohn- und Geschäftshäusern bestand.
Wallfahrt zum Heiligen Kreuz in Pleß
BearbeitenDie Sühnefußwallfahrt zum Heiligen Kreuz von Pleß ist eine auf das Jahr 1665 zurückgehende und im Jahre 1973 wieder eingeführte Sühnefußwallfahrt, beginnend in der Pfarrkirche Herz-Jesu in Fellheim, zu einem drei Kilometer entfernten angeblich wunderwirkenden Kreuz in der Kreuzkapelle auf der Gemarkung von Pleß im Landkreis Unterallgäu. Die Wallfahrt findet an jedem zweiten Montag von Mai bis Oktober abends vor Sonnenuntergang statt. An ihr nehmen jeweils bis zu 3000 Wallfahrer aus dem Illertal und Umgebung teil.
Fellheimer Synagoge
BearbeitenJacob Bär war von 1745 bis 1765 Rabbiner in Laupheim. Von ihm wird berichtet, dass er vorher das Amt in der jüdischen Gemeinde Fellheim innehatte. Die Synagoge, ein dreistöckiges Gebäude von fünfzehn Meter Länge und zehn Meter Breite wurde 1786 in barockem Stil erbaut und 1860 umfassend renoviert.[4] Im Zuge der Novemberpogrome wurde das Bauwerk am 10. November 1938 von Bewohnern der Nachbargemeinde Boos und SS-Truppen aus Memmingen verwüstet. Im Zweiten Weltkrieg lagerten Flugzeugteile in dem Gebäude. Nach dem Krieg entwickelte Pläne, die Synagoge als jüdisches Gotteshaus für die in Memmingen und Umgebung lebenden Juden wieder aufzubauen, wurden nie verwirklicht. Auch die Anregung, das Gebäude als katholische Kirche oder Rathaus umzugestalten, wurden verworfen. Im Jahre 1950 wurde das Gebäude verkauft und als Wohnhaus umgebaut. Seit 2007 ist die ehemalige Synagoge wieder im Besitz der Gemeinde Fellheim; sie wurde seit 2013 zurückgebaut und renoviert.[4] Im Oktober 2015 wurde die ehemalige Synagoge als Bürgerhaus eröffnet.[5]
Einwohnerentwicklung
BearbeitenBevölkerungsentwicklung | ||||||||||||||
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Jahr | 1961 | 1970 | 1987 | 1991 | 1995 | 2000 | 2005 | 2010 | 2015 | 2020 | ||||
Einwohner | 848 | 860 | 772 | 917 | 1067 | 1210 | 1220 | 1151 | 1119 | 1132 |
Zwischen 1988 und 2018 wuchs die Gemeinde von 815 auf 1148 um 333 Einwohner bzw. um 40,9 %.
Politik
BearbeitenDie Gemeinde ist Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft Boos.[6]
Bürgermeister
BearbeitenErster Bürgermeister ist Reinhard Schaupp. Er wurde bei den bayerischen Kommunalwahlen im März 2020 mit 93,9 % der Stimmen Nachfolger von Alfred Groezinger. Dieser wiederum wurde im Jahr 2008 Nachfolger von Karl Schregle. Dieser war im Jahr 2002 der Nachfolger von Bernhard Kling (Wählergruppe Arbeitnehmer).
Gemeinderat
BearbeitenBei der Kommunalwahl am 15. März 2020 lag nur der Wahlvorschlag der Fellheimer Liste vor, die alle zwölf Sitze erhielt. Auch in der vorausgehenden Amtszeit 2014 bis 2020 hatte die Fellheimer Liste die einzige Bewerberliste vorgelegt und alle zwölf Mandate erhalten.
Wappen
BearbeitenBlasonierung: „Gespalten von Rot und Silber; vorne der heilige Johannes von Nepomuk mit Sternennimbus, hinten ein grüner Weidenbaum.“[8] | |
Wappenbegründung: Das Gemeindewappen ist reich am sinnbildlichen Beziehungen auf den Ort. Die Farben Rot – Silber erinnern an die Freiherren Reichlin von Meldegg, die fast 400 Jahre lang Grundherren von Fellheim waren; der heilige Johannes von Nepomuk ist Ortspatron. Der Weidenbaum verweist auf den alten Ausdruck „Felwe“ für Weide und stellt damit den Bezug zum Ortsnamen her.
Dieses Wappen wird seit 1948 geführt. Der Entwurf stammt vom Memminger Walter Braun und die Gestaltung übernahm der Münchner Emil Werz. |
Flagge
BearbeitenDie Flagge ist weiß–rot gestreift mit aufgelegtem Gemeindewappen.
