Primzahlzwilling

Paar aus zwei Primzahlen mit Abstand 2
(Weitergeleitet von Primzahlzwillinge)

Ein Primzahlzwilling (englisch twin prime) ist ein Paar aus Primzahlen, deren Abstand 2 ist. Die kleinsten Primzahlzwillinge sind (3, 5), (5, 7) und (11, 13).

Anzahl der Primzahl-Zwillingspaare kleiner gleich n

Geschichte

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Der Begriff Primzahlzwilling wurde erstmals von Paul Stäckel (1862–1919) benutzt.

Definition

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Primzahlzwilling nennt man jedes Paar   aus Primzahlen   und   mit der Differenz  .

Eigenschaften

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Grafische Darstellung:
Y-Achse = n
X-Achse = Teiler von 6n-1 ODER 6n+1
Punkt = 6n-1 ODER 6n+1 sind teilbar
Parallele = Primzahl-Zwilling

Wie der Satz von Clement zeigt, lassen sich Primzahlzwillinge – ähnlich wie die Primzahlen wegen des mit dem Clement'schen Satz verwandten Satzes von Wilson – durch eine einzige zahlentheoretische Kongruenz charakterisieren.

Zudem liegt, vom Primzahlzwilling   abgesehen, für jeden Primzahlzwilling zwischen den beiden beteiligten Primzahlen immer eine durch 6 teilbare Zahl.

Jede ganze Zahl lässt sich nämlich in der Form  ,  ,  ,  ,   oder   darstellen, wobei   eine ganze Zahl ist. Zahlen der Form  ,   und   sind durch 2 teilbar und können deswegen mit Ausnahme der Zwei keine Primzahlen sein. Zahlen der Form   oder   sind durch 3 teilbar und können deswegen mit Ausnahme der Drei auch keine Primzahlen sein. Somit haben alle Primzahlen größer 3 die Form   oder  . Daraus folgt, dass jeder Primzahlzwilling mit Ausnahme von   die Darstellung   hat.

n 6n-1 6n+1
1 5 7
2 11 13
3 17 19
5 29 31
7 41 43
10 59 61
12 71 73
17 101 103
18 107 109
23 137 139
25 149 151
30 179 181
n 6n-1 6n+1
32 191 193
33 197 199
38 227 229
40 239 241
45 269 271
47 281 283
52 311 313
58 347 349
70 419 421
72 431 433
77 461 463
87 521 523
n 6n-1 6n+1
95 569 571
100 599 601
103 617 619
107 641 643
110 659 661
135 809 811
137 821 823
138 827 829
143 857 859
147 881 883
170 1019 1021
172 1031 1033
n 6n-1 6n+1
175 1049 1051
177 1061 1063
182 1091 1093
192 1151 1153
205 1229 1231
213 1277 1279
215 1289 1291
217 1301 1303
220 1319 1321
238 1427 1429
242 1451 1453
247 1481 1483
n 6n-1 6n+1
248 1487 1489
268 1607 1609
270 1619 1621
278 1667 1669
283 1697 1699
287 1721 1723
298 1787 1789
312 1871 1873
313 1877 1879
322 1931 1933
325 1949 1951
333 1997 1999
n 6n-1 6n+1
338 2027 2029
347 2081 2083
348 2087 2089
352 2111 2113
355 2129 2131
357 2141 2143
373 2237 2239
378 2267 2269
385 2309 2311
390 2339 2341
397 2381 2383
425 2549 2551
n 6n-1 6n+1
432 2591 2593
443 2657 2659
448 2687 2689
452 2711 2713
455 2729 2731
465 2789 2791
467 2801 2803
495 2969 2971
500 2999 3001
520 3119 3121
528 3167 3169
542 3251 3253

(Folge A001097 in OEIS), (Folge A077800 in OEIS) und Matheass 9.0

Mit Ausnahme von n=1 ist die letzte Ziffer eines n eine 0, 2, 3, 5, 7 oder eine 8, da im anderen Fall eine der beiden Zahlen 6n-1 bzw. 6n+1 durch 5 teilbar und damit keine Primzahl wäre.

