Prawdinsk

Stadt in Russland
(Weitergeleitet von Friedland (Ostpreußen))

Prawdinsk (russisch Правдинск, anhören/?), deutsch bis 1946 Friedland in Ostpreußen (polnisch Frydląd, litauisch Romuva), ist eine Kleinstadt mit 3986 Einwohnern (Stand 1. Oktober 2021)[1] im Süden der russischen Oblast Kaliningrad im Rajon Prawdinsk. Die Stadt Prawdinsk ist Verwaltungssitz der kommunalen Selbstverwaltungseinheit Stadtkreis Prawdinsk.

Stadt
Prawdinsk/Friedland
Правдинск
Flagge Wappen
Flagge
Wappen
Föderationskreis Nordwestrussland
Oblast Kaliningrad
Rajon Prawdinsk
Gegründet 1312
Frühere Namen Friedland in Ostpreußen (bis 1946)
Stadt seit 1335
Fläche 10 km²
Bevölkerung 3986 Einwohner
(Stand: 1. Okt. 2021)[1]
Bevölkerungsdichte 399 Einwohner/km²
Höhe des Zentrums 20 m
Zeitzone UTC+2
Telefonvorwahl (+7) 40157
Postleitzahl 238400
Kfz-Kennzeichen 39, 91
OKATO 27 233 501
Geographische Lage
Koordinaten 54° 27′ N, 21° 1′ OKoordinaten: 54° 27′ 0″ N, 21° 1′ 0″ O
Prawdinsk (Europäisches Russland)
Prawdinsk (Europäisches Russland)
Lage im Westteil Russlands
Prawdinsk (Oblast Kaliningrad)
Prawdinsk (Oblast Kaliningrad)
Lage in der Oblast Kaliningrad
Liste der Städte in Russland

Die Stadt liegt in der historischen Region Ostpreußen an der Alle, etwa 50 Kilometer südöstlich von Königsberg (Kaliningrad).

Geschichte

Bearbeiten

Im Jahre 1312 wurde der heutige Ort durch den Deutschen Orden gegründet. Der Ordens-Hochmeister Luther von Braunschweig verlieh dem Ort 1335 unter dem Namen Friedland das Kulmer Stadtrecht. Litauische Eindringlinge richteten 1347 schwere Zerstörungen an. 1441 trat die Stadt dem Preußischen Bund bei und gehörte im Städtekrieg 1454 zu den Gegnern des Deutschen Ordens. Im 15. Jahrhundert wurde Friedland zu einem bedeutenden Zentrum für Tuchmacherei und Weberei. Das Ordensheer zerstörte Friedland 1466 erneut. Weitere Zerstörungen erlitt die Stadt 1553 durch einen Stadtbrand, dem nur die Kirche entging, und 1656 durch schwedische Truppen. 1795 wütete erneut eine Feuersbrunst in der Stadt. Am 14. Juni 1807 fand die Schlacht von Friedland statt, in der Napoleon das russische Heer schlug. Zum Treffen der europäischen Orte mit Namen Friedland wurde die Schlacht am Originalschauplatz anlässlich des 200. Jahrestages nachgestellt.

Durch die preußische Verwaltungsreform von 1818 wurde Friedland Kreisstadt des gleichnamigen Kreises im Regierungsbezirk Königsberg. 1885 hatte die Stadt 3182 Einwohner. Den Status der Kreisstadt verlor Friedland 1902 wieder, als das Landratsamt nach Bartenstein verlegt wurde.

Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Friedland eine evangelische Kirche, eine Rettungsstation, eine Präparandenanstalt, ein Amtsgericht, ein Hauptsteueramt sowie eine Dampfmahlmühle und eine Dampfschneidemühle.[2] 1921–1923 wurde das Kraftwerk Friedland erbaut, das große Teile Ostpreußens mit Elektrizität versorgte. 1927 wurde auch der Kreis nach Bartenstein benannt. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges hatte Friedland 4410 Einwohner.