Baudenkmäler
Bearbeiten- ehemaliges Schloss Reichlin-Meldegg
- ehemalige Synagoge
- ehemaliger jüdischer Friedhof
- Bestand an Häusern der ehemaligen jüdischen Siedlung
- Herz Jesu Kirche, 1958
- Bahnhof Fellheim
Wirtschaft und Infrastruktur
BearbeitenWirtschaft einschließlich Land- und Forstwirtschaft
BearbeitenEs gab im Jahr 2021 nach der amtlichen Statistik im produzierenden Gewerbe 60 und sonstigen Wirtschaftsbereiche 167 Personen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Wohnort gab es insgesamt 507. Im verarbeitenden Gewerbe gab es keine, im Bauhauptgewerbe zwei Betriebe. Zudem bestanden im Jahr 2020 sechs landwirtschaftliche Betriebe mit einer landwirtschaftlich genutzten Fläche von 171 ha, davon waren 93 ha Ackerfläche und 78 ha Dauergrünfläche.
Die Gemeinde hatte im Jahre 2012 viele Auspendler, die in Memmingen oder im benachbarten Kirchdorf an der Iller bei der Firma Liebherr-Hydraulikbagger arbeiteten. Größter Arbeitgeber am Ort war das private Pflegeheim Johanneshof Schloss Fellheim.
Verkehr
BearbeitenFellheim hatte einen Bahnhof an der Bahnstrecke Neu-Ulm–Kempten. Dieser wurde jedoch stillgelegt. Für die Regio-S-Bahn Donau-Iller ist jedoch eine Wiedereröffnung geplant.[9]
Bildung
BearbeitenIm Dorf Fellheim gibt es einen Kindergarten mit 68 Plätzen.
Tourismus
BearbeitenFellheim liegt am Iller-Radweg, einer Fernverbindung für Radfahrer zwischen Ulm und Oberstdorf.
Persönlichkeiten
Bearbeiten- Sebastian Reichlin von Meldegg, erhielt am 25. Januar 1555 den Lehensbrief von der Fürstabtei Kempten und begründete die ca. 300 Jahre währende Herrschaft Reichlin von Meldegg
- Joseph Rosenthal (1805–1885), Buchhändler
- Ludwig Rosenthal (1840–1928), Buchhändler
- Jacques Rosenthal (1854–1937), Buchhändler
- Hans-Joachim Weirather (* 1959), Landrat des Landkreises Unterallgäu (seit 2006)
Literatur
Bearbeiten- Fellheim an der Iller. Eine bebilderte Führung durch den ehemaligen jüdischen Ortskern Fellheims, hgg. v. Arbeitskreis Geschichte, Brauchtum und Chronik in Zusammenarbeit mit dem Amt für ländliche Entwicklung und der Gemeinde Fellheim (2007)
- Julius Miedel, Hermann Rose: Die Juden im Illertal. Hrsg.: Anton Zanker. BoD, Norderstedt 2021, ISBN 978-3-7534-2473-6.[10]
- Wilhelm Rapp: Geschichte des Dorfes Fellheim. Hrsg.: Anton Zanker. BoD, Norderstedt 2022, ISBN 978-3-7562-3094-5.[11]
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Genesis-Online-Datenbank des Bayerischen Landesamtes für Statistik Tabelle 12411-003r Fortschreibung des Bevölkerungsstandes: Gemeinden, Stichtag (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
- ↑ Gemeinde Fellheim in der Ortsdatenbank der Bayerischen Landesbibliothek Online. Bayerische Staatsbibliothek, abgerufen am 21. Juni 2021.
- ↑ Gemeinde Fellheim, Liste der amtlichen Gemeindeteile/Ortsteile im BayernPortal des Bayerischen Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 21. Dezember 2021.
- ↑ a b Alemannia Judaica: Fellheim (Kreis Unterallgäu) Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge, aufgerufen am 22. Mai 2015
- ↑ Bürgerhaus in ehemaliger Synagoge: Fellheim erinnert an seine 300-jährige jüdische Geschichte ( vom 26. Oktober 2015 im Internet Archive), Bayerischer Rundfunk, 25. Oktober 2015
- ↑ BayernPortal > Fellheim. Bayerisches Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 1. Juli 2020.
- ↑ Zweitstimmen, gemäß Quelle www.wahlen.bayern.de abgerufen am 4. August 2023
- ↑ Eintrag zum Wappen von Fellheim in der Datenbank des Hauses der Bayerischen Geschichte
- ↑ SMA/Intraplan: Regio-S-Bahn Donau-Iller Ergebnisse der Hauptstudie ( des vom 26. März 2018 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 2,4 MB), 27. November 2012, abgerufen am 19. November 2013
- ↑ Die Juden im Illertal; Beiträge unter anderem zu den jüdischen Gemeinden in Fellheim, Osterberg und Altenstadt, sowie zur Familie Rosenthal. Abgerufen am 29. August 2022.
- ↑ Urfassung 1939; soll 2022 erstmals in der Urfassung aus dem Jahre 1939 erscheinen. In der späteren Fassung von 1960 hatte der Verfasser W. Rapp die Geschichte nochmal umgeschrieben. Eine lesenswerte Ergänzung zur bestehenden Ausgabe von 1960. Ehemals im ; abgerufen am 29. August 2022. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) (nicht mehr online verfügbar)