Mit einer ganzen Zahl n lässt sich jede ungerade Zahl in der Form 30n+1, 30n+3, 30n+5, 30n+7, …, 30n+25, 30n+27, 30n+29 (letztere auch als 30n-1) darstellen. Primzahlen (außer 3 und 5) sind aber nie von einer der 7 Formen 30n+3, 30n+5, 30n+9, 30n+15, 30n+21, 30n+25 und 30n+27, da Zahlen dieser 7 Formen stets durch 3 oder durch 5 teilbar sind.

Daher hat jedes Primzahlzwillingspaar (außer (3, 5) und (5, 7)) mit einer ganzen Zahl n genau eine der drei Formen

(30n-1, 30n+1), (30n+11, 30n+13), (30n+17, 30n+19)

bzw. die letztere Darstellung, um die Symmetrie zu (30n+11, 30n+13) zu verdeutlichen, alternativ geschrieben als (30n-13, 30n-11).

Sonstiges

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Das kleinste Paar von Primzahlzwillingen ist  ; die Primzahlen   und   mit dem Abstand   sind gemäß Definition kein Paar von Primzahlzwillingen.

Die Zahl   ist die einzige Zahl, die in zwei verschiedenen Primzahlzwillingen vorkommt:   und  .

Das größte derzeit (Stand: 19. September 2016) bekannte Paar von Primzahlzwillingen ist

 

das sind Zahlen mit   Ziffern. Die neuen Rekordzahlen[1] haben damit fast doppelt so viele Ziffern wie die Zahlen des bisherigen Rekords aus dem Jahr 2011. Das Zahlenpaar wurde von dem Volunteer-Computing-Projekt PrimeGrid gefunden.

Zwei Primzahlzwillinge mit dem Abstand von vier, also Folgen der Form   nennt man Primzahlvierlinge.

Offene Fragestellung

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Vergleich der prozentualen Entwicklung der Primzahlen (blau) und Primzahl-Zwillingspaare (rot) bis n = 10.000

Je größere Zahlen man betrachtet, desto weniger Primzahlen findet man dort. Obwohl unendlich viele Primzahlen existieren, ist es ungewiss, ob es unendlich viele Primzahlzwillinge gibt. Die Primzahlzwillingsvermutung (englisch twin prime conjecture) besagt, dass es unendlich viele Primzahlzwillinge gibt. Sie ist eine der großen offenen Fragen der Zahlentheorie.

Sowohl die prozentualen Anteile der Primzahlen als auch – auf niedrigerem Niveau – die der Primzahl-Zwillingspaare an den natürlichen Zahlen n fallen bis zur Berechnungsgrenze n = 100.000 streng monoton, aber relativ langsam (siehe Grafik rechts). Somit deutet nichts darauf hin, dass die Primzahl-Zwillingspaare sich hinsichtlich der Unendlichkeitsvermutung signifikant anders entwickeln als die Primzahlen, deren Anzahl ja bewiesenermaßen unendlich ist. Zwar sprechen demnach die beiden Entwicklungen eher für die Existenz unendlich vieler Primzahl-Zwillingspaare als dagegen, beweisen diese jedoch nicht.[2]

Während die Summe der Kehrwerte der Primzahlen divergent ist (Leonhard Euler), hat Viggo Brun im Jahr 1919 bewiesen, dass die Summe der Kehrwerte der Primzahlzwillinge konvergiert. Daraus kann man weder schließen, dass es endlich, noch, dass es unendlich viele Primzahlzwillinge gibt. Der Grenzwert der Summe wird Brunsche Konstante genannt und beträgt nach der neuesten Schätzung von 2002 etwa 1,902160583104.

G. H. Hardy und J. E. Littlewood stellten 1923[3] eine Vermutung über die asymptotische Dichte der Primzahlzwillinge auf (und der von anderen Primzahlkonstellationen), bekannt als Erste Hardy-Littlewood-Vermutung (englisch First Hardy–Littlewood conjecture) bzw. als Spezialfall derselben für Primzahlzwillinge. Danach ist die Anzahl der Primzahlzwillinge kleiner als   asymptotisch durch die Formel

 

mit der Primzahlzwillingskonstanten (Folge A005597 in OEIS)