Nach Eroberung der Stadt durch die Rote Armee 1945 wurde die Innenstadt abgebrannt, und die Kirche verlor vollständig ihre Ausstattung. Sie wurde später in eine Lagerhalle umgewandelt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Friedland im Sommer 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht gemäß dem Potsdamer Abkommen zusammen mit der ganzen nördlichen Hälfte Ostpreußens unter sowjetische Verwaltung gestellt und in Prawdinsk umbenannt, vermutlich in Anlehnung an das russische Wort prawda (Wahrheit). Zu den interessanten Bauwerken zählen neben der frühgotischen Pfarrkirche auch die um 1923 errichtete Staumauer (ehem. „Ostpreußenwerk“) am Fluss Alle. Die Region war bis zum Zerfall der Sowjetunion im Jahre 1991 Teil der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik und gehört seitdem zur Russischen Föderation.

Bevölkerungsentwicklung

Bearbeiten
 
Friedland, nordöstlich von Bartenstein, auf einer Landkarte von 1910
 
St.-Georgs-Kirche
 
Marktplatz (Sommer 2011)
bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
1782 über 2.000 ohne die Garnison (ein Bataillon Infanterie)[3]
1802 2.118 [4]
1810 1.535 [4]
1816 1.808 davon 1.761 Evangelische und 47 Katholiken (keine Juden)[4]
1821 2.137 [4]
1831 2.283 [5]
1858 2.595 davon 2.559 Evangelische, sieben Katholiken und 29 Juden[6]
1864 3.474 am 3. Dezember[7]
1875 3.296 [8]
1880 3.366 [8]
1890 2.609 [8]
1900 2.824 [2]
1933 4.323 [8]
1939 4.410 [8]
seit 1945
Jahr Einwohner
1959 2.718
1970 3.335
1979 4.070
1989 4.143
2002 4.480
2010 4.323
2021 3.986

Anmerkung: Volkszählungsdaten

Prawdinskoje gorodskoje posselenije 2004–2015

Bearbeiten
 
Lage der städtischen Gemeinde Prawdinskoje gorodskoje posselenije innerhalb des Rajons Prawdinsk
 
Mühlenteich (Melnitschny prud) am nördlichen Stadtrand, von der St.-Georgs-Kirche aus

Die städtische Gemeinde Prawdinskoje gorodskoje posselenije (ru. Правдинское городское поселение) wurde im Jahr 2004 eingerichtet[9] und enthielt außer der Stadt Prawdinsk weitere 32 als „Siedlungen“ (russisch: possjolok) eingestufte Ortschaften im westlichen und mittleren Bereich des Rajon Prawdinsk. Im Jahr 2015 wurde die Gemeinde aufgelöst und deren Orte in den Stadtkreis Prawdinsk eingegliedert.

Zu den 32 Siedlungen der Prawdinskoje selskoje posselenije gehörten die Orte:

Ortsname deutscher Name Ortsname deutscher Name
Antonowo (Антоново) Grünwalde Lukino (Лукино) Kloschenen
Bely Jar (Белый Яр) Eiserwagen Nowoje (Новое) Trimmau
Berjosowo (Берёзово) Schönbaum Oktjabrskoje (Октябрьское) Klein Schönau
Bytschkowo (Бычково) Kaydann Peredowoje (Передовое) Postehnen
Cholmogorje (Холмогорье) Kipitten Pessotschnoje (Песочное) Althof
Dalneje (Дальнее) Wommen Poretschje (Поречье) Allenau
Druschba (Дружба) Allenburg Progress (Прогресс) Auglitten
Dworkino (Дворкино) Friedenberg Rjabinino (Рябинино) Korwlack
Fedotowo (Федотово) Plauen, Kreis Wehlau Rodniki (Родники) Leißienen
Iswilino (Извилино) Dettmitten Rownoje (Ровное) Heinrichsdorf
Kisseljowka (Киселёвка) Karschau Schewtschenko (Шевченко) zu Friedland
Kostjukowka (Костюковка) Heyde Selenzowo (Зеленцово) Grünthal
Krasnopolje (Краснополье) Hohenstein Sewskoje (Севское) Böttchersdorf
Krutoi Jar (Крутой Яр) Götzlack Sopkino (Сопкино) Rosenberg, Kreis Gerdauen
Kurortnoje (Курортное) Wohnsdorf mit Agnesenhof Tjomkino (Тёмкино) Mertensdorf
Lugowoje (Луговое) Hohenfelde Trostniki (Тростники) Schakenhof

Evangelisch

Bearbeiten

Kirchengemeinde

Bearbeiten

Seit Einführung der Reformation bis zum Jahre 1945 bestand eine evangelische Kirchengemeinde in Friedland. Gotteshaus war die St.-Georgs-Kirche. Gehörte sie einstmals zur Inspektion des Oberhofpredigers in Königsberg (Preußen) (heute russisch: Kaliningrad), so war sie dann in den Kirchenkreis Friedland, der ab 1927 in den Kirchenkreis Bartenstein (heute polnisch: Bartoszyce) umfunktioniert wurde, integriert. Sie lag im Bereich der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Vor 1912 zählte die Gemeinde 4.500 Gemeindeglieder.

In der Zeit der Sowjetunion war kirchliches Leben untersagt. In den 1990er Jahren bildete sich in Prawdinsk eine neue evangelische Gemeinde, die zum Einzugsbereich der Auferstehungskirchengemeinde in Kaliningrad (Königsberg (Preußen)) gehört und in die Propstei Kaliningrad[10] der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER) eingegliedert ist.

Partnerschaften
Bearbeiten

Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde in Prawdinsk unterhält Partnerschaften mit:

Die Stadt Prawdinsk gehört zu den zehn Ortschaften in Deutschland, Polen Tschechien und Russland, die den Namen Friedland tragen oder getragen haben und seit 1996 internationale Friedenstreffen unter dem Motto Friedland – Friedliches Land – Friedliches Europa durchführen.[11]

Kirchspielorte (bis 1945)
Bearbeiten

Vor 1945 gehörten zum Kirchspiel Friedland folgende Ortschaften[12]:

Name (bis 1946) Russischer Name
Battkeim
Bothkeim Tschistopolje
Eichenwäldchen
Friedlandshof
Götzlack Krutoi Jar
Grünwalde Antonowo
Hegewald
Heinrichsdorf Rownoje
Heyde Kostjukowka
Kloschenen Lukino
Lawdt
Mertensdorf Tjomkino
Postehnen Peredowoje
 
Glocken im Kirchturm von Friedland/Prawdinsk (Juni 2011)

Kirchengebäude

Bearbeiten

In ihren Anfängen entstand die Friedländer St.-Georgs-Kirche[13] im Jahre 1313 aus Holz. Bei einem Einfall von Litauern brannte sie 1347 nieder, wurde aber 1360 bis 1380 dann als gemauerter Saalbau mit Sakristei und Turm wiedererrichtet. Vor Ende des 15. Jahrhunderts erhielt das Gotteshaus in erheblichem Maße Umbauten. So entstand durch die Anlage von zwei Pfeilerreihen eine dreischiffige Basilika mit sieben Jochen.

An den Seitenwänden baute man 1506 auf der Südseite die St.-Anna-Kapelle an, die später als Privatkapelle der Familie von Proeck genutzt wurde, und nach 1521 kamen weitere Kapellen auf der Nordseite hinzu.