 

gegeben. Da die Primzahlen nach dem Primzahlsatz asymptotisch eine Dichte   besitzen, ist die Vermutung durchaus plausibel, und auch numerisch lässt sich die asymptotische Form gut bestätigen. Sie ist aber wie die Primzahlzwillingsvermutung unbewiesen. Da aus der Vermutung von Hardy und Littlewood die Primzahlzwillingsvermutung folgt, heißt sie auch starke Primzahlzwillingsvermutung.[4]

Nachdem Paul Erdős 1940 gezeigt hatte,[5] dass eine positive Konstante   existiert, so dass für unendlich viele Paare aufeinanderfolgender Primzahlen  ,   die Ungleichung   gilt, bemühte man sich, immer kleinere Werte für   zu finden. Die Mathematiker Dan Goldston und Cem Yıldırım veröffentlichten 2003 einen Beweis, mit dem sie behaupteten, bewiesen zu haben, dass   beliebig klein gewählt werden kann, womit es in der unendlichen Folge der Primzahlen immer wieder kleine Abstände zwischen zwei aufeinanderfolgenden Primzahlen gäbe. Andrew Granville fand noch im selben Jahr einen Fehler in dem 25-seitigen Beweis. Im Februar 2005 konnten Goldston, Yıldırım und Pintz eine Korrektur vorlegen und verwendeten darin das nach ihnen benannte GPY-Sieb.[6] Diese wurde von den damaligen Fehlerfindern überprüft und als korrekt gewertet. Der neu vorgelegte Beweis verspricht nach Ansicht einiger Zahlentheoretiker, ein wichtiger Schritt zu einem Beweis der Primzahlzwillingsvermutung zu sein.[7]

Eine Verallgemeinerung der Primzahlzwillingsvermutung ist die Vermutung von Polignac (Alphonse de Polignac, 1849): für jede gerade Zahl   gibt es unendlich viele benachbarte Primzahlen mit Abstand  .[8] Die Vermutung ist offen. Über die Dichte der Primzahlabstände   gibt es analog zum Fall   eine Vermutung von Hardy und Littlewood.

Yitang Zhang (University of New Hampshire) bewies im Mai 2013, dass es unendlich viele Primzahlpaare gibt, deren Abstand voneinander maximal 70.000.000 ist.[9][10][11] Seine Arbeit wurde im Mai 2013 in der Zeitschrift Annals of Mathematics veröffentlicht.[12] Auf diesem Ansatz basierend konnte die Zahl von 70.000.000 inzwischen auf nur 246 herabgesetzt werden.[13] Ein weiteres Reduzieren dieser Zahl bis auf 2 würde die Primzahlzwillings-Vermutung zwar beweisen; Experten halten dies mit dem von Zhang entdeckten Ansatz aber für unmöglich.[14] Schärfere Resultate als Zhang konnte im November 2013 James Maynard (damals Post-Doktorand an der University of Montreal) erzielen, der die Grenze mit einer alternativen Beweismethode auf 600 drückte. Er dehnte die Resultate auch auf höhere  -Tupel von Primzahlen aus und fand auch hier die Existenz unendlich vieler Cluster von Primzahlen mit oberen Schranken für den Abstand.[15][16]

Es gibt auch verwandte Fragestellungen in Funktionenkörpern.[17] Die Primzahlzwillingsvermutung für Funktionenkörper wurde 2022 von Will Sawin und Mark Shusterman bewiesen.[18]

Isolierte Primzahl

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Eine isolierte Primzahl (vom englischen isolated prime, single prime oder non-twin prime) ist eine Primzahl  , für welche gilt:

Weder   noch   ist eine Primzahl.

Mit anderen Worten:   ist kein Teil eines Primzahlzwillings.

Beispiele

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  • Die Zahl   ist eine isolierte Primzahl, weil   und   keine Primzahlen sind.
  • Die kleinsten isolierten Primzahlen sind die folgenden:
2, 23, 37, 47, 53, 67, 79, 83, 89, 97, 113, 127, 131, 157, 163, 167, 173, 211, 223, 233, 251, 257, 263, 277, 293, 307, 317, 331, 337, 353, 359, 367, 373, 379, 383, 389, 397, 401, 409, 439, 443, 449, 457, 467, 479, 487, 491, 499, 503, 509, 541, 547, 557, 563 … (Folge A007510 in OEIS)

Eigenschaften

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  • Fast alle Primzahlen sind isolierte Primzahlen.[19] (dabei ist fast alle im zahlentheoretischen Sinn gemeint)
  • Es gibt unendlich viele isolierte Primzahlen (folgt aus obiger Eigenschaft).