 
Detail der Kirchenglocke

Die wertvolle Kunstausstattung der Kirche wurde 1948 geraubt. Von den einst drei Glocken hat eine den Krieg auf dem Hamburger Glockenfriedhof überdauert und läutet heute in der St.-Elisabeth-Kirche zu Langenhagen in Niedersachsen. Sie stammt aus dem Jahr 1746 und wurde in der Königsberger Glockengießerei Dörling angefertigt. Die beiden anderen Glocken, eine kleine und eine große sind im Glockenturm verblieben. Die große Glocke stammt aus dem Jahr 1729 und trägt noch das Wappen von Friedrich Wilhelm I. (Preußen) „FWR“.

 
Detail der Kirchenglocke

Zwischen 1961 und 1991 wurde die Kirche zweckentfremdet und diente als Lagerhalle der Konsumgenossenschaft, bis sie – auch mit starker Unterstützung ehemaliger Friedländer Kirchenmitglieder – ausgebessert wurde und nun Gotteshaus der russisch-orthodoxen Kirche ist.

Die neugebildete evangelischen Gemeinde nennt heute ein kleines Gemeindehaus mit besonderem Gottesdienstsaal ihr Eigen.

Bis 1945 wurde Friedland und das dazugehörige Kirchspiel von jeweils zwei Geistlichen (Pfarr- und Diakonenstelle) betreut:[14]

  • Heinrich Schmidt, bis 1529
  • Laurentius Schönwald, 1529
  • Gregor Steinbach, ab 1529
  • Petrus Prätorius, 1530–1532
  • Johannes Pauly, 1532–1537
  • Nicolaus Naps, 1533
  • Valentin Buge, 1537–1545
  • Basilius Kuntz, bis 1543
  • George Hofmeister, um 1545
  • Michael Will (Eusebius), 1545–1547
  • Briccius Lehmann, 1547–1548
  • Michael Thiel, ab 1548
  • Bonaventura Fischr, ab 1550
  • Simon Dewitz, 1550–1559
  • Simon Wolrath, 1559–1567
  • Johann Morgenstern, 1567–1593
  • Erasmus Landenberg, bis 1570
  • Sigismund Weier, 1570–1573
  • Christoph Schultz, 1573–1581
  • Joachim Bliefert, 1593–1602
  • Gregorovius Helming, bis 1602
  • Martin Bergau, 1602–1612
  • Michael Wegner, 1602–1613
  • Petrus Conradi, 1612–1620
  • Christoph Werner, 1613–1640
  • Christian Freymuth, 1621–1646
  • Andreas Blanckenburg, 1641–1642
  • Johann Brien, 1643–1657
  • Christoph Sperber, 1647–1671
  • Martin Scheibe, 1657–1677
  • Christoph Cramer, 1671–1677
  • Johann Grantzau, ab 1677
  • George Fischer, 1677–1696
  • Christoph Bartholomäus Cramer, 1696–1727
  • Christian Störmer, bis 1717
  • Johann Fischer, 1720–1739
  • Friedrich Sigismund Schmidt, 1727–1735
  • Gottfried Eigenfeld, 1735–1759
  • Daniel Reinhold Bock, 1739–1747
  • Johann Bernhard Kuhn, 1747–1799
  • Johann Daniel Wardemünde, 1755–1771
  • Matthias Friedrich Rücker, 1771–1775
  • August Hermann Glawe, 1776–1778
  • Gottfried Heinrich Sommerey, 1778–1787
  • Johann Friedrich Kuschinsky, 1787–1814
  • Samuel Heinrich Keber, 1792–1814
  • Johann Wilhelm Traugott Pancritius, 1814–1851
  • Christian Friedrich Parthey, 1814–1817
  • Johann Gottfried Schröder, 1817–1823
  • Hans Albert Weiße, 1824–1839
  • Johann Adolf Ferdinand Müller, 1839–1855
  • Emil Hein, 1851–1871
  • Carl August Richard Johann, 1855–1872
  • Bernhard Schöllner, 1872–1878
  • Eduard Johann H. Erdmann, 1873–1881
  • Hugo Rosseck, 1879–1883
  • Maximilian Michael Krenz, 1883–1884
  • Emil Eschenbach, 1884–1891
  • Johann Adalbert Volrad Hübner, 1885–1889
  • Karl Richard Grabowski, 1889–1891
  • Friedrich Grünhagen, 1891–1906
  • Friedrich Johann Rathke, 1893–1895
  • Friedrich Karl Gooth. Müller, 1895–1898
  • Karl Wilhelm Heinrich Müller, 1898–1902
  • Friedrich Otto Bierfreund, 1902–1912
  • Gottlieb Heinrich Adolf Richard Rothe, 1907–1928
  • Alfred Friedrich Karl Halling, 1912–1913
  • Benno Kaleß, ab 1913
  • Egon Sprang, 1923–1927
  • Siegfried Küchler, 1927–1930
  • Walter Schultz, 1928–1934
  • Heinrich Geiger, 1930–1934
  • Bruno Schiemann, 1934–1945
  • Alfred Halling, 1935–1945

Kirchenbücher

Bearbeiten

Viele Kirchenbücher der Kirchengemeinde Friedland werden heute im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin-Kreuzberg aufbewahrt:[15]

  • Taufen: 1640 bis 1879
  • Trauungen: 1677 bis 1888
  • Bestattungen: 1716 bis 1884
  • Konfirmationen: 1819 bis 1823.

Auch andere kirchenchronikalische Aufzeichnungen sind dort vorhanden.

Kirchenkreis

Bearbeiten

Bis 1927 war Friedland Amtssitz und namensgebender Ort eines Kirchenkreises innerhalb der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Danach wurde Bartenstein (heute polnisch: Bartoszyce) Verwaltungssitz.

Zu diesem Kirchenkreis gehörten 14 Kirchengemeinden, deren Bereiche heute sowohl in Russland (RUS) als auch in Polen (PL) liegen:

Römisch-katholisch

Bearbeiten

In Friedland wurde 1931 eine römisch-katholische Pfarrgemeinde gegründet, die bis 1945 existierte. Ihren Bezirk zweigte man von dem der Pfarre in Tapiau (russisch: Gwardeisk) ab. Friedland lag im Bereich des Bistums Ermland.

 
Innenansicht der Kirche (Juni 2011)

Russisch-orthodox

Bearbeiten

In Prawdinsk besteht heute eine russisch-orthodoxe Gemeinde. Sie nutzt die frühere evangelische St.-Georgs-Kirche als Gotteshaus. Prawdinsk gehört zur russisch-orthodoxen Diözese Kaliningrad und Baltijsk (Königsberg und Pillau).

Wasserkraftwerk

Bearbeiten

Ostpreußenwerk

Bearbeiten
 
Wasserkraftwerk Friedland (1930er Jahre)

Zur sogenannten Aktiengesellschaft „Ostpreußenwerk“ der VIAG gehörte unter anderem das Alle-Wasserkraftwerk in Friedland, welches in den Jahren 1921–1924 in einer Flussschleife des Flusses Alle etwa einen Kilometer südlich von Friedland (heute Prawdinsk) errichtet wurde.

Der noch heute bestehende Schüttdamm hat eine Kronenhöhe von 17,6 Meter und eine Kronenlänge von 810 Metern (v-förmig) und besteht aus 170.000 Kubikmeter Dammschüttmaterial. Das Stauvolumen des aufgestauten Reihersees beträgt 1,5 Mio. Kubikmeter Wasser. Damit war er der damals größte Staudamm Deutschlands.

Die Wasserkraftwerke Friedland und eine Staustufe 20 Kilometer flussabwärts in Groß-Wohnsdorf (Kurortnoje (Kaliningrad)) versorgten einen erheblichen (nördlichen) Teil der Provinz Ostpreußen mit Elektroenergie. Ab 1936 wurde zur Leistungsergänzung das Wärmekraftwerk Peyse nahe Königsberg errichtet.