Verallgemeinerungen

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Eine Verallgemeinerung von Primzahlzwillingen stellen Primzahltupel dar.

Entdeckung eines Prozessorfehlers

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Der amerikanische Mathematiker Thomas R. Nicely setzte ab März 1995 PCs mit dem Pentium-Prozessor der amerikanischen Firma Intel ein und verglich die Ergebnisse mit PCs älterer Bauart. Er entdeckte dabei eine Diskrepanz bei der Berechnung der Summe über reziproken Primzahlzwillinge. Der Pentium verrechnete sich bei den Kehrwerten des Primzahlpaars (824 633 702 441, 824 633 702 443). Ein Fehler in der Gleitkommaeinheit des Prozessors, der Pentium-FDIV-Bug, führte zu gelegentlich auftretenden (aber reproduzierbaren) Ungenauigkeiten. Die relative Größe des seltenen Fehlers betrug deutlich weniger als ein Promille, da stets mindestens die ersten 12 Bit korrekt waren. Der Schaden für die Umtauschaktion soll etwa 470 Millionen Dollar betragen haben.[20]

Literatur

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Commons: Twin primes – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Primzahlzwilling – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Twin Prime Records
  2. Berechnungsgrundlagen für die Primzahlen und Primzahlzwillinge (aus CompuLearn Mathematik)
  3. G. H. Hardy, J. E. Littlewood: Some problems of ‘Partitio numerorum’; III: On the expression of a number as a sum of primes. (PDF; 2,5 MB) In: Acta Mathematica, 44, 1923, S. 1–70 (englisch).
  4. Eric W. Weisstein: Twin Prime Conjecture. In: MathWorld (englisch).
  5. Paul Erdős: The difference of consecutive primes. In: Duke Mathematical Journal, 6, 1940, S. 438–441 (englisch). Siehe Jerry Li: Erdos and the twin prime conjecture. (PDF; 157 kB) 2. Juni 2010 (englisch)
  6. D. A. Goldston, J. Pintz, C. Y. Yıldırım: Primes in tuples I. (Memento vom 20. April 2008 im Internet Archive) arxiv:math.NT/0508185, 2005 (englisch); vereinfacht in D. A. Goldston, Y. Motohashi, J. Pintz, C. Y. Yıldırım: Small gaps between primes exist. In: Proceedings of the Japan Academy, Series A 82, 2006, S. 61–65 (englisch)
  7. May 2005: Breakthrough in Prime Number theory beim American Institute of Mathematics (englisch)
  8. Polignac Conjecture. Mathworld
  9. Nature Online, 2013
  10. Mathematik: Chinese gelingt Beweis über Primzahlzwillinge. Spiegel Online, 22. Mai 2013
  11. Neues aus der Zahlentheorie: Ein Beweis der Primzahl-Zwillings-Vermutung rückt näher – Wissenschaft Hintergründe. Neue Zürcher Zeitung, 22. Mai 2013
  12. Yitang Zhang: Bounded gaps between primes. In: Annals of Mathematics. 179. Jahrgang, Nr. 3, 2014, S. 1121–1174, doi:10.4007/annals.2014.179.3.7.
  13. Bounded gaps between primes
  14. Terence Tao Bounded gaps between primes (Polymath8) – a progress report.
  15. James Maynard: Small gaps between primes. arxiv:1311.4600 Preprint 2013
  16. Erica Klarreich: Together and alone, solving the prime gap (Online)
  17. Lior Bary-Soroker, Prime tuples in function fields, Mathematical Snapshots, Oberwolfach 2016
  18. W. Sawin, M.Shusterman: On the Chowla and twin primes conjectures over  , Annals of Mathematics, Band 196, 2022, S. 457–506, Arxiv
  19. Neil Sloane: Single (or isolated or non-twin) primes – Comments. OEIS, abgerufen am 2. August 2018.
  20. Jochen Ziegenbalg: Elementare Zahlentheorie. 2. Auflage. Springer, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-07170-7, S. 79–80, doi:10.1007/978-3-658-07171-4.