Das Wasserkraftwerk Friedland enthielt 4 Turbinen (3 × 5.400 PS (4 MWel) und 1 × 2.100 PS (1,6 MWel)) der Schichau-Werke in Elbing. Mittels Generatoren von Siemens-Schuckert wurde eine Spannung von 6.000 Volt erzeugt. Die Stromproduktion 1925 belief sich auf 9,2 Mio. Kilowattstunden; bei einer Jahreskapazität von 30 Mio. Kilowattstunden.

Beim Rückzug der deutschen Armee 1944 wurde der Staudamm vermint. Aufgrund einer Kommandoaktion der sowjetischen Truppen wurde es vor der vollständigen Zerstörung bewahrt. Noch im Jahr 1945 ging das Wasserkraftwerk, nun als Prawdinsker Wasserkraftwerk Nr. 3, wieder an das Netz. Die Aggregate wurden zweimal überholt, dennoch wurde das Wasserkraftwerk im Jahre 1975 wegen Turbinen- und Generatorenverschleiß stillgelegt und blieb mehr als 20 Jahre außer Betrieb. Turbinenschacht und Gebäude waren somit in baufälligem Zustand.

Neubau 1997

Bearbeiten

1997 wurde begonnen, den Turbinenschacht und den Damm wieder aufzubauen. Die Bauarbeiten kosteten 21 Mio. Rubel. 1998 wurde die erste Turbine fertiggestellt und 1998 ein Testlauf durchgeführt. Im Mai 2019 nahm das Kraftwerk wieder seinen Betrieb auf, nachdem es von JantarEnergo wiederaufgebaut und mit moderner Technik ausgestattet wurde. Die geplante Kapazität beträgt 12,5 Megawatt. 1999 arbeiteten bereits eine Turbine und ein Generator, die eine Leistung von 1,2 Megawatt erbringen. Der Einbau eines weiteren Turbinensatz mit einer Kapazität von 3 Megawatt war für 1999/2000 geplant. Weitere Maschinen sollten im Jahr 2000 folgen. Auch an der Staustufe in Kurortnoje wurde das Prawdinsker Wasserkraftwerk Nr. 4 (Правдинская ГЭС-4) als Kleinwasserkraftwerk wieder in Betrieb genommen.[16]

Sehenswürdigkeiten

Bearbeiten
  • In der Stadtmitte ist die gotische (ehem. evangelische, heute russisch-orthodoxe) St.-Georgs-Kirche durch deutsche Unterstützung nach 1990 erhalten worden.
  • Heimatmuseum. Es zeigt auch eine Holzskulptur mit abgeschlagenem Gesicht, das einzig Gebliebene von der einstmals reichen Innenausstattung der Kirche.
  • Gedenktafel an die Königsberger Dichterin Agnes Miegel an der Außenmauer des früheren Gymnasiums, das 1923 bis 1945 ihren Namen führte
  • Denkmal für den in der Schlacht bei Friedland 1807 gefallenen russischen Generalmajor Nikolai Masowski in kleinem Park nahe der Kirche
  • Denkmal für den russischen Generalfeldmarschall Michail Kutusow (1745–1813)
  • Massengrab für russische Soldaten aus der Schlacht bei Friedland
  • Lenin-Denkmal
  • Prawdinsker Stausee (Reihersee), am südlichen Stadtrand

Persönlichkeiten

Bearbeiten

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Daniel Heinrich Arnoldt: Kurzgefaßte Nachrichten von allen seit der Reformation an den lutherischen Kirchen in Ostpreußen gestandnen Predigern. Königsberg 1777, S. 175–179; books.google.de
  • Leopold Krug: Die preußische Monarchie – topographisch, statistisch und wirtschaftlich dargestellt. Teil 1: Provinz Ostpreußen. Berlin 1833, S. 479–483; books.google.de
  • August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde oder Beschreibung von Preußen. Ein Handbuch für die Volksschullehrer der Provinz Preußen, so wie für alle Freunde des Vaterlandes. Gebrüder Bornträger, Königsberg 1835, S. 514, Ziffer 112; books.google.de
  • Wilhelm Sahm: Geschichte der Stadt Friedland Ostpr. Herausgegeben im Auftrage des Magistrats. Gräfe und Unzer, Königsberg 1913.
  • Martin Zeiller: Fridland. In: Matthäus Merian (Hrsg.): Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae (= Topographia Germaniae. Band 13). 1. Auflage. Matthaeus Merians Erben, Frankfurt am Main 1652, S. 27 (Volltext [Wikisource]).
Bearbeiten
Commons: Prawdinsk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Таблица 1.10 «Численность населения городских округов, муниципальных районов, муниципальных округов, городских и сельских поселений, городских населенных пунктов, сельских населенных пунктов» Программы итогов Всероссийской переписи населения 2020 года, утвержденной приказом Росстата от 28 декабря 2021г. № 963, с данными о численности постоянного населения каждого населенного пункта Калининградской области. (Tabelle 1.10 „Bevölkerungsanzahl der Stadtkreise, munizipalen Rajons, Munizipalkreise, städtischen und ländlichen Siedlungen [insgesamt], städtischen Orte, ländlichen Orte“ der Ergebnisse der Allrussischen Volkszählung von 2020 [vollzogen am 1. Oktober 2021], genehmigt durch die Verordnung von Rosstat vom 28. Dezember 2021, Nr. 963, mit Angaben zur Zahl der Wohnbevölkerung jedes Ortes der Oblast Kaliningrad.)
  2. a b Friedland. 6). In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 7: Franzensbad–Glashaus. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1907, S. 111 (Digitalisat. zeno.org).
  3. Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I. Königsberg / Leipzig 1785, S. 16, Ziffer 4).
  4. a b c d Alexander August Mützell, Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 5: T–Z. Halle 1823, S. 282–283, Ziffer 177.
  5. August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde oder Beschreibung von Preußen. Ein Handbuch für die Volksschullehrer der Provinz Preußen, so wie für alle Freunde des Vaterlandes. Gebrüder Bornträger, Königsberg 1835, S. 514, Ziffer 112.
  6. Adolf Schlott: Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Königsberg, nach amtlichen Quellen. Hartung, Königsberg 1861, S. 79, Ziffer 60.
  7. Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Königsberg. Preußisches Finanzministerium, Berlin 1966, 5. Kreis Friedland, S. 2, Ziffer 38.
  8. a b c d e Michael Rademacher: Bartenstein. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. Durch das Закон Калининградской области от 21 декабря 2004 г. № 476 «О наделении муниципального образования "Правдинский район" статусом муниципального района и об установлении границ и наделении соответствующим статусом муниципальных образований, находящихся на его территории» (Gesetz der Oblast Kaliningrad vom 21. Dezember 2004, Nr. 476: Über das Ausstatten der munizipalen Bildung „Rajon Prawdinsk“ mit dem Status eines munizipalen Rajons und über das Festlegen der Grenzen und das Ausstatten mit dem entsprechenden Status der munizipalen Bildungen, die sich auf seinem Gebiet befinden)
  10. Ev.-luth. Propstei Kaliningrad (Memento vom 29. August 2011 im Internet Archive)
  11. Partnerschaften (Memento vom 9. November 2014 im Internet Archive) auf friedland-mecklenburg.de
  12. Kirchspiel Friedland (Memento vom 27. November 2015 im Internet Archive)
  13. Pfarrkirche St. Georg in Friedland/Prawdinsk
  14. Friedwald Moeller: Altpreußisches Evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945. Hamburg 1968.
  15. Christa Stache: Verzeichnis der Kirchenbücher im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin. Teil 1: Die östlichen Kirchenprovinzen der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union. 2. Auflage. Berlin 1992.
  16. Die Wiederherstellung des Wasserkraftwerkes Friedland (Königsberger Express, Ausgabe 6/1